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Heilbronn
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Ausverkauf einer Institution

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Wer mit älteren Heilbronnerinnen und Heilbronnern über Einzelhandel redet, hört noch immer den Namen Beilharz. In der Nennung schwingt viel mit: Die Sehnsucht nach dem Früher-war-alles-besser, der Wunsch nach vertrauten Läden und persönlich bekanntem Verkaufspersonal.

Von unsere Redakteurin Bärbel Kistner
Im Mai 2007 wurden die Beilharz-Gebäude abgerissen. Der neue Einkaufskomplex auf dem Klosterhof-Areal öffnete im März 2009.Foto: Andreas Veigel
Im Mai 2007 wurden die Beilharz-Gebäude abgerissen. Der neue Einkaufskomplex auf dem Klosterhof-Areal öffnete im März 2009.Foto: Andreas Veigel

Am 25. Januar 2000 war letzter Verkaufstag. Rund 90 Jahre lang glich der Beilharz davor einer Institution, viele der zuletzt 70 Mitarbeiter waren Jahrzehnte in dem Kaufhaus beschäftigt. Die Schließung vor 15 Jahren hat auch sie hart getroffen. Wie aus einer großen Familie verstoßen zu werden, so empfand es damals die Verkäuferin und Betriebsratsvorsitzende Edelgard Stolz. 38 Jahre hatte sie der Beilharz-Belegschaft angehört.

Modernisierung

Bis 25. Januar 2000 dauerte der Ausverkauf bei Beilharz (links) − den sich 1975 (oben) noch niemand vorstellen konnte..Fotos: Archiv, Scheffler
Bis 25. Januar 2000 dauerte der Ausverkauf bei Beilharz (links) − den sich 1975 (oben) noch niemand vorstellen konnte..Fotos: Archiv, Scheffler
Das Ende war bereits im Mai 1999 verkündet worden, auch neue Führungskräfte konnten sie nicht verhindern. In den 90er Jahren hatte Inhaber Jürgen Marschner noch Millionen in die Modernisierung gesteckt. Ohne Erfolg. 1997 erst war ein großzügiger Anbau mit knapp 200 Quadratmetern Verkaufsfläche für Herrenkonfektion eröffnet worden.

Doch die Umwandlung der Kaiserstraße in eine Fußgängerzone Mitte der 90er Jahre hatte sich bei Beilharz offenbar negativ bemerkbar gemacht. Der damalige Geschäftsführer beklagte ein Drittel weniger Kunden und entsprechend weniger Umsatz. Aus der Kaiserstraße war eine B-Lage geworden.

Das Aus von Beilharz stand aber auch im Zusammenhang mit einem gewaltigen Umstrukturierungsprozess im Einzelhandel, der vor Heilbronn nicht Halt machte. In jenen Jahren verschwanden viele Namen aus der Stadt, vor allem aus dem Textil- und Bekleidungsbereich: Zimmermann, Haux, Holder, Hut Mayer oder Bergdoll, weitere Fachgeschäfte folgten. Die Expansion auf der Grünen Wiese nahm Fahrt auf, Flächen wurden größer, für so manchen Kunden war die Innenstadt nicht mehr erste Adresse. Dort drängten immer mehr Filialisten mit modernen Ladenkonzepten in die besten Lagen. Die jüngere Kundschaft rückte in den Fokus − für die Beilharz zunehmend altmodisch daherkam. Nostalgie verkaufte sich damals nicht.

Trostlos

Nach der Schließung folgten traurige Jahre, dieses Kapitel des Heilbronner Einzelhandels war unwiderruflich beendet. Für die insgesamt 5000 Quadratmeter fanden sich keine Nachmieter mit qualitativ hochwertigem Angebot. In der Kaiserstraße verkaufte ein Schuhdiscounter aus Kartons, in der Kilianstraße wechselten sich Schnäppchenmärkte und Leerstand ab.

Das Areal bot einen immer trostloseren Anblick, Das Gerangel um die Klosterhof-Zukunft war Dauerthema in Heilbronn. Die 80 Eigentümer der Immobile verhinderten eine große Lösung, auch Breuninger blieb ein Wunschtraum. Erst als Haupteigentümer Marschner 2005 überraschend starb, wurde der Weg frei für den heutigen Klosterhof-Einkaufskomplex. Ein Beilharz ist dort nicht zurückgekehrt.

 


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