Konditorei Romann macht Laden nach 319 Jahren dicht
Heute hat einer der ältesten Handwerksbetriebe zum letzten Mal geöffnet − Strukturwandel der Branche hat das Aus befördert

Der Zinnteller zum 300. Geburtstag der Konditorei, überreicht vom Verband, hängt noch an der Wand. Aber sonst sehen die Regale im Verkaufsraum von Café Romann schon ziemlich leer aus. Die süßen Hochzeitsfiguren gibt es schon zum halben Preis. Heute Schlag 18 Uhr macht Andreas Romann den Laden, mit 319 Jahren einer der ältesten Handwerksbetriebe in der Stadt, für immer dicht.
Investitionsstau Die Entscheidung ist dem Konditormeister nicht leicht gefallen. "Wir tragen hier schließlich eine lange Familientradition zu Grabe", sagt der 40-Jährige. Allerdings würde die ganze Familie − inklusive Vater Hans-Eugen Romann − diese Entscheidung mittragen. Der tiefgreifende Strukturwandel in der Branche der Zuckerbäcker hat der Firma zugesetzt. Der Betrieb und das Café, das mit seiner Inneneinrichtung wie aus der Zeit gefallen wirkt, haben einen Investitionsstau von rund einer Million Euro. Zu viel Geld für Familie Romann. Um zu expandieren und wie andere Cafés einen Mittagstisch anzubieten und das gastronomische Angebot auszuweiten, fehlt der Traditionsadresse in der Sülmer Straße 27 der Platz in den engen Räumen. Diese beiden Tendenzen markieren für Andreas Romann den Wandel in seinem Handwerk: "Die Zeiten für reine Zuckerbäckerei sind vorbei. Man muss sich entweder noch mehr spezialisieren, um am Markt eine Nische zu finden. Oder viel größer werden." Für beides fehlen dem alteingesessenen Unternehmen die Möglichkeiten.
Der Juniorchef, der den Betrieb vor zehn Jahren übernommen hatte, macht auch keinen Hehl daraus, dass sein Betrieb dem Zug der Zeit schon länger hinterher fährt. "Wir haben uns schwer mit Veränderungen getan." Die treue, ältere Kundschaft würde dies nicht immer so schnell mittragen. "So gesehen, war unsere Tradition auch eine Belastung." Aber auch der Markt in Heilbronn sei ein anderer als beispielsweise in Stuttgart oder Ludwigsburg. Dort wären höhere Preise etwa für Torten durchsetzbar, es gebe auch mehr Kunden für Konditoren.
"Klassische Cafés wie Romann sterben aus", sagt auch Bernhard Kuhn, Obermeister der Bäcker-Innung Heilbronn. Der Verbraucher würde etwas anderes erwarten. Nur mit Kaffee und Torte "ist heute kaum Geld zu machen. Jüngere fahren nicht auf so etwas ab." Romann habe den Trend verpasst. Kuhn bedauert, dass hier ein Stück Konditorei-Kultur verloren geht.
Andreas Romann freut sich allerdings auf das Neue. Er wechselt zur Bäckerei Luckscheiter nach Ludwigburg. "Und ich werde endlich mehr Zeit haben für die Familie und die Gesundheit." Ganz verschwinden wird die Tradition aber wohl nicht. Eine Mitarbeiterin macht sich selbstständig und will die berühmte Romann-Arabertorte weiterhin anbieten.
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