Der Neckar lässt keinen kalt
Viele Unterländer verbinden mit dem Fluss und seinem Auf und Ab ein gutes Stück Heimat. Nicht nur wirtschaftlich ist der Neckar die Lebensader von Heilbronn.

"Tuku, tuku, tuk." Ob in Wimpfen, Jagstfeld, Lauffen oder anderen Anrainergemeinden: Wer am Neckar aufgewachsen ist, oder dort zumindest eine Oma hat, wird dieses Geräusch sein Leben lang nicht vergessen: das Motorengetucker der Neckarfrachter. Es muss nicht gleich ein Haus am Fluss sein: So gut wie jeder Unterländer verbindet mit dem Neckar Heimatgefühle.
Wegen einer Rundfahrt auf dem Sonnendeck eines Ausflugsschiffs. Wegen Radtouren oder Spaziergängen, die auf einer bewirtschafteten Terrasse mit Radler oder Schorle belohnt wurden. Wegen der Kulisse mit Terrassenweinbergen, Burgen, Wäldern, Wiesen und überhaupt: wegen der reizvollen Flora, Fauna und Landschaft − womöglich aber auch wegen negativer Randerscheinungen wie überdimensionale Fabriken, schäumende Abwasserrohre oder gewaltige Hochwasser.
Der Name des Neckars stammt von den Römern
Der Neckar hat viele Gesichter, und er birgt viele Geschichten. Tauchen wir kurz in die Historie des 367 Kilometer langen Flusses ein − und wieder auf, um uns ein Bild von der aktuellen Wiederentdeckung der Lebensader zu machen. Seinen Namen hat er von den Römern. Neckar leitet sich vom lateinischen Niger ab, was so viel wie der Wilde heißt.
Erst durch die Kanalisierung in den 1920er bis 1960er Jahren wurde aus dem teils reißenden Gewässer eine gemächlich dahinfließenden Wasserstraße mit 27 Staustufen. Doch schon lange vorher wurde der Fluss als Transportweg genutzt. In Heilbronn zeugt bis heute der 1821 gebaute Wilhelmskanal davon, im Museum finden sich Relikte wie der Neckaresel, respektive von Treidelbooten, und im Archiv liegt ein Dekret von 1333. Ludwig von Bayern erlaubte es den Bürgern, den "neckher (zu) keren und wenden wohin sie dunket". Er leitete damit den Aufstieg der Stadt zur Mühlen-Hochburg, zur florierenden Handels- und Gewerbemetropole, zum "schwäbischen Liverpool", zum wichtigsten Hafenstandort Württembergs ein.
Heilbronn fällt aus den Top Ten der Binnenhäfen

In der deutschen Binnenhafen-Bundesliga ist Heilbronn zuletzt innerhalb weniger Jahre von Rang 6 auf 13 abgerutscht, vor allem, weil der Umschlag mit Salz und Kohle steht und fällt und diese unter Klimawandel und Energiewende leiden, aber auch weil alle Welt auf Straßen ausweicht − und von umweltfreundlichen Verkehrsmitteln nur spricht. Deshalb wurde auch das hochambitionierte Container-Terminal zum Flop.
Schiffe und Boote verkehren heute auf dem Gewässer indes mehr denn je − zum puren Vergnügen. Vor allem in Lauffen, Heilbronn und am naturnahen Abschnitt nördlich von Jagstfeld, wo der Neckar nach Böttingen badisch und bei Hirschhorn kurz hessisch wird, zeugen sie von der Wiederentdeckung des Flusses als Lebens- und Freizeitraum.
Neckarmeile und Experimenta-Neubau sollen auf die Stadt abfärben

Herzstück der teils grünen, teils urbanen Promenaden sind die Untere und Obere Neckarstraße in Heilbronn. Nach dem Umbau zur Fußgängerzone finden sich auf diesen 500 Metern inzwischen 20 Lokale. Hier herrscht sommers südländisches Flair. Kultur ins Spiel bringen das bereits 1952 angesiedelte Insel-Hotel, das Theaterschiff, eine Wasserbühne sowie die Experimenta im Hagenbucher, die bis 2019 durch einen Neubau ergänzt wird. Von deren spektakulärer Architektur erhoffen sich manche bereits einen Bilbao-Effekt, das heißt eine Strahlkraft, von der die gesamte Stadt profitiert.
Die beiden Science Center werden 2019 das Haupttor zur Bundesgartenschau bilden, wo nicht nur zukunftsweisender Garten-, sondern auch innovativer Städtebau zur Schau gestellt wird: am Fluss, zwischen zwei künstlichen Seen und den renaturierten Ufern des Altneckars. Auch wenn es Naturfreunden nicht weit genug geht: Bei der Erschließung der Ufer werden ökologische Aspekte nicht vergessen. In Lauffen wurde die Zabermündung renaturiert, bei Jagstfeld ein Altarm der Jagst ausgebaggert.
Schon wird beim Regionalverband, in Gemeinden und bei Tagungen über die Vision eines regionalen Neckarparks diskutiert, bei dem sich kleine oder größere Bau-, beziehungsweise Ufersteine aneinanderreihen: wie an einer Perlenkette, wie in einem bunten Mosaik.