Beilstein
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Weitere Klagen gegen Spätregen-Mission

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Die Deutsche Spätregen-Mission steht weiter unter Druck. Der Glaubensgemeinschaft mit Sitz in Beilstein drohen Nachzahlungen zur Deutschen Rentenversicherung in Millionenhöhe.

Von Reto Bosch
Im Beilsteiner Glaubenshaus Libanon leben rund 100 Mitglieder der Spätregen-Mission. Zu den Gottesdiensten kommen aber auch Anhänger, die nicht in der Anlage wohnen. In Deutschland gibt es drei weitere Häuser. Foto: Archiv/Sawatzki
Im Beilsteiner Glaubenshaus Libanon leben rund 100 Mitglieder der Spätregen-Mission. Zu den Gottesdiensten kommen aber auch Anhänger, die nicht in der Anlage wohnen. In Deutschland gibt es drei weitere Häuser. Foto: Archiv/Sawatzki

Derzeit laufen mehrere Klagen, eine weitere Verhandlung steht bevor. Zudem kommt die Mission nach Stimme-Informationen bei geistlichen Reformen nicht voran.

Hinter die Kulissen der strenggläubigen Gemeinschaft zu blicken, ist sehr schwierig. Kommunikation mit der Presse führt sie ausschließlich über Anwälte. Verschiedene Gespräche ergeben aber das Bild einer angeschlagenen, ums Überleben kämpfenden Kommunität, die kaum Kraft aufbringt für geistliche Reformen.

Im Oktober 2015 hatte der Missionsvorstand die Mitglieder um Spenden gebeten − und suggeriert, dass es Gottes Wille sei, dass sie die Geldbeutel öffnen. So groß war die finanzielle Not.

Mit Spendengeldern die größten Löcher gestopft

Die erhofften Spenden gingen ein, die größten Löcher wurden gestopft. Nur: Dies wird alles nichts helfen, wenn die Deutsche Spätregen-Mission die zahlreichen Forderungen der deutschen Rentenversicherung (DRV) bedienen muss. Bislang war immer von rund zwei Dutzend Fällen die Rede. Nach Informationen der Heilbronner Stimme hat sich diese Zahl deutlich erhöht − was die Mission abstreitet. "Derzeit wird versucht, eine umfassende Lösung der Nachversicherungsproblematik mit der Rentenversicherung zu erarbeiten", erklärt Missions-Anwalt Dr. Caspar Köstler.

Vor etwa einem Jahr hatte die Glaubensgemeinschaft in der zweiten Instanz einen Prozess gegen die DRV gewonnen − weil die Forderungen verjährt waren. Allerdings liegt jeder Einzelfall anders. Der Heilbronner Rechtsanwalt Manfred Kerdels rechnet mit jahrelangen gerichtlichen Auseinandersetzungen. Er vertritt ausgeschiedene Mitglieder, die nun ohne Rentenansprüche dastehen. Die jeweiligen Missionsvorstände hatten sie deshalb nicht versichert, weil sie angeblich lebenslang in der Gemeinschaft versorgt würden.

Kerdels sagte der Stimme, dass seinem Eindruck nach die DRV unbeirrt zur Nachversicherung auffordere. In mehreren Verfahren sei das Klagestadium erreicht, in einem Fall erwarte er in den kommenden Wochen oder Monaten eine Entscheidung vor dem Sozialgericht Heilbronn. Die Rentenversicherung macht aus Datenschutzgründen keine Angaben.

Hausverkauf gegen drohende Pleite? 

Eine Insolvenzgefahr sieht die Spätregen-Mission nicht. Das sagt sie zumindest öffentlich. Intern sind die Sorgen gut informierten Beobachtern zufolge aber groß. Versuche, Gebäude des Glaubenshauses in Porta Westfalica zu räumen und zu verkaufen, werden als der Versuch gewertet, Kapital vor einer eventuell drohenden Pleite zu retten. Mit Blick auf Porta Westfalica bestätigt Caspar Köstler lediglich, dass es "Überlegungen in alle Richtungen gibt". Das Gebäude müsse aus brandschutzrechtlichen Gründen geräumt werden. Insgesamt sei die aktuelle finanzielle Situation der Glaubensgemeinschaft "hinreichend", der langfristige Betrieb sei gesichert.

Die strenggläubige, an alten Ritualen festhaltende Spätregenmission hatte immer wieder beteuert, sich erneuern, sich öffnen zu wollen. Das ist bislang im Wesentlichen nicht gelungen. "Eine Stagnation ist da. Im geistlichen Sinn kann ich keinen Neubeginn erkennen", sagt Annete Kick, Weltanschauungsbeauftragte der Evangelischen Landeskirche, der Stimme. Noch immer manipuliert und diszipliniert die Mission nach Informationen dieser Zeitung ihre Mitglieder zuweilen mit angeblich göttlichen Prophezeihungen, macht sie so gefügig.

Anzeige wegen falscher Verdächtigung

Keine Annäherung gibt es beispielsweise auch zwischen Mission und einem im Beilsteiner Glaubenshaus sexuell missbrauchten Mitglied. Der Mann hat einen Vorstand wegen falscher Verdächtigung angezeigt, was die Staatsanwaltschaft Heilbronn bestätigt. Vorwurf: Er sei wider besseren Wissens angeschwärzt worden, um ihn dazu zu bewegen, möglichst schnell aus dem Haus in Porta Westfalica auszuziehen.

Das weist Caspar Köstler zurück. Die Polizei sei informiert worden, weil der Mann von einem Amoklauf und einer großkalibrigen Waffe gesprochen habe. Der Glaubenshaus-Bewohner allerdings hält dies nur für einen Vorwand. 

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