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Neckarsulm
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Wassermassen auf Abwegen

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Straße, Bahngleise und das Werk eines Automobilherstellers – eine heikle Stelle, an der sich das Hochwasser in Amor- und Hängelbach seinen Weg durch Schotter und Erdreich bahnte. Viele Millionen Euro Schaden sind dadurch entstanden. Wurden bei der Führung des Wassers Fehler gemacht?

Von unserem Redakteur Alexander Klug
Amorbach (hinten) und Hängelbach überfluten während der Gewitternacht Ende Mai Straßen, Gleisanlagen und das Neckarsulmer Audi-Werk.Foto: Archiv/privat
Amorbach (hinten) und Hängelbach überfluten während der Gewitternacht Ende Mai Straßen, Gleisanlagen und das Neckarsulmer Audi-Werk.Foto: Archiv/privat

Die Bahn musste nach dem Unwetter das Gleisbett erneuern, besonders teuer fallen die Reparaturarbeiten im Audi-Standort aus. Der starke Regen hatte Teile des Werks unter Wasser gesetzt, vor allem ein Presswerk, in dem Karosserieteile hergestellt werden, war betroffen − die Produktion war vorübergehend gestoppt worden.

Funktioniert nicht

Ob die Führung des Wassers in der Vergangenheit sinnvoll organisiert wurde, daran zweifelt Wolfgang Baars. Der 75 Jahre alte Gewässerführer vermittelt Interessierten regelmäßig Wissenswertes. Vor allem die Gestaltung der Strecke zwischen den Rohren unter Bundesstraße und Bahnstrecke erscheint ihm unzureichend. "Die Umlenkung des Wassers im rechten Winkel an einer Betonmauer funktioniert bei Hochwasser nicht", wie der Bad Wimpfener meint. Bei einer der regelmäßigen Begehungen zusammen mit Landratsamt Heilbronn und Neckarsulmer Stadtverwaltung habe man die "netten Bächle" unter anderen Gesichtspunkten unter die Lupe genommen − etwa Einleitungen, Wasserentnahme über Pumpen oder Müll standen im Mittelpunkt. "Darüber, ob das Wasser an dieser Stelle genug Auslauf hat, haben wir uns damals einfach keine Gedanken gemacht."

Das müsse nachgeholt werden, "vor allem angesichts der Kosten bei Audi und für die Bahn", sagt Wolfgang Baars. Mit der Reparatur des Gleisbetts ist es aus seiner Sicht nicht getan. "Beim nächsten derartigen Starkregen ist das Gleisbett wieder weg und der Schaden wieder groß." Eventuell sei es sinnvoll, alle Bachläufe Richtung Neckar zu untersuchen.

Das Heilbronner Landratsamt verweist auf die Zuständigkeit der Stadt Neckarsulm für die Wasserbauwerke. "Die Fachleute in unserem Haus halten eine rechtwinklige Führung des Wassers durchaus für machbar", sagt ein Sprecher. Es sei schlicht und einfach zu viel Wasser gewesen. "Wenn das Rohr, die Dohle überlastet ist, staut sich das Wasser zurück."

500 Jahre

Die Deutsche Bahn musste das Gleisbett erneuern.Foto: Alexander Klug
Die Deutsche Bahn musste das Gleisbett erneuern.Foto: Alexander Klug

Ein Sprecher der Stadt Neckarsulm betont, dass es sich beim Unwetter um ein Ausnahmeereignis mit mehr als 100 Liter Regen pro Quadratmeter gehandelt habe. "Das entspricht statistisch betrachtet einem Niederschlagsereignis mit einer Wiederkehrzeit von 500 Jahren", so der Sprecher. "Keine noch so gut ausgebaute Infrastruktur kann derartige Wassermassen in kürzester Zeit bewältigen."

Die Hochwasserschutzmaßnahmen hätten gegriffen: "Im Einzugsgebiet der Sulm wurde über die Hochwasserrückhaltebecken des Wasserverbands Sulm knapp eine Million Kubikmeter Wasser zurückgehalten, so dass die Sulm in ihrem gesamten Verlauf an keiner Stelle über die Ufer getreten ist", schreibt die Verwaltung. Das anfallende Oberflächenwasser wurde kontrolliert in den Neckar abgeführt.

Rückhaltebecken

Dennoch prüfte der Wasserverband Sulm den Bau eines Rückhaltebeckens im Verlauf des Hängelbachs. "Darüber wird die Verbandsversammlung beraten und entscheiden", schreibt die Verwaltung. Im Zuge der Planung würde auch die Wasserableitung in die Sulmdole betrachtet. Bei der Wiederherstellung der Gleise wurden in Absprache mit der Stadt Bad Friedrichshall Ablagerungen in den offenen Gewässerabschnitten beseitigt − die Kosten für die Stadt betragen mehrere Tausend Euro.

 


 
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