Eigentümerinnen des Sees verklagen Wüstenrot
Sie hatten vor einem Jahr schon angekündigt, rechtliche Schritte zu prüfen. Das setzen sie in die Tat um: Helga Lang und Christa Lang-Kemppel, Eigentümerinnen des Finsterroter Sees, verklagen die Gemeinde Wüstenrot.

Auf 12. September ist die mündliche Verhandlung vor dem Landgericht Heilbronn angesetzt. Seit Jahren fordern die Schwestern, dass die Kommune etwas unternimmt, damit die Kläranlage Neuhütten das Abwasser so sauber reinigt, dass es das Badegewässer am Unterlauf nicht belastet.
Nachdem 2016 der Finsterroter See aufgrund einer EU-Richtlinie komplett gesperrt gewesen war, hat ihn die Gemeinde 2017 als Badegewässer abgemeldet, weil die Einstufung "mangelhaft" weiterhin gegolten habe, so Wüstenrots Bürgermeister Timo Wolf.
Gemeindechef will sich nicht äußern
"Es gibt nur eine Schadensursache: die Kläranlage", betont Dr. Wilfried Kügel, Fachanwalt für Verwaltungsrecht aus Stuttgart, der die Lang-Schwestern vertritt. "Die Kläranlage arbeitet gut", wiederholt Bürgermeister Timo Wolf, worauf die Gemeinde seit Jahren hinweist und was das Landratsamt Heilbronn auch immer wieder bestätigt. Vom Grundsatz her sei es die Frage, was die Gemeinde zu tun habe oder nicht, so Wolf. Ihre Position lautet bislang: Sie will keine teuren Investitionen zugunsten von Privatbesitz leisten, zu der sie nicht verpflichtet sei. Weil ein rechtliches Verfahren anhängig ist, will sich der Gemeindechef bis zur Gerichtsverhandlung nicht weiter äußern.
Kügel beruft sich auf das Gutachten des Diplom-Biologen Dr. Berthold Kappus, das die Langs 2013 in Auftrag gaben. Er nennt zwei Ursachen für die "Kontamination" des Badegewässers: Durch die Kläranlage 900 Meter oberhalb des über 450 Jahre alten Naturdenkmals gelange zu viel Phosphat in den See, was immer wieder zum Blaualgen-Schlierenteppich und damit zu zeitweiligen Badeverboten führte. Und: Bei Starkregen laufe das Regenüberlaufbecken über, "das Abwasser rauscht durch die Kläranlage", wodurch Kolibakterien in den See gelangen würden.
Gütetermin vor dem Landgericht
"Die Gemeinde zweifelt das Gutachten nicht an", meint Kügel. Dass sie durchaus vergleichsbereit sei, davon merke er allerdings nichts. Kügel geht davon aus, dass sich dem Gütetermin vor dem Landgericht gleich der Haupttermin anschließen wird. Der Fachanwalt will erreichen, dass Dr. Kappus als sachverständiger Zeuge geladen wird.

Denn dessen Bewirtschaftungsmaßnahmen sollen von der Gemeinde eingeklagt werden. Da sind zum Beispiel eine Mäandrierung des Dachsbachs, regelmäßige Schilfsmahd, Einstau des Plapphofsees, damit er wieder als Vorfluter wirkt, höherer Fällmitteleinsatz, um die Phosphorrückhaltung in der Kläranlage zu optimieren, Keimreduzierung durch Siedlungsentwässerung (Überlauf). Und was die Gemeinde sicherlich einen sechsstelligen Betrag kosten würde, so Kügel: ein Retentionsbodenfilter auf dem Kläranlagengelände. Dadurch soll bei Starkregen "die Dreckbrühe nicht ungehindert in den Finsterroter See gelangen", erklärt der Fachanwalt.
"Wir stützen uns auf das Wasserhaushaltsgesetz", sagt Kügel. Auf Paragraph 16: Der besage, dass man sich dagegen wehren könne, dass das eigene Gewässer verunreinigt werde. Es sei denn, dies sei für den Betreiber unzumutbar. Wenn das der Fall sei, müsse dieser Entschädigung bezahlen. "Dazu hat sich die Gemeinde nicht geäußert. Sie ignoriert das einfach", so der Anwalt.
Der Damm wurde saniert
"Der See ist seit Generationen in der Familie. Es kann nicht sein, dass wir ihn niedergehen lassen. Er war immer ein Erholungsgebiet", begründet Helga Lang, warum sie und ihre Schwester weiter kämpfen. Die Familie habe mit zahlreichen Maßnahmen versucht habe, die Badewasserqualität zu verbessern, angefangen von der rund 200.000 Euro teuren Dammsanierung 2007/2008. "Natürlich sind wir an einer gütlichen Einigung interessiert, sonst hätten wir uns nicht zehn Jahre lang mit Gesprächen herumgeplagt", stellt Lang klar. Immer wieder hat es runde Tische und Treffen mit Behörden gegeben, mit Gemeinde, Landratsamt und Regierungspräsidium Stuttgart.
"Ich bin aus allen Wolken gefallen", sagt Lang zum jüngsten Vorgehen der Gemeinde. Ohne die Langs zu informieren, habe diese Ende Mai die Badeverbotsschilder wieder aufgestellt. "Bis heute habe ich noch nichts offiziell davon gehört", ist die Miteigentümerin enttäuscht.
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