Stimme+
Heilbronn
Hinzugefügt. Zur Merkliste Lesezeichen setzen

Traditionslokal vor dem Aus

   | 
Lesezeit  2 Min
Erfolgreich kopiert!

Der Umbau der Handwerkskammer Heilbronn-Franken beginnt zwar erst im nächsten Jahr, doch einige Konsequenzen stehen heute schon fest. Die wichtigste: Das Restaurant Haus des Handwerks hat nur noch bis zum Jahresende geöffnet.

Von unseren Redakteuren Jürgen Paul und Joachim Friedl

 


Die Kammer hat bei ihrer jüngsten Vollversammlung beschlossen, nicht länger an der traditionsreichen Gaststätte festzuhalten. Die Brandschutzmaßnahmen, die beim anstehenden Umbau des Kammergebäudes an der Allee 76 umgesetzt werden müssten, seien derart umfangreich und teuer, dass sich ein Erhalt der Gaststätte nicht lohne, begründet die Handwerkskammer den Schritt.

Brandschutz

Zudem sei es nicht gelungen, das Restaurant kostendeckend zu führen, hieß es. Derzeit hat die Kammer als Eigentümerin das Haus des Handwerks an den Heilbronner Wirt Klaus Möhle verpachtet − die Pacht ist an den Umsatz gekoppelt, der offenbar unter den Erwartungen geblieben ist.

Die Handwerkskammer steckt mitten in den Planungen für die Renovierung und Modernisierung des Kammergebäudes, das Anfang der 1990er Jahre für 17,5 Millionen Euro neu gebaut wurde. Betroffen ist auch der 1950 errichtete Teil des Gebäudekomplexes, in dem sich neben der Gaststätte zahlreiche Räume befinden. Nach Angaben der Kammer wird davon nach dem Umbau lediglich der renovierte Meistersaal im ersten Stock bestehen bleiben, der künftig voraussichtlich nur noch von der Handwerkskammer genutzt wird. Die anderen Räume sollen unter anderem als Archiv verwendet werden. Anstelle der Gaststätte werden Büros entstehen, die die Kammer teilweise vermieten wird.

"Wir gehen in bestem Einvernehmen auseinander", sagt Klaus Möhle, der seit acht Jahren das Restaurant führt. Mit Nachdruck betont der 58 Jahre alte Küchenmeister immer wieder: "Das Lokal bleibt bis zum 31. Dezember 2014 geöffnet. So lange läuft der Pachtvertrag mit der Kammer." Zudem seien Meistersaal und Zunftkeller gut ausgebucht.

"Schön war es nicht", bewertet Möhle die letzten drei Jahre mit der Stadtbahn-Baustelle vor der Haustür. Hohe finanzielle Einbußen hätten diese Zeit geprägt: "Ich habe leider drei Mitarbeiter entlassen müssen und hatte an den Wochenenden geschlossen.

Zukunft

Klaus Möhle, der bei seinen Eltern Erna und Alfred Möhle im Heilbronner Jägerhaus den Gastronomieberuf erlernt hatte und dann fünf Jahre lang die Markthalle in Ludwigsburg führte, ist um seine Zukunft nicht bange: "Es gibt verschiedene Möglichkeiten", sagt er ohne konkret zu werden. Auf dem Markt ist unter anderem die Kultura in Öhringen, und die "Komturei" in Gundelsheim soll demnächst frei werden. Und auch für das Bürgerhaus in Böckingen wird nach wie vor ein Pächter gesucht.

 

Lange Geschichte

Mit der Gaststätte "Haus des Handwerks" und den angeschlossenen Festsälen verliert Heilbronn einen Ort, der viele Jahrzehnte eine bedeutende Rolle im gesellschaftlichen Leben der Stadt spielte. Zudem waren Spitzenpolitiker wie die Bundeskanzler Willy Brandt, Helmut Schmidt und Helmut Kohl hier zu Besuch, ebenso Showgrößen wie etwa die Schauspielerin Maria Schell.

Das Haus des Handwerks hat eine lange Geschichte, die selbst die Kammer nicht mehr exakt dokumentieren kann. Klar ist, dass der "Verein zur Förderung des selbständigen Handwerks" im Jahr 1949 das Buttersacksche Anwesen an der Allee 76 gekauft hat. Die Gaststätte wurde nach Kammer-Recherchen bald nach der Eröffnung des Kammergebäudes 1950 eröffnet.

Nach mehreren Pächterwechseln sowie Um- und Anbauten im Gebäude übernahmen die Eheleute Wolfgang und Gertrud Fischer 1967 das neugestaltete Haus des Handwerks. Die Fischers führten die in der Stadt beliebte Gaststätte bis Juni 2005. Nach einem erneuten Umbau übernahmen Bärbel und Wilhelm Burkhardt das Restaurant, ihr Engagement endete im Juni 2007 mit der Insolvenz. Seit September 2007 führt Klaus Möhle das Haus des Handwerks. Sein Pachtvertrag mit der Handwerkskammer, die Eigentümerin des Gebäudes ist, endet am 31. Dezember 2014. jüp

Nach oben  Nach oben