Flüsse und Seen liegen im Trend
Der heiße Sommer beschert den Freibädern extrem viele Besucher. Allerdings machen sich die Jugendlichen rarer als sonst.
Endlich wieder ein Sommer, der diesen Namen auch verdient. Die Freibäder in der Region sind voll, teilweise mehr als voll. „Wir sind mit den Besucherzahlen sehr zufrieden“, sagt die Heilbronner Bäderchefin Ursula Stiefken. Schon mit dem August hätten die drei Heilbronner Freibäder 18,5 Prozent mehr Badegäste als in der ganzen Saison 2014. Im vergangenen Jahr mit seinem ziemlich verregneten Sommer waren es 198 000 Besucher. Allein der August 2015 übertrifft seinen Vorgänger 2014 um das Dreifache in Heilbronn.
Bei Ursula Stiefken dämpft allerdings ein Trend die Euphorie einer bisher fast makellosen Jahreszeit: „Jugendliche zieht es an andere hippe Locations, die fehlen uns im Freibad.“ Zwar müsse man sich von der Vorstellung verabschieden, dass die Freibäder jemals wieder so voll werden wie noch bis in die 1960er Jahre hinein. Damals stürmten an ganz heißen Tagen bis zu 9000 Menschen das Freibad Neckarhalde.
Bei 4.500 Leuten geht nichts mehr
Stiefken: „Wenn heute rund 4500 kommen, ist das Bad dicht, da geht nichts mehr.“ Dennoch macht sich die Bäderchefin Gedanken, „wie wir mit unserem Angebot bei jüngeren Leuten mehr den Zeitgeist treffen können und unsere Freibäder attraktiv halten“. In anderen Städten gebe es Flussfreibäder und Badeschiffe, die bei der Zielgruppe „in“ seien. Jugendliche würden es eben mehr zu Seen und Flüssen ziehen. Stiefken überlegt, „ob wir im nächsten Jahr W-Lan anbieten.“
Das freie Gratis-Computernetz gibt es in dieser Saison schon im Lauffener Freibad. Auch eine Slackline zum Balancieren hat die Kommune aufstellen lassen. Trotz dieser Bemühungen und eines Supersommers „merken auch wir, dass das Freibad bei Jugendlichen nicht mehr so interessant ist“, muss Ulrike Ebert vom Büro des Bürgermeisters konstatieren. Das Freizeit-Alternativangebot zum Klassiker „Freibad“ sei eben groß. Ebert: „Viele jüngere Leute in Lauffen gehen an den Neckar.“ Dort würden sich die Cliquen treffen, auch mal zum Schwimmen in den Fluss springen. „Das Erlebnis lockt. Am Fluss der Eintritt frei, und es gibt nicht so viele Vorschriften und einen Bademeister wie im Freibad.“
Der Trend macht sich aber noch nicht überall bemerkbar. In Gemmingen hat das Freibadgeschäft offenbar nur eine bestimmende Komponente: das Wetter. „Wenn es warm wie in diesem Sommer ist, dann kommen die Besucher auch in entsprechender Zahl“, sagt Schwimmmeister Patrick Mach. „Die Jugendlichen bleiben bei uns nicht aus.“
Grillplätze als Vorteil
Profitiert zum Beispiel der Breitenauer See von dem sich verändernden Verhalten bei Jugendlichen? „Das würde ich nicht sagen“, antwortet Christoph Spieles, Geschäftsführer des Naherholungszweckverbandes. In welcher Zahl die Besucher an den Breitenauer See kommen, „hängt absolut vom Wetter ab“. Über die Jahre hinweg gesehen sei kein auffallendes Plus bei jüngeren Zielgruppen zu erkennen. Wobei der See einen Vorteil habe: „Bei uns darf man grillen.“
Der schöne Sommer mache sich in dieser Saison extrem bemerkbar. Stand jetzt sind beim Zweckverband 125 000 Badegäste registriert. In der ganzen Saison 2014 waren es 95 000. Ein anderer Effekt sei jedoch am Breitenauer See zu beobachten: Vor allem an Wochentagen wirke sich die zunehmende Ganztagesbetreuung an Schulen aus. Kinder, die bis 16 Uhr an der Schule beschäftigt seien, würden dann nicht mehr zum See fahren. Vor allem die, die im weiteren Einzugskreis leben.
Hintergrund: Zuschüsse
Freibäder sind nach wie vor kommunale Zuschussgeschäfte. Beispiel Heilbronn: Die drei Freibäder in der Stadt hatten 2014 rund 198 000 Besucher. In den Büchern der Stadtwerke steht ein Zuschuss von 1,2 Millionen Euro. Jeden Badegast subventionierte der Steuerzahler also mit sechs Euro pro Besuch. Der Eintritt ins Freibad Neckarhalde kostet für einen Erwachsenen 3,70 Euro. Die Stadtwerke haben dank des schönen Wetters in dieser Saison ihre Einnahmen in den Freibädern im Vergleich zu 2014 verdoppelt. Doch wie hoch das Defizit sein wird, steht erst nach Saisonschluss fest. mut