Stimme+
Untergruppenbach
Hinzugefügt. Zur Merkliste Lesezeichen setzen

Schaurige Gestalten unter der Burg

   | 
Lesezeit  2 Min
Erfolgreich kopiert!

2000 Hästräger und Guggenmusiker beim Nachtumzug.

Von unserer Redakteurin Sabine Friedrich

Noch eine Ladung Tannenreisig hinein und kräftig herumgerührt im Feuer, dann qualmt und stinkt es umso besser. Die Sulmdäler Rumpelhäxen sind nicht die einzigen, die das Volk am Straßenrand einräuchern. Aber die Lehrensteinsfelder haben den größten Hexenkessel, und dazu noch einen mit motorisiertem Untersatz. Nicht der einzige Schabernack, den sich die schaurig-finsteren Gestalten erlauben, die am Samstagabend in der Dunkelheit durch die Straßen Untergruppenbachs schleichen, immer bereit zu einem Sprung auf dem Besen. Die beleuchtete Burg Stettenfels gibt die passende Kulisse für den Nachtumzug der Schozachtalnarren. Die fünfte Auflage ist größer denn je mit 2000 Musikern und Hästrägern der schwäbisch-alemannischen Fasnet.

Gruselfaktor

Mehr als zwei Stunden währt der Gruselfaktor, wenn sich reale Zuschauergesichter Auge in Auge furchterregenden, handgeschnitzten und bemalten Larven gegenüberstehen. Lang sind Knubbel- oder Hakennasen von Hexen, Waldgeistern und mystischem Getier, einzahnig oder mit reißenden Beißern die Münder, die Augen aus tiefen Höhlen hervortretend, zottelig die langen Pferdehaar-Mähnen. Wer seine Furcht zeigt, hat schon verloren. Mädchen und junge Frauen sind bevorzugte "Opfer", werden abgeschleppt, in den Pranger gezwängt, zerzaust, mit Mehl eingeseift oder mit Farbe gebrandmarkt. Bei den unerschrockenen Kindern in der ersten Reihe sind die Narrenfiguren plötzlich handzahm, holen Bonbons aus ihren Beuteln oder Rocktaschen.

"Dua's Glump fort - d'r Schnapper kommt": Wer den Narrenruf aus Zell am Neckar nicht auf Anhieb versteht, bekommt ihn demonstriert, am eigenen Leib oder der Mütze. Schon fährt d'r Schnapper seine Ziehharmonikazange aus, macht Beute. Es geht Schlag auf Schlag. Ellen Cramblit-Vogel, Untergruppenbachs Rewä-Hex-Zunftmeisterin, und ihre Kollegen an den Moderationspunkten stellen Gruppe für Gruppe der rund 60 Zünfte vor, gröhlen die Schlachtrufe ins Mikro, warten auf das Echo. Immer wieder brandet Beifall auf, johlt das närrischer Volk, wenn sich vor ihm wieder eine mehrstöckige Pyramide aus Hästrägern aufbaut. Oder Hilmahexa aus Dornstadt auf ihrer Leiter in die schwindelerregende Höhe einer Straßenlaterne klettern.

Die Massen vor dem Rathausplatz weichen zurück. Jetzt heißt es, auf Abstand gehen. Denn die Deggner Leirakiebl mit ihren platten Riesen-Schröpfköpfen lassen die Peitschen knallen. Muskelkraft ist hier ebenso gefragt wie bei den großen Rätschen der Hundsholzhexa Adelberg, die einen ohrenbetäubenden Lärm fabrizieren. Fast schon übertönen sie die Paukenschläge der Guggenmusiker, die das Pflaster beben lassen.

Stimmung

Das ist ganz nach dem Geschmack von Sonja Österlein. Die Neckarwestheimerin und ihr Mann haben sich als Teufel geschminkt, eine rot-schwarze Perücke mit Hörnern aufgesetzt. Ein Umzug in der Dunkelheit sei etwas Besonderes, sagt Österlein. "Die Stimmung ist anders", bestätigt Gabi Blösch, einer der Eppinger Hexen. Der Aufmarsch so vieler Gruppen fasziniert Tamara Schneider aus Abstatt. Und Susanne Schardt aus Flein findet dieses Schaufenster an Fasnets-Brauchtum interessant.

Nach oben  Nach oben