Badewelt zieht am Flaggschiff Erding vorbei
Zwei Hotels, Rutschen und Wellenbecken: Exklusiv nennt Investor Josef Wund einige Details des 220-Millionen-Euro-Projekts.

Die Badewelt Sinsheim steht nur dreieinhalb Jahre nach der Eröffnung vor ihrer größten Erweiterung: Investor Josef Wund will die Einrichtung mit Therme, Sauna und Schwimmbad um ein Wellenbad, eine Rutschenlandschaft sowie zwei Hotels vergrößern. Exklusiv in einem Gespräch mit unserer Zeitung nennt er erstmals Details und sagt, dass sein Sinsheimer Haus größer als die Therme Erding werde. In der Wund-Gruppe gilt sie bislang als die Mutter aller Thermen und wird als weltweit größte Einrichtung gehandelt. In wenigen Tagen beginnen in Sinsheim die Vorarbeiten, bis 2019 sollen alle Bereiche eröffnen. In der Stadt ist von einem Investitionsvolumen von 220 Millionen Euro die Rede. Darauf angesprochen, sagt Josef Wund: "Ich dementiere die Zahl nicht."
Hauptattraktion
Der Friedrichshafener Architekt Wund hat mit der Erweiterung unweit der Rhein-Neckar-Arena die Familien als neue Zielgruppe im Auge. Hauptattraktion wird deshalb die Rutschenlandschaft sein, die unter dem Namen Galaxy an den Start geht. "50 Prozent größer, 50 Prozent höher" als das Vorbild in Erding werde das Pendant im Kraichgau. In Bayern gibt es 26 unterschiedliche Rutschen, die in einer Höhe von bis zu 22 Metern starten. Der Gemeinderat Sinsheim gestattet auf dem Erweiterungsgelände Gebäude mit einer Höhe von bis zu 35 Metern.
Ein zusätzliches Wellenbecken entsteht im Kraichgau. Ebenfalls neu: Ein Gebäude erhält die Form einer Lotusblüte, und darin kommt "Ladies only" unter − exklusiv für Frauen. Es soll einen Schönheitsbereich geben, zu dem neben Angeboten mit Kosmetik und Vitaminen auch Physiotherapie gehört, erklärt Wund einige Teile seines Vorhabens. Der bisherige Palmenbereich gehe in eine Vitaltherme über. Das Saunen-Angebot der Badewelt wird deutlich aufgestockt. Vier Saunen sollen sofort kommen, acht in einem weiteren Schritt. Im Frauenbereich sind fünf bis sechs weitere vorgesehen. Bislang gibt es in der Badewelt Sinsheim nur acht.
Teil des Erweiterungspakets sind zwei Hotels. Eines richte sich an Familien, habe in den Zimmern zwischen drei und fünf Betten und komme im Galaxy-Gelände unter, erklärt Josef Wund. Das zweite Gebäude mit einer Wellness-Ausrichtung, das sich zugleich an Geschäftsreisende richtet, entsteht im östlichen Bereich in der Nähe des Stadions. Es solle oberklassig sein, aber keine fünf Sterne haben. Er spricht von vier Sternen.
Der Sinsheimer Gemeinderat hat kürzlich den Bebauungsplan verabschiedet, schon in Kürze beginnen die Vorarbeiten, kündigt der Friedrichshafener Investor an. Die Rutschen sollen Ende 2017 an den Start gehen, gleich danach eröffne das Wellenbad. Bis zum Jahr 2019 soll die Erweiterung abgeschlossen sein, so Wund.
Klar ist: Mit dem Ausbau steigt das Besucheraufkommen im Freizeitbad. Im Moment kommen 750 000 Gäste pro Jahr in die Badewelt. "Mehr geht nicht", sieht Josef Wund derzeit Grenzen. Mit der Erweiterung werde die Einrichtung an der Therme Erding vorbeiziehen, wo im laufenden Jahr bis zu 1,75 Millionen Besucher erwartet werden. Die Badewelt werde "knapp über Erding" liegen, sagt Josef Wund und erklärt: "Sinsheim hat das bessere Einzugsgebiet." Dementsprechend dimensioniert ist auch das Familienhotel: "Es wird viel größer als das in Erding." Das Hotel Victory, das dort direkt an das Wellenbecken gebaut ist, hat 128 Zimmer und 405 Betten.
Positive Resonanz
Im Sinsheimer Rathaus stoßen die Ausbaupläne auf positive Resonanz. Der Stadt kommt der Besuchermagnet an der A 6 zugute. "Wir profitieren jetzt schon von der Badewelt", schwärmt Sinsheims Oberbürgermeister Jörg Albrecht. In den vergangenen Jahren seien die Übernachtungszahlen deutlich gestiegen, Hoteliers und Gastronomen spürten Zuwächse, sagt Albrecht, der diese Entwicklung vor allem auf die Badewelt zurückführt. "Sogar kleine Übernachtungsbetriebe in den Stadtteilen sind ausgebucht." Auch örtliche Handwerker würden von der Bade- und Saunenlandschaft beauftragt, weiß der Rathauschef. Die Zeit, bis die neuen Attraktionen eröffnen, will Sinsheim nutzen, um übers Marketing nachzudenken. Oberbürgermeister Albrecht sieht seine Wirtschaftsförderung in der Pflicht zu überlegen, wie die Stadt einen weiteren Nutzen von den zusätzlichen Besuchern haben kann. Auch über eine Fahrt nach Erding denke man nach, sagt der OB.
