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Prozess-Beginn: Angeklagter gesteht (16.03.2010)

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Wüstenrot/Heilbronn - Vor dem Landgericht Heilbronn hat am Montag der Mord-Prozess gegen den 49-jährigen Matthias F. begonnen. Er soll seine Nachbarin in Wüstenrot-Neulautern ermordet haben.

Von Nicole Amolsch und Helmut Buchholz


Neulautern/Heilbronn -  Stille. Lange Stille. Dann nickt Matthias F. leicht mit dem Kopf und sagt: "Ja. Aber ich wollte es nicht." Damit gab der 49-Jährige gestern vor dem Heilbronner Landgericht zu, im August vergangenen Jahres seine 69-jährige Nachbarin Britta Bornemann in ihrer Ferienwohnung in Wüstenrot-Neulautern ermordet zu haben.

Es war der spannendste Moment am ersten Prozesstag, als der Vorsitzende Richter Norbert Winkelmann fragte: "Bestätigen Sie, dass Sie Frau Bornemann umgebracht haben?" Zuvor hatte die Verteidigerin erklärt, ihr Mandat sehe sich außer Stande, die Umstände des Todes von Britta Bornemann noch einmal zu beschreiben. "Er bestreitet die Täterschaft aber selbstverständlich nicht", ließ Anke Stiefel-Bechdolf wissen. Ihr Mandant muss sich wegen Mordes vor der 3. Schwurgerichtskammer verantworten.

Grausam

Die Ellenbogen auf den Tisch gestützt, die Hände vor dem Gesicht gefaltet, der Blick starr − stoisch hört der Angeklagte, wie Staatsanwalt Harald Lustig die ungewöhnlich ausführliche Anklageschrift verliest. Dabei wird deutlich, wie grausam die Tat am 16. August 2009 tatsächlich war. An diesem Tag soll Matthias F. − wie einige Male zuvor − in die Ferienwohnung von Britta Bornemann eingestiegen sein. Er soll gewusst haben, dass die alleinstehende Rentnerin da ist.

Als diese aufwachte, ihn bemerkte und zu schreien anfing, schlug er laut Anklage mit einem mitgebrachten Axtstiel mehrfach brutal auf sie ein und fügte ihr massive Verletzungen zu. Dann soll er sich an die Hausschlachtungen bei seinem Schwager erinnert und das Opfer mit einem Elektromesser aufgeschnitten und verstümmelt haben. Nach der Tat habe Matthias F. 3000 Euro und einige Gegenstände wie einen Kerzenständer mitgenommen. Am darauffolgenden Tag soll er in der Wohnung der Getöteten Spuren beseitigt haben. "Aufgrund der objektiven Befunde und der Ermittlungsergebnisse kann ein sexuelles Motiv nicht ausgeschlossen werden", erklärt Staatsanwalt Harald Lustig am Rande der Verhandlung.


Da der Angeklagte zur Tat vor Gericht keine Angaben macht, hangeln sich die Richter an den polizeilichen Aussagen entlang. Der Hauptvernehmungsbeamte von der Kripo Heilbronn beschreibt, wie Matthias F. zunächst als Zeuge befragt wurde, dann behauptete, Britta Bornemann zwar gefunden, aber nicht getötet zu haben, bis er erstmals zugab: "Es kann möglich sein, dass ich es war." Bei den Vernehmungen sei Matthias F. auffallend emotionslos gewesen und habe keine Reue gezeigt. Dass die Situation so eskalierte, das habe Frau Bornemann zu verantworten, zitiert der Beamte den Angeklagten. Weshalb Matthias F. sein Opfer verstümmelt hat? Eine Stimme habe ihm befohlen, zu tun, was er noch nie zuvor getan hat, und zu sehen, was er noch nie zuvor gesehen hat, sagte er bei der Polizei.

Matthias F. ist in Stuttgart geboren, hat einen Hauptschulsabschluss und eine Ausbildung als Holzmechaniker. Sich im Detail verlierend erzählt er von seinem Leben. Zentrales Thema: die Arbeit. Freunde habe er keine gehabt, nie eine Beziehung und auch keine sexuellen Kontakte. Britta Bornemann war die erste Frau, die er nackt gesehen hat, als sie blutüberströmt vor ihm lag, heißt es in der Anklageschrift. Treffen mit seinen drei Geschwistern und den Eltern beschränkten sich auf Feiertage und Geburtstage − seinen eigenen feierte er nie.

Streng geregelt war sein Tagesablauf, der stets mit vier Flaschen Bier, einem Schnaps und einem Rum am Abend endete. "Putzen war nicht meine Sache", gibt er zu. Entsprechend sah nach Angaben des Polizeibeamten die Wohnung aus. Die Waschmaschine war seit Jahren defekt, ebenso die Toilettenspülung. Nachdem der Fernseher nicht mehr funktionierte, hörte er nur Radio.

Fortsetzung

Zum Prozess sind 32 Zeugen und drei Sachverständige geladen. Weiter geht es am kommenden Montag. Der Bruder der Getöteten kann nicht aussagen. Er hatte einen Schlaganfall. Zehn Tage nach der Ermordung fand er die Leiche seiner Schwester. Bizarr: Matthias F. hatte ihm geholfen, in deren Ferienwohnung zu kommen. In einem Brief an das Gericht erklärte der Bruder von Britta Bornemann, es sei immer noch ein Alptraum für ihn, dass der Mörder ihm die Tür geöffnet hat. 

 


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