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Fleißiges Bienchen oder menschliches Wesen

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Politikberater und Blogger Martin Fuchs erklärt, worauf Rathauschefs bei ihrem Auftritt in sozialen Medien achten sollten

Von unserer Redakteurin Vanessa Müller

Onlinewüste Heilbronn und Hohenlohe? Nur sieben von 70 Bürgermeistern im Verbreitungsgebiet dersind kontinuierlich auf Facebook aktiv. Ganz schön wenig? Stimmt nicht, findet der Hamburger Politikberater und Blogger Martin Fuchs. Zwar sei eine offizielle Seite für die Gemeinde heute fast schon obligatorisch. Doch ob der Rathauschef selbst auf den Social-Media-Zug aufspringt, sei eine persönliche Sache. Wer nicht affin ist, werde wohl auch nicht viel Erfolg haben. "Wer aber Lust darauf hat, mit den Bürgern online in Interaktion zu treten, erarbeitet sich viele Vorteile", sagt er.

Denn das Informationsverhalten der Menschen hat sich in den vergangenen Jahren grundlegend geändert. 60 Prozent der Deutschen erkundigen sich hauptsächlich im Internet über Politik. Und Facebook ist das breiteste und bekannteste Netzwerk hier bei uns. Sprich: Bürger fast aller Altersgruppen tummeln sich auf der Online-Plattform. Und die meisten von ihnen haben keine Zeit, zwischen Schule, Beruf und Familie zur Bürgersprechstunde zu gehen, um ihre Anregungen und Fragen loszuwerden.

Emotional Sprechen beziehungsweise schreiben wollen die Bürger dabei trotzdem am liebsten mit einem Menschen, nicht dem Profil einer Stadt. "Soziale Netzwerke leben von Köpfen", erklärt Fuchs. "Sie erzielen eine viel bessere Reichweite, wenn Sie etwas Persönliches oder Emotionales von sich zeigen." Will ein Bürgermeister auf Facebook aktiv werden, gelte es zuerst, sich eine Strategie zurechtzulegen. "Sollen die Leute den Stadtchef als fleißiges Bienchen wahrnehmen, der von Sitzung zu Sitzung rennt? Dann sollte der kommunikative Fokus stärker auf einem Einblick in die Kärrnerarbeit im Rathaus liegen und die Postings nicht zu privat werden", erklärt Fuchs. "Grundlegend empfehle ich aber, sich als Mensch zu präsentieren, nicht als politischer Roboter. Damit ist man näher am Bürger." Das geht zum Beispiel, indem derjenige seine Trauer darüber ausdrückt, dass der Sportverein im Ort seine Pforten schließt. Oder mit Fotos von den Festen der Vereine im Ort. So schafft er sich auch eine Community, die er für den Wahlkampf nutzen kann.

Jeden Tag etwas zu schreiben, ist nicht notwendig. Alle zwei bis drei Tage sollte aber etwas kommen. "Facebooks Algorithmus hat es gern, wenn die Nutzer kontinuierlich dabei sind." Das heißt, wer aktiv ist, wird seinen "Freunden" auch öfter angezeigt. Dabei macht es der Mix der Medien: Fotos, Videos, Texte. Über die Kommentare erfährt der Bürgermeister, was los ist in seiner Stadt. Dabei muss er Kritik nicht fürchten. "Im Gegenteil, er kann auf ein Thema reagieren, bevor es hochkocht", weiß Fuchs.

Innerhalb von Minuten auf eine Anfrage zu antworten, muss aber nicht sein. Wer transparent macht: Ich bin sehr viele Stunden für die Kommune im Einsatz, versuche aber schnellstmöglich zu reagieren, erntet Verständnis. Fuchs: "Die Bürger wollen oft gar nicht, dass sofort etwas passiert. Sondern das Gefühl, dass die Politik sie hört."

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