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Pfleger aus Osteuropa: Hilfe in falsches Licht gerückt

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Eine Freiburger Wissenschaftlerin sagt im Stimme-Interview: Es gebe keine guten Agenturen zur Vermittlung osteuropäischer Pflegekräfte. Betroffene wehren sich: Ehrliche Vermittler von Betreuern sollen nicht in einen Topf geworfen werden mit schwarzen Schafen

Von Christian Gleichauf
Die Betreuung von älteren Menschen stellt viele Familien vor Probleme. Immer häufiger übernehmen Osteuropäerinnen die Aufgabe für relativ wenig Geld. Foto: dpa
Die Betreuung von älteren Menschen stellt viele Familien vor Probleme. Immer häufiger übernehmen Osteuropäerinnen die Aufgabe für relativ wenig Geld. Foto: dpa

Über die zwei ungarischen Betreuerinnen für ihre Eltern lässt Leserin Anja Korel (Name geändert) nichts kommen. "Die sind so lieb, das kann man mit Geld nicht bezahlen." Abwechselnd sind sie mehrere Wochen da, stehen dann sieben Tage die Woche bereit, wöchentlich haben sie einen halben Tag frei. Sie kochen, sie helfen, wo es nötig sei. Dass die Freiburger Wissenschaftlerin Jasmin Kiekert im Interview mit unserer Redaktion so drastisch formulierte, es gebe keine guten Vermittlungsagenturen, sei falsch.

Die Agentur, deren Dienste Anja Korel in Anspruch nimmt, sitzt in Eberstadt. Andrea und Christoph Seyr betreiben dort seit 2010 den Helping Hands Service. Auch sie finden, die pauschalen Vorwürfe gehen zu weit. "Wir können nicht für alle sprechen, aber viele Agenturen arbeiten seriös", sagt Andrea Seyr.

Darauf achten, dass niemand ausgenutzt wird

Das beginne bei der Transparenz: Von Anfang an machten sie klar, dass es sich nicht um Pflege-, sondern um Betreuungskräfte handelt. "Wir arbeiten oft mit den Sozialstationen", sagt Christoph Seyr. Dass es schon einmal dazu gekommen sei, dass Patienten wundliegen, räumt er ein. "Aber das sollte nicht bei der Betreuungskraft liegen, da geht meistens mehr schief."

Die Frauen und auch einige Männer, die aus Polen, Litauen, Slowenien oder Bulgarien nach Deutschland kommen, sind bei Entsendefirmen im Ausland angestellt, bekämen aber den deutschen Mindestlohn − reduziert um Kost und Logis, die gestellt werden muss. An die ausländischen Partnerfirmen werden somit zwischen 2000 und 2500 Euro bezahlt, den Frauen blieben davon zwischen 1200 Euro netto in Polen und 1500 Euro in Slowenien.

"Da sieht man, dass die Spanne nicht so groß ist, es werden davon Renten- und Sozialversicherungsbeiträge, Steuern und Abgaben bezahlt", sagt Andrea Seyr. Für ihre Vermittlungstätigkeit werden jährlich 700 Euro fällig. Teil ihrer Aufgabe sei auch, darauf zu achten, dass niemand ausgenutzt wird.

Keine illegale Beschäftigung

"Je besser wir einschätzen können, welche Anforderungen bestehen, desto passgenauer können wir nach einer Kraft suchen", sagt Andrea Seyr. Auch bei den Pflegekräften gebe es Erwartungen. "Manche machen ein eigenes Bad zur Bedingung, andere das Internet." Wenn es dann doch nicht passe, wird gewechselt − ohne zusätzliche Gebühren, bis auf die Reisekosten. Ebenso sucht die Agentur nach Ersatz, wenn eine Kraft ausfällt.

Korrekt sei der Vorwurf, dass es in der Branche keine Qualitätssiegel oder sonstige Kontrollen gebe. Auch die Arbeitszeit bei den Pflegebedürftigen könne nicht kontrolliert werden. "Wir bekommen es nur mit, wenn sich jemand beschwert", was vorkomme, sagt Seyr. Dann helfe oft ein Gespräch. Um es nicht so weit kommen zu lassen, würden sie oder ihre Mitarbeiterinnen regelmäßig in den Familien vorbeischauen, stünden für Notfälle rund um die Uhr bereit.

Im Gegensatz zur illegalen Beschäftigung arbeiten die Agenturen nicht im rechtsfreien Raum. Den Vorwurf, es sei ethisch trotzdem kein einwandfreies Arrangement, will Christoph Seyr nicht gelten lassen: "Dann sollte man besser mal in ein Altenheim gehen, wo Menschen vernachlässigt werden, weil die wenigen Pflegekräfte es nicht schaffen können, alle zu versorgen."

 

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