5,35 Euro sind zu wenig für viele Polen
Bad Rappenau - Der Bundestagsabgeordnete Josip Juratovic setzt beim Erntehelfer-Mangel langfristig auf Ukrainer

Bad Rappenau - 9000 Schalen mit je 250 Gramm Tomaten verlassen zurzeit täglich den Betrieb von Rainer Reuss in Bad-Rappenau-Fürfeld. 14 polnische Saisonkräfte helfen bei der Herkulesaufgabe. Doch die Helfer sind immer spärlicher gesät. Ob Reuss alle Kräfte bekommt, die er benötigt, erfährt er immer kurzfristiger. „Ein Drittel der Leute haben wir über Schnellvermittlungen“, sagt Reuss.
Das war mal anders. In den vergangenen 20 Jahren war auf die polnische Hilfe stets Verlass. Doch jetzt hagelt es Absagen. Etwa weil in Holland für Saisonkräfte ein höherer Mindestlohn als die 5,35 Euro in Deutschland gezahlt wird. Oder weil Großbritannien den Bürgern der neuen EU-Mitgliedstaaten schon heute erlaubt, in ihrem erlernten Beruf zu arbeiten. In Deutschland gilt die Freizügigkeit für Arbeitnehmer aus Osteuropa erst ab 2011. Andere Helfer bleiben gleich ganz in Polen, wo der Arbeitsmarkt boomt und die Löhne gestiegen sind.
„Noch vor fünf Jahren kamen bis zu 300 000 polnische Erntehelfer nach Deutschland. 2007 waren es nur noch 224 000“, beschreibt der Heilbronner SPD-Bundestagsabgeordnete Josip Juratovic die missliche Situation. Er wird im Ausschuss für Arbeit und Soziales der SPD-Bundestagsfraktion über die Nöte der Betriebe aus der Region berichten. Und Lösungen vorschlagen.
„Zuerst müssen die Potenziale unseres Arbeitsmarktes aktiviert werden“, sagt er. Dann müsse eine EU-weite Lösung gefunden werden, „denn unsere Nachbarn stehen vor dem gleichen Problem“. Schließlich führe kein Weg an Kooperationsabkommen mit Drittstaaten wie der Ukraine vorbei. Und zwar vor 2011. Dann, so Juratovic, wird auch die mit 52 000 Erntehelfern zweitgrößte Gruppe der Rumänen wegbrechen.
Reuss’ Botschaft an den Abgeordneten ist klar: Er hätte lieber heute als morgen Ukrainer in seinen Gewächshäusern. Auf deutsche Helfer setzt er dagegen nach Erfahrungen mit unmotivierten und unerfahrenen Kräften nicht. Und der 54-Jährige will Planungssicherheit: „So wie jetzt können wir unseren Betrieb nicht führen.“
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