Stellwerk im Bahnhof funktioniert auch mit 50 Jahren gut
Pro Werktag werden im Stellwerk des Heilbronner Hauptbahnhofs etwa 370 Züge koordiniert. Die rund 50 Jahre alte Technik mit Relaissystem wird demnächst einer Elektro-Anlage weichen.

Genau fünf Jahrzehnte ist die Technik im Stellwerk des Heilbronner Haubtbahnhofs inzwischen alt. "Und sie funktioniert bis heute zuverlässig", sagt der Heilbronner Bezirksleiter Betrieb, Jürgen Setzer. Auf dem sechs Meter langen Stelltisch ist die gesamte Gleisanlage schematisch abgebildet − mit allen Gleisen und Weichen, mit kleinen Lampen, die rot, gelb, grün oder weiß leuchten.
Tastendruck
50 Jahre Stellwerk: Drei Fahrdienstleiter sind in der Regel in dem zwölf Meter hohen Turm im Einsatz, um die Züge auf den richtigen Gleisen ein- und ausfahren zu lassen − und bei Störungen oder einem Unfall Züge umzuleiten. Im Juli 1966 ist das Stellwerk Heilbronn mit dem Relaissystem, das auf Tastendruck reagiert, eingeweiht worden. Zehn Einzelstellwerke wurden damals zu einem zusammengefasst, um eine größere Gleisfläche zentral steuern zu können. Kosten: etwa sieben Millionen Mark.
Der Fleiner Reinhold Beckh (83) war dabei, er hat morgens um 4 Uhr seine erste Schicht begonnen. Ob er nervös war? "Nein." Wochen zuvor sei er in der neuen Stellwerktechnik geschult worden. "Man konnte besser disponieren, es ging alles schneller." Der erste Zug sei um 6.35 Uhr ein Eilzug nach München gewesen − eine solche Direktverbindung gab es damals noch in Heilbronn.
Heute arbeitet zum Beispiel Andreas Hähringer an dem Stelltisch, koordiniert als Fahrdienstleiter die Züge auf sieben Bahnsteig-, zwei Gütergleisen und sieben Abstellgleisen im Hauptbahnhof. Im Rangierbahnhof kommen 25 Gleise hinzu. Organisationstalent ist nötig, man hat viel mit anderen Menschen zu tun, auch am Telefon. "Es ist ein abwechslungsreicher Job", sagt Hähringer.

Das einschneidendste Ereignis war für die Stellwerk-Crew ein schlimmer Unfall im August 1984, als ein D-Zug bei Heilbronn-Klingenberg entgleiste, vier Waggons den Bahndamm herabstürzten und drei Menschen starben. Feststeckende Reisende mussten betreut, nachts noch ein Eilzug bis Würzburg verlängert werden. "Es war schwierig, den Betrieb aufrecht zu erhalten", blickt Reinhold Beckh auf den Unfalltag zurück.
An Hitzetagen macht eine Klimaanlage die Arbeit für die Stellwerk-Mitarbeiter erträglich. "Die braucht man auch bei 25 Computern und 30 Monitoren", verdeutlicht Andreas Hähringer. Computer werden vor allem für die Stadtbahnen eingesetzt, die ebenfalls von hier aus durch die Stadt geleitet werden.
Am Relais-Stellwerk von 1966 mit 49 Haupt- und 130 Sperrsignalen sowie 129 Weichen blinkt es in mehreren Farben. "Fahrstraße" heißt eine vorgegebene Zugstrecke. Erst wenn sie richtig eingestellt ist, springt die Leuchte auf Gelb. Ist auch sonst alles okay, erhalten die Signale grünes Licht und der Lokführer darf einfahren. Dann meldet eine rote Leuchte, dass die Fahrstraße belegt ist. Zu tun gibt es einiges: Etwa 370 Zugfahrten und 650 Rangierfahrten werden hier an einem Werktag abgewickelt.
Umrüsten
Ob im Heilbronner Stellwerk nach 50 Jahren irgendwann ein neues Zeitalter anbricht? In absehbarer Zeit werde in Heilbronn auf ein elektronisches Stellwerk umgerüstet, blickt der Stuttgarter Bahnsprecher Martin Schmolke voraus. Erste Planungen laufen, einen konkreten Zeitplan gibt es aber noch nicht.