Das Vorbild in Oberbayern
Hotels, Gastronomie und Einzelhandel: Die Stadt bei München profitiert von der Wund-Therme

Läuft in der Badewelt Sinsheim alles nach Plan, kann die Stadt einen riesigen Besucherschub erwarten. Und dann? Dass Kommunen davon profitieren können, wenn Josef Wund investiert, belegt seit Jahren das bayerische Erding. Dort eröffnete der Friedrichshafener Architekt im Jahr 1999 seine Therme Erding. In seinem Bäderkonzern gilt sie als Mutter aller weiteren Einrichtungen.
Ansturm Wer Erding besucht, der ahnt, was auf Sinsheim zukommt. Jede zusätzliche Attraktion im Freizeitbad brachte mehr Gäste. Noch im Jahr 2006 waren in der Therme 840 000 Besucher, erinnert sich Geschäftsleiter Uwe Barth. Die Rutschenlandschaft Galaxy ging 2007 in Betrieb. 2014 folgten noch ein Hotel und ein Wellenbad, im laufenden Jahr rechnet Barth mit bis zu 1,75 Millionen Besuchern. An Spitzentagen steuern bis zu 11 000 Personen die Einrichtung an. Dabei sind es nicht einmal nur die Gäste, die sogar aus Österreich einen Ausflug nach Erding machen. Auch Urlauber auf der Durchreise schauten vorbei. Der August sei der betriebsstärkste Monat, sagt Barth.
Das Plus in der Therme schlägt sich bei den Tourismuszahlen nieder. Zwischen 2011 und 2015 stieg in der Stadt die Anzahl der Übernachtungen von fast 330 000 auf über 440 000. Erdings Oberbürgermeister Max Gotz führt diese Entwicklung aber nicht allein auf das Freizeitbad zurück. In der Stadt sitzt Erdinger Weißbräu. Der Flughafen der bayerischen Landeshauptstadt befindet sich nur wenige Fahrminuten entfernt. München ist über die Autobahn gut zu erreichen. Trotzdem: Durch die Therme sei die Stadt bekannter geworden. Allein das ist ein Gewinn, doch für den OB kommt ein weiterer Pluspunkt hinzu: Die Menschen verbänden mit dem Begriff Therme Freizeit, Entspannung und Ausgleich. "Das gibt der Stadt einen wohltuenden Klang", sagt Max Gotz. Von den Touristen profitieren viele. Bäcker liefern den Hotels Brötchen, von den Metzgern kommt die Wurst. "Wir haben eine überdurchschnittlich starke Gastronomie." Auch den Einzelhändlern tun Hunderttausende Gäste gut. An einem Sommernachmittag verweist Max Gotz auf die sehr gut belebte Innenstadt, obwohl doch nichts Besonderes geboten werde. Kurzurlauber kauften in den Geschäften ein.
Stadtbusse steuern die Therme an, Hotels chauffieren ihre Kunden zum Freizeitbad. Trotzdem bleibt das Autoaufkommen in der Stadt und der Region ein Problem. Max Gotz kennt die Kritik aus umliegenden Gemeinden, dass viele Thermen-Besucher dort Ortsdurchfahrten blockierten. Gern verweist der OB, der seit 1996 Kreisrat des Landkreises ist, dann darauf, dass das Wund-Haus bis in die Region hineinstrahle: Die Besucher übernachten sogar am Rand des Landkreises.
Zusammenarbeit Familien in Flip-Flops beim Frühstück neben Bankern im Anzug: In Hotels sei das kein ungewöhnliches Bild, sagt Christian Wolf, der das Best Western leitet und stellvertretender Vorsitzender des Vereins Tourismusregion Erding ist. "Das ergänzt sich ganz gut." Von allein spielt die Therme den Gastronomen und Hoteliers die Gäste aber nicht zu, es kommt auf die Zusammenarbeit an und darauf, auf sich aufmerksam zu machen. "Man muss schon präsent sein." In Sinsheim will Wund zwei Hotels bauen. Dies müsse nicht das Ende der örtlichen Häuser bedeuten. Ähnliche Ängste hatte es in Erding gegeben, als das Hotel Victory direkt am Wellenbad eröffnete, erinnert sich Christian Wolf. "Das hat sich nicht bewahrheitet." Das Gegenteil sei der Fall: "Es können alle eine Schippe drauflegen." Mittlerweile sei das ein erklärtes Ziel in der Region: "Unser Bestreben muss sein, die Therme als Magnet zu benutzen und den Gast in die Region zu bringen." Erfahrungen damit gibt es derzeit aber noch nicht. "Das fängt jetzt erst an."
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