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Meilenstein auf dem Weg zur neuen Neckartalbrücke

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Nicht einmal eine Klage kann den Neubau des 1,3 Kilometer langen A6-Neckartalübergangs zwischen Heilbronn und Neckarsulm jetzt noch stoppen.

Von unserem Redakteur Christian Gleichauf
So soll der neue Neckartalübergang aussehen. Die Hauptbrücke besteht aus einem Stahltrog mit wellenartigen Stegen und Spannweiten von rund 100 Metern. Visualisierung: Leonhardt, Andrä und Partner
So soll der neue Neckartalübergang aussehen. Die Hauptbrücke besteht aus einem Stahltrog mit wellenartigen Stegen und Spannweiten von rund 100 Metern. Visualisierung: Leonhardt, Andrä und Partner

Die Planfeststellung ist am Donnerstag bei Trägern öffentlicher Belange eingegangen und liegt der Heilbronner Stimme vor. 

Gleichzeitig geht es auch im Ausschreibungsverfahren für das ÖPP-Projekt, den Ausbau der A6 zwischen dem Weinsberger Kreuz und der Anschlussstelle Wiesloch/Rauenberg, in die nächste Runde. Die Gesamtkosten liegen hier bei mehr als einer Milliarde Euro.

Kaum Einwendungen

"Völlig unspektakulär", also nahezu untypisch verlief laut Robert Hamm, Sprecher des Regierungspräsidiums (RP) Stuttgart, das Verfahren für den Ersatzneubau des Neckartalübergangs bislang. Nur sechs private Einwendungen gab es, teilweise offenbar von Grundstücksbesitzern, die ihr Land nicht abgeben wollen. Die meisten Flächen befinden sich zwar bereits im Besitz des Bundes.

Um für die in Anspruch genommenen Flächen aber einen Ausgleich zu schaffen, sind weitere 500 Quadratmeter notwendig, wie das RP erklärt. Die Straßenbauverwaltung ist zuversichtlich, den Grunderwerb einvernehmlich regeln zu können. "Sollte dies nicht funktionieren, wäre dies gegebenenfalls in einem Enteignungs- und Entschädigungsverfahren zu klären", teilt das RP auf Nachfrage mit.

Keine Alternative

Im Beschluss wird ausführlich erläutert, welche Überlegungen eine Rolle spielten. Insbesondere sei die gewählte Variante nicht nur sachlich gerechtfertigt, sondern auch ohne Alternative. Der Status quo würde den Zielen "in keiner Weise gerecht", heißt es da. Ein etappenweiser Neubau komme nicht in Betracht, weil dies "mehrjährige Vollsperrungen" zur Folge hätte.

Nun wird also ein durchgängiges Brückenbauwerk nördlich vom bisherigen Übergang geschaffen, auf das nach Fertigstellung der gesamte Verkehr umgeleitet wird. Nach Abriss der bestehenden Brücke wird der zweite Teil erstellt, anschließend der erste Teil an die endgültige Position geschoben. Danach steht für jede Fahrtrichtung eine eigene Brücke zur Verfügung. Mit 165 Millionen Euro werden die Kosten dafür bislang beziffert.

Verbesserungen

Obwohl "unspektakulär", so wurden im Erörterungsverfahren doch zahlreiche Einwendungen berücksichtigt. Neben dem verbesserten (und vom Landkreis mitbezahlten) Lärmschutz für die Christian-Schmidt-Schule beispielsweise auch bei der Entwässerungsplanung oder beim Landschaftspflegerischen Begleitplan.

Keine Zugeständnisse gab es in Bezug auf die Höhe der Lärmschutzwand. Naturschutzverbände hatten hier empfohlen, fünf statt vier Meter hoch zu bauen, "um einen Teil der Nackaraue nördlich der A 6 naturschutzfachlich weiter zu entwickeln". Dort soll künftig ein Naturschutzgebiet entstehen. Das RP erklärte dazu: Inwiefern das Gebiet zukünftig zu einem Naturschutzgebiet entwickelt werden soll, sei nicht im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens zu entscheiden.

Sprengung

Im Planfeststellungsbeschluss steht auch: "Die bauzeitlichen, vorübergehenden Beeinträchtigungen sind unvermeidbar und kaum minimierbar." Insbesondere bei der Sprengung und dem Abbruch der vorhandenen Brücke komme es auch zu starken Erschütterungen im unmittelbaren Baufeld.

Lob für die schnelle Arbeit des RP gab es von Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne). Der konnte sich einen Seitenhieb nicht verkneifen: "Auch wenn der jetzt vom Bund gewählte ÖPP-Weg unnötig Zeit kostet, tut die Landesverwaltung alles, um das Projekt voranzubringen." Wäre der Bund dem Vorschlag gefolgt, das Vorhaben auf bewährte Art mit Haushaltsmitteln zu finanzieren, "hätte man sich die Suchschleife für ein privates Konsortium sparen können".

Hintergrund

Sollten bis zum 13. August keine Klagen eingereicht werden (wovon das Regierungspräsidium ausgeht), wird der Beschluss bestandskräftig. Unabhängig davon könnte mit dem Bau theoretisch sofort begonnen werden, da Anfechtungsklagen gegen diesen Beschluss keine aufschiