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Altenheime machen Küche wirtschaftlich

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Region Heilbronn - Die Stadt-Landkreis-Kliniken (SLK) wollen die Krankenhausküchen in Brackenheim und Möckmühl schließen. Ziel ist, insgesamt eine Million Euro pro Jahr einzusparen. Derzeit nicht in der Diskussion ist die Küche im Standort Löwenstein. Dort wurden im vergangenen Jahr sogar Zusatzeinnahmen von 685.000 Euro erwirtschaftet.

Von Reto Bosch
Das Team von Otto Vogelmann (rechts) kocht täglich etwa 600 Essen. Rund die Hälfte geht an externe Kunden wie Altenheime oder Kindergärten. Auch Essen auf Rädern gehört zum Angebot der Klinik Löwenstein.Foto: Ulrike Kugler
Das Team von Otto Vogelmann (rechts) kocht täglich etwa 600 Essen. Rund die Hälfte geht an externe Kunden wie Altenheime oder Kindergärten. Auch Essen auf Rädern gehört zum Angebot der Klinik Löwenstein.Foto: Ulrike Kugler

Region Heilbronn - Die Stadt-Landkreis-Kliniken (SLK) wollen die Krankenhausküchen in Brackenheim und Möckmühl schließen. Ziel ist, insgesamt eine Million Euro pro Jahr einzusparen. Derzeit nicht in der Diskussion ist laut SLK-Geschäftsführer Dr. Thomas Jendges die Küche im Standort Löwenstein. Die Verantwortlichen dort setzen stark auf externe Kunden. "Im vergangenen Jahr haben wir so einen zusätzlichen Umsatz von 685 000 Euro erzielt", erklärt Geschäftsführer Dieter Bopp. Er ergänzt: "Ohne dieses Angebot wäre unsere Küche nicht wirtschaftlich."

Slow food

Vor ein paar Tagen kostete Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner Grünkernrisotto des Löwensteiner Gastronomiechefs Otto Vogelmann. Mit ihrem Konzept der regionalen Küche präsentierte sich die Klinik - sie ist auch Mitglied der Slow-Food-Bewegung - bei der Grünen Woche in Berlin. In der Region Heilbronn ist die Klinikküche seit 1984 präsent, damals wurde mit dem Kindersolbad der erste externe Kunde beliefert. Im Laufe der Jahre kamen weitere hinzu wie mehrere Altenheime oder Kindergärten. Essen auf Rädern gehört ebenfalls zum Service der Klinik. 90 Bürger erhalten ihre Mahlzeiten in Wärmebehältern ins Haus geliefert.

Pro Tag verlassen rund 300 Mahlzeiten das Haus. Wie wirkt sich das wirtschaftlich aus? Derzeit kalkuliert die Küchenleitung mit neun Euro pro Patient und Tag. Ohne die Zusatzeinnahmen von 685 000 Euro wären es laut Bopp 13,30 Euro. "Das ist ein vergleichsweise hoher Betrag, weil wir auf Qualität achten." Das Geschäft mit Altenheimen und anderen Abnehmern mache es möglich, dass die Klinik bei der Gesamtkalkulation unter den Werten anderer Krankenhausküchen liege. Teil der Wirtschaftlichkeit ist aber auch, dass etwa die Hälfte der 30 Küchenmitarbeiter bei der hauseigenen Service GmbH beschäftigt ist. Und die bekommen ein geringeres Gehalt als die Kollegen mit älteren Arbeitsverträgen, die noch bei der Klinik selbst angestellt sind. Laut Bopp schaffen Prämien einen gewissen Ausgleich im Einkommensgefüge.

Marktsituation

Wären die Küchen in Brackenheim und Möckmühl zu halten, wenn sich die SLK ein Beispiel an Löwenstein nehmen würde? Pressesprecherin Valerie Blass verneint: Es gebe keinen Markt für mehrere Anbieter dieser Art. Sie weist darauf hin, dass auch die Häuser der SLK-GmbH externe Abnehmer beliefern. Der Plattenwald zum Beispiel das Landratsamt, der Gesundbrunnen die Heilbronner Versorgungsbetriebe, Brackenheim verschiedene diakonische Einrichtungen, Möckmühl versorge Kindergärten.

"Ich habe keine Sorgen, was die Zukunft angeht", erklärt Dieter Bopp. Er glaubt, dass sich die Klinikküche im Lauf der Jahre einen guten Ruf erworben hat. Doch auch für Löwenstein gelte: "Qualität muss wirtschaftlich sein."


Neckarsulm: Audi kocht selbst

Kantine war gestern: Bei Audi gehen die Mitarbeiter ins Betriebsrestaurant. Immerhin 1,3 Millionen Euro hat der Autobauer vergangenes Jahr in die Modernisierung der Gastronomie investiert. Etwa 3000 Mitarbeiter werden dort jeden Arbeitstag verköstigt. Gekocht wird vor Ort - oft werden Zutaten aus der Region verwendet. Statt Einheitsbrei Frische, Qualität und Kundennähe sind die Schlagworte, mit der die Köche oft auch Audi-Rentner zur Mittagspause ins Werk locken. Die Speisenauswahl ist vielseitig und international - und die Gesundheit kommt auch nicht zu kurz.

Wer viel leistet, soll dafür auch beste Voraussetzungen vorfinden", sagt Werkleiter Albrecht Reimold. Gegen den Trend hält Audi daran fest, die Gastronomie in Eigenregie zu betreiben und eigene Köche auszubilden. 2009 wurde das Betriebsrestaurant zur besten Kantine Deutschlands gewählt.


Heilbronn: Schlange stehen vor der Mensa

An die 800 Mittagessen gehen an Wochentagen über die Theke der Heilbronner Hochschulmensa - Tendenz steigend, denn die Essensausgabe wird in den Semesterferien umgebaut. Vielleicht lässt sich die Schlange der Wartenden verkürzen. Das Büffet wird erweitert, die Auswahl größer: "Mehr Salate und mehr verschiedene warme Gerichte", verspricht Achim Track, der Leiter der Hochschulgastronomie im Studentenwerk Heidelberg.

Für ihn ist selbstverständlich, dass jede Mensa ein Küchenteam hat, das selbst kocht: "Die einzelnen Standorte sollen ihren eigenen Charakter haben." So werde auch die Mensa auf dem neuen Heilbronner Bildungscampus vom Studentenwerk organisiert und betreut, erhalte aber eine eigene Küche und damit eine individuelle Note. "Cook und chill funktioniert bei uns gar nicht", sagt Track, "dafür hätten wir gar keine Küche." ger


Boxberg: Menüs aus der Region

Eine Menge Erfahrung in Sachen Großverpflegung hat die Firma Hofmann-Menü aus Boxberg-Schweigern. 1960 als Metzgerei gegründet, hat Hofmann Stück für Stück sein Angebot erweitert. Inzwischen beliefert das Unternehmen Kantinen, Kasinos, Mitarbeiterrestaurants, Kindergärten, Schulen, Altenheime und Krankenhäuser mit Essen. Nach eigenen Angaben ist Hofmann "Marktführer in der Verpflegung von Betriebsrestaurants".

Ein eigener Fuhrpark mit rund 100 Lastwagen sorgt dafür, dass Tiefkühlgerichte und Einzelkomponenten zeitig in den Einrichtungen ankommen. Für Kindertagesstätten und Schulen bietet Hofmann-Menü zudem Unterrichtsstunden zum Thema "gesunde Ernährung" an.

Die Firma hat drei Produktionsstandorte und beschäftigt rund 1200 Mitarbeiter. Am Hauptsitz sind es 584. Der Jahresumsatz 2008 lag bei 116 Millionen Euro. wet


Heilbronn: Eltern helfen beim Schulessen

In der Waldorfschule gibt es Bio-Essen, dienstags bis donnerstags kocht die Küchenleiterin unterstützt von Eltern und Teilzeitkräften für etwa 100 Schüler und Lehrer. Frische Zutaten aus der Region sind selbstverständlich.

Dagegen haben die "Kochmütter" im Elly-Heuss-Knapp-Gymnasium Heilbronn die Devise "frisch und selbstgemacht" aufgegeben, als ihnen der Andrang der Hungrigen über den Kopf wuchs. Jetzt wechseln sich 50 Mütter und Väter bei der Essensausgabe ab, die 500 Mahlzeiten wöchentlich liefert die Firma Dikta aus Schwaigern warm an.

Die Aufbaugilde kocht und gibt das Essen unter anderem im Technischen Schulzentrum aus. "Das läuft ganz toll bei uns", schwärmt Schulleiterin Ursula Steudle. Fast 200 Essen werden täglich ausgeschöpft, es gibt gute Portionen und Nachschlag, wenn die Berufsschüler noch hungrig sind. ger


Heilbronn: Am liebsten frisch gekocht

Der mit 350 Essen täglich größte Anbieter von Essen auf Rädern ist der Paritätische Wohlfahrtsverband in Heilbronn. Bei Dikta in Schwaigern wird es täglich frisch gekocht, Stunden später vom "Pari" heiß zu den Kunden gebracht. Auch Tiefkühlkost im Wochenpaket ist als Essen auf Rädern von zwei anderen Anbietern bestellbar. Man taut es zu Hause in einem Wasserdampf-Gerät auf und erhitzt es.

Die Heilbronner Malteser bereiten die bei einem Caterer vorgegarten Tiefkühlmenüs im Konvektomat auf und liefern sie heiß in der Thermoschale aus. Das Rote Kreuz bietet Alten und Kranken wahlweise frisches Essen aus der Vulpiusklinik Bad Rappenau an, alternativ Tiefkühlmenüs anderer Anbieter. Auch Metzgereien sind unter den Essen-auf-Rädern-Lieferanten zu finden. In hiesigen Pflegeheimküchen wird noch selbst gekocht: von eigenem oder Fremdpersonal. ub

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