Jungwinzer pachtet ältestes Weingut im Land
Das Weingut Burg Hornberg wird vom Jungwinzer Martin Ruckdäschel geführt. Baron Dajo von Gemmingen-Hornberg zieht sich als Winzer zurück und konzentriert sich auf seine Burg.

Baron Dajo von Gemmingen-Hornberg steht in der „Götzhalde“ unterhalb seiner Burg bei Neckarzimmern und lässt den Blick nach Norden schweifen. „Ist das nicht traumhaft hier? Wie von Gottes Hand geformt.“ Im Tal fließt der Neckar. Am Westufer blühen Wiesen, am bewaldeten Ostufer geht es steil bergauf. „Früher war das alles hier mit Reben bestockt“, weiß der 54-Jährige, „fast nahtlos von Gundelsheim bis Mosbach“. Doch die aufwendige Bewirtschaftung der Steillagen hat sich für die meisten Winzer irgendwann nicht mehr rentiert.
Von der jahrhundertealten Weinbautradition an der Grenze zwischen Württemberg und Baden zeugen heute nur noch die zehn Hektar umfassenden Terrassen des Weinguts Burg Hornberg. Und die haben es in sich. Nicht nur wegen der insgesamt neun Kilometer langen und bis zu vier Meter hohen Muschelkalkmauern, deren Bau laut Baron „wohl nur durch Sklavenarbeit wie einst bei den Pyramiden möglich gewesen sein muss“.
Das erstmals 1184 und danach in 800 Urkunden durchgängig belegte Weingut Burg Hornberg ist laut Deutschem Weininstitut (DWI) das älteste in Baden-Württemberg, das zweitältestes weltweit und trägt den DWI-Titel „Höhepunkt der Weinkultur“.
Weine waren bereits zu Götz von Berlichingens Lebzeiten bekannt
Kürzlich stand ein denkwürdiges Jubiläum an: Vor genau 500 Jahren, am 13. April 1517, hatte es sich Reichsritter Götz von Berlichingen unter den Nagel gerissen: für 8500 Gulden Lösegeld. Seit 1612 ist es in Besitz derer von Gemmingen. Kuriosum am Rande: 1985 ließ Dajos Vater Hans Wolf von Gemmingen, der das Gut nach dem Krieg neu belebt und zum Prädikatsweingut ausgebaut hatte, die Weinberge von Baden nach Württemberg „einzonen“. Begründung: Schon zu Götzens Zeiten war der Hornberger als „Neckerwein“ und nicht als Badener in ganz Europa bekannt und wurde gar an den Kaiserhof zu Wien exportiert.
„Doch allein von der Tradition kann man nicht leben“, gibt Dajo von Gemmingen zu. Die Frage der Wirtschaftlichkeit treibt den an der Hochschule Geisenheim zum Önologen ausgebildeten Adelsspross schon lange um. Aktuell steckt er rund zwei Millionen Euro in die Sanierung der historischen Burganlage. Zum Familienunternehmen gehören auch Wälder und Außenstellen wie das Alte Schloss in Neckarzimmern, Stockbrunner Hof, das Lokal Alte Mühle in Gundelsheim sowie der benachbarte Campingplatz. Vier-Sterne-Restaurant und Hotel betreibt sein Vetter Marcus Freiherr von Gemmingen-Hornberg.
Ein Fleiner hat vermittelt
Schließlich hat sich Baron Dajo schweren Herzens entschlossen, das Weingut zu verpachten, wie er der Heilbronner Stimme bestätigt. Seit dem Jahrgang 2016 wird der Betrieb komplett von Martin Ruckdäschel verantwortet: vom Weinberg über den Keller bis zur Vermarktung. Einen kleineren Teil bewirtschaftet Norbert Greiss von Weinbau Pavillon im nahen Gundelsheim, über den Ruckdäschel den Weg zum Hornberg fand. Der erst 32-jährige stammt aus dem Fichtelgebirge, „fränkisch Sibirien“, wie er augenzwinkernd sagt.
Das Bürgerspital in Würzburg habe ihn zu einer Winzerlehre „inspiriert“. Nach der Lehre bei Gerhard Roth in Wiesenbronn und Julius Ferdinad Kimmich in Deidesheim studierte er an der Dualen Hochschule in Neustadt/Weinstraße Weinbau und Önologie. Zuletzt führte er sein eigenes Weingut in St. Martin (Pfalz).
Der aus Flein stammende Pfälzer Weinbauberater Gerd Götz, „mein Freund und Mentor“, vermittelte ihn 2013 an den Gundelsheimer Greiss, der schließlich zum Türöffner für Burg Hornberg wurde.
In Steillagen ist bessere Qualität möglich
Ganz abgesehen von der einmaligen Chance, als Jungwinzer ein renommiertes Gut selbstständig und nach eigenen Vorstellungen zu führen, haben den Franken „Steillagen schon immer besonders gereizt. Da kannst du ganz andere Qualitäten erzeugen, wenn du dich auf Boden und Klima einlässt. Und gerade auf Muschelkalk lassen sich schlanke, feine und finessenreiche Weine machen, ganz nach meinem Wunsch“.
Wenn der Baron zusammen mit Ruckdäschel im sechs Meter hohen und 40 Meter langen Schlosskeller von 1615 Fassproben vom 2016er verkostet, steht ihm die Erleichterung ins Gesicht geschrieben. „Der Martin ist für uns ein wahrer Glücksfall. Den hat der Himmel geschickt.“
Weine und Etiketten sollen neue Handschrift erhalten
Der neue Pächter Martin Ruckdäschel will sich von den bisherigen Etiketten im Stile alter Postkarten mit Burg- und Götzmotiv verabschieden. Eine neue Handschrift sollen auch seine Weine tragen. Er umschreibt sie mit „mineralisch und finessenreich, bloß nicht fett“. In den nächsten Tagen werden sie abgefüllt.
Bei den roten setzt er vor allem auf Spätburgunder, bei weißen auf Riesling, Weißburgunder und Muskateller, aber auch andere Traditionssorten. Der Verkauf läuft wie bisher in erster Linie über die Verkaufsstellen beim Schlosskeller im Ortskern von Neckarzimmern und auf Burg Hornberg.
Stimme.de