Ehe für alle geht manchem zu schnell
Unter Politikern aus der Region sind die „Ehe für alle“ und eine schnelle Entscheidung darüber umstritten. Gerade in der CDU, nachdem Bundeskanzlerin Angela Merkel am Montag vom klaren Nein ihrer Partei zur völligen Gleichstellung der gleichgeschlechtlichen Ehe abgerückt war.

Der Bad Wimpfener CDU-Landtagsabgeordneter Bernhard Lasotta sagt beispielsweise: „Die völlige Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften ist für mich eine Selbstverständlichkeit.“ Während Alexander Throm, Heilbronner CDU-Kandidat zur Wahl für den Bundestag, in einer Email an die Redaktion mitteilt, dass er schon lange für eine „weitergehende“ rechtliche Gleichstellung von gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften eintrete. Was jetzt: völlig oder weitergehend?
Lasotta weiter: „Menschen übernehmen füreinander Verantwortung und niemand nimmt jemand anderem etwas weg. Es ist wichtig, dass Angela Merkel dazu aufgerufen hat, die Diskussion respektvoll zu führen.“ Eine Gewissensentscheidung der Abgeordneten des Bundestags sei richtig. „Sie wird zur Normalisierung der emotional aufgeheizten Diskussion beitragen“, sagt Lasotta.
Throm (CDU): "Hauruck-Aktion wird Thema nicht gerecht"
Alexander Throm kritisiert das Vorgehen der SPD. „Die Hauruck-Aktion wird der gesamtgesellschaftlichen Bedeutung einer solch tiefgreifenden Veränderung der Institution Ehe nicht gerecht. Eine Ehe ist seit jeher die dauerhafte Verbindung von Frau und Mann. Das kann ich durch ein einfaches Gesetz auch nicht ändern.“
Gienger (CDU): "Abstimmung ist Koalitionsbruch"
Eberhard Gienger, CDU-Bundestagabgeordneter für den Wahlkreis Neckar-Zaber findet deutliche Worte. Er sehe keinerlei Grund für eine Entscheidung in Sachen Ehe, die ohne ordentliche Beratung jetzt noch schnell durchgepeitscht werden solle. „Ich halte die derzeitigen Regelungen mit der Ehe für Mann und Frau und der eingetragenen verbindlichen Lebenspartnerschaft für zwei Männer oder zwei Frauen für vernünftige und ausreichende Regelungen der Gleichberechtigung.“ Im Wesentlichen hätten eingetragene Lebenspartnerschaften ja bereits die gleichen Rechte, bis auf das Thema Adoption. „Jeder kann in seiner Lebensweise glücklich werden“, schreibt Gienger in einer Pressemitteilung.
Dass die Abstimmung noch diese Woche durchgedrückt werden solle, empfindet Gienger laut Mitteilung als einen Koalitionsbruch. Im Koalitionsvertrag sei festgehalten, dass kein Koalitionspartner gegen den Willen des Anderen einen Punkt auf die Tagesordnung setzt. Für Gienger ist die Ehe „eine Verbindung von Mann und Frau“. Der Begriff Ehe sei zudem geschützt durch Artikel 6 des Grundgesetzes. Gienger werde mit „Nein“ stimmen, heißt es weiter.
Juratovic (SPD): "Ehe für alle ist ureigenes Ziel der SPD"
Ganz andere Töne kommen von Josip Juratovic, SPD-Bundestagsabgeordneter für Heilbronn. „Als SPD sind wir froh, dass wir genau diesen Schutz und diese Unterstützung nun allen ermöglichen können, die sich füreinander entscheiden.“ Es sei ein ureigenes Ziel der SPD, dass Freiheit und Gleichheit, Recht und Gerechtigkeit für alle Bürger gewährleistet seien. Juratovic: „Viele Menschen haben sich seit Jahrzehnten dafür eingesetzt, unsere Gesellschaft ist seit Jahren dafür bereit. Nur die CDU hat es bisher blockiert.“
Bundeskanzlerin Merkel habe einmal mehr bewiesen, so Juratovic, dass sie eigentlich keine Überzeugungen habe und kein erkennbares Ziel. „So kam es zur Gewissensabstimmung, die auf Initiative der SPD im Parlament umgesetzt wird. Und das ist auch gut so.“
Fick (Grüne): "Lebensrealität hat Tatsachen geschaffen"
Er empfinde die Umstände, wie schnell die Gleichstellung von Ehe vollzogen werden soll, als „erstaunlich“, sagt Thomas Fick aus Leingarten, Bundestags-Kandidat für die Grünen. Noch vor 14 Tage habe der CDU-Bundestagsabgeordnete Wolfgang Bosbach „vehement die Ansicht vertreten“, dass eine Koalition mit den Grünen durch die Forderung „Ehe für alle“ ausgeschlossen sei. Jetzt werde die Kanzlerin eines Besseren belehrt.
„Die Lebensrealität in unserer Gesellschaft hat hier seit langem Tatsachen geschaffen“, so Thomas Fick zur „Ehe für alle“. Es sei gut, „wenn der Gesetzgeber nun endlich nachzieht“. Merkels Kehrtwende habe vor allem wahltaktische Gründe. Er persönlich freue sich, wenn die „Ehe für alle“ schneller komme als gedacht, sagt der Grünen-Politiker weiter.
Klare Worte findet auch Michael Link, FDP-Bundestagskandidat für den Wahlkreis Heilbronn: "So richtig es ist, dass hierzu nur nach Gewissen und nicht in Fraktionsdisziplin abgestimmt werden soll - das Ganze hätte schon längst abgestimmt werden müssen." Das Vorpreschen der SPD hierzu halte er allerdings für "reine Taktik". Das sei in der letzten Sitzung vor der Sommerpause ein „reines Schaufenstermanöver“ – und unkollegial. "Die SPD hätte sich eben in den Koalitionsverhandlungen durchsetzen müssen."