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Ohne Regung sieht Angeklagter Bilder vom Tatort an (07.04.2010)

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Heilbronn/Wüstenrot - Es war kein Prozesstag für schwache Nerven. Als die Fotos vom blutverschmierten Tatort auf einem Flachbildschirm im Gerichtssaal erscheinen, sieht der Angeklagte Matthias F. ohne große Regung hin.



Heilbronn/Wüstenrot - Es war kein Prozesstag für schwache Nerven. Als die Fotos vom blutverschmierten Tatort auf einem Flachbildschirm im Gerichtssaal erscheinen, sieht der Angeklagte Matthias F. (49) ohne große Regung hin. Dort, im Schlafzimmer einer Ferienwohnung in Wüstenrot-Neulautern, soll er die 69-jährige Rentnerin Britta Bornemann auf brutale Weise umgebracht haben.

Aufmerksam hört der Nachbar des Opfers zu, als der Leiter der Spurensicherung die Fotos vor dem Heilbronner Landgericht erläutert. Zu sehen sind Blutlachen auf dem Fußboden, Blutspuren am Schrank, auf Teppichläufern, am Nachttisch, am Waschbecken, an den Wänden, sogar an der Decke. "Um Gottes Willen", entfährt es einer Zuhörerin, als sie ein Bild vom blutdurchtränkten Kopfkissen sieht. "Es gab also fast keine Areale in dem Zimmer, in denen es keine Blutspuren gab", fasst Vorsitzender Richter Norbert Winkelmann sachlich zusammen.

Schnitte

Der Balkon des Opfers (unten) in Wüstenrot-Neulautern: Mit einer Leiter will der Angeklagte hochgeklettert und in die Wohnung eingedrungen sein.Foto: Archiv/Dirks
Der Balkon des Opfers (unten) in Wüstenrot-Neulautern: Mit einer Leiter will der Angeklagte hochgeklettert und in die Wohnung eingedrungen sein.Foto: Archiv/Dirks
Das, was der Angeklagte mit seiner Nachbarin getan haben soll, übersteigt die menschliche Vorstellungskraft. Nach massiven Schlägen mit einem Axtstiel soll er das mutmaßlich schon tote Opfer an jenem Augustabend 2009 entkleidet und verstümmelt haben. Von Schnitten "quer und längs" am Oberkörper war gestern die Rede, von einem Schnitt über den Schambereich bis ins Gesäß. Sperma- oder DNA-Spuren von F. fanden die Ermittler nicht an der Leiche. Staatsanwalt Harald Lustig schließt einen sexuellen Hintergrund beim Angeklagten dennoch nicht aus. Der leicht stotternde Gabelstaplerfahrer hatte noch nie in seinem Leben eine Freundin.

Dass er der Täter ist, bestreitet auch Anwältin Anke Stiefel-Bechdolf nicht. "Glasklar" nennt sie die Beweise. Die Ermittler fanden ein Elektro-Küchenmesser in F.s Wohnung − mit Blutspuren des Opfers. Auf einer Latzhose in seiner Wohnung waren ebenfalls Blutreste der Rentnerin. Aus ihrem Besitz sollen zudem 3000 Euro stammen, die er in zwei Plastiktüten aufbewahrte.

Das Motiv der Tat bleibt jedoch auch am dritten Prozesstag unklar. "Das ist das Messer gewesen?", fragt der Richter, als er dem Angeklagten die Tatwaffe zeigt. Matthias F. nickt kurz und schweigt.

Schlüssel

Wie er in die Wohnung der bereits schlafenden Rentnerin kam? Von seinem Balkon will er gesehen haben, dass die Balkontür der Nachbarin aufstand. Mit einer Leiter ist F. nach eigener Aussage hochgeklettert. Denkbar ist aber auch eine andere Variante. Im vermoderten Laub der Dachrinne über seinem Balkon fanden Ermittler mehrere Schlüssel − zwei passten zur Wohnungstür von Britta Bornemann.

Für Verteidigerin Anke Stiefel-Bechdolf ist die Kernfrage, ob ihr Mandant schuldfähig ist. Es geht darum, ob er nach einem Urteil ins Gefängnis oder in die geschlossene Psychiatrie kommt.

 

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