Abitur in der Sporthalle
Region - Wenn sie in der Schule blieben, wäre der Unterrichtsbetrieb erheblich gestört, wenn nicht sogar lahmgelegt. Deshalb schreiben die 200 Weinsberger Gymnasiasten ihr Abitur in der Weibertreuhalle.

Region - Wenn sie in der Schule blieben, wäre der Unterrichtsbetrieb erheblich gestört, wenn nicht sogar lahmgelegt. Deshalb schreiben die 200 Weinsberger Gymnasiasten ihr Abitur in der Weibertreuhalle. Der Doppeljahrgang zwingt die Gymnasien zu ausgetüftelter Belegung mehrerer Schulstockwerke oder gleich zum Auszug. Auch das Elly-Heuss-Knapp-Gymnasium Heilbronn weicht für die Deutsch-, Mathematik- und Englischprüfung in die Sporthalle aus.
So viele wie nie
3653 junge Leute machen dieses Jahr in Stadt- und Landkreis Heilbronn und im Hohenlohekreis Abitur, 2818 von ihnen gehen in allgemeinbildende Gymnasien. Sprich: Sie sind der berühmte Doppeljahrgang, die ersten Jugendlichen, die das Gymnasium in nur acht Jahren durchlaufen haben, und die letzten, die neun Jahre brauchen durften. Zwei Jahre schon lernen sie gemeinsam in der Kursstufe. Ihre Reifeprüfung ist für die Schulen eine logistische Herausforderung.
"Im Prinzip ist es nicht anders als sonst." Hans-Jürgen Maciejewski, Schulleiter am Justinus-Kerner-Gymnasium Weinsberg (JKG), beschreibt den üblichen Ablauf der Prüfungen. Und doch ist es nicht wie immer. Statt der normalerweise 90 sind es dieses Mal 200 Abiturienten. Wo sollen sie in aller Ruhe über den Prüfungsaufgaben brüten? Schon vor einem Jahr begannen die Weinsberger mit der Raumplanung. "Wir überlegten lange, ob wir die Schule dicht machen", sagt der Schulleiter, dann mieteten sie die große, dreiteilbare Weibertreuhalle. Längst ist er zuversichtlich: "Wir kriegen das hin, wie wir alles hinkriegen."
Am Montag, 19. März, wird Maciejewski um genau 10 vor 8 Uhr alle Abiturienten begrüßen, seinem obligatorischen "Sind alle gesund?" wird ein lautes Ja entgegenschallen. Dann schließen sich die beiden Faltwände und machen die Prüfungssituation für die 16 Lehrkräfte in der Aufsicht überschaubar.
Schon am Freitag vor dem Abitur werden Tische und Stühle aufgestellt, viele auch aus den Klassenzimmern herbeigeschafft. Bis zum "Mammuttag", Freitag, 23. März, an dem besonders viele Prüfungen in zweistündigen Fächern laufen, müssen die Vereine auf ihre Halle verzichten. Punkt 13 Uhr sind alle Abiturienten draußen, nahtlos schließt sich eine Blutspendeaktion des Roten Kreuzes an.
Schulfrei?
Wer kein Abitur schreibt, wird vermehrt frei haben, "aber dosiert", gibt Maciejewski möglicher Schülerfreude von vorneherein einen Dämpfer. Für Stunden werden Lehrer fehlen, weil sie Aufsicht haben. Einige Klassenzimmer sind leergeräumt.
Auch das Mönchsee-Gymnasium Heilbronn (MSG) versucht, Unterrichtsausfall möglichst zu vermeiden. Es schickt seine vier Zehnerklassen in der ersten Abiturwoche ins Bogy-Praktikum. Das schafft im Haus Platz für die 168 Prüflinge und setzt Lehrkräfte für die Aufsicht frei.
Erst die Korrektur des Abiturs bedeutet am MSG "für ein paar wenige Schüler" einen freien Tag, erklärt Jeannette Dehnke, die die Prüfung organisiert hat. Je nach dem, wie viel sie korrigieren, bekommen die Lehrer "frei": ab fünf Arbeiten einen Tag, ab 14 zwei Tage, ab 25 drei Tage. Die "zentralen Korrekturtage" liegen direkt vor den Osterferien. Am Donnerstag und Freitag dürfen viele Schüler früher heim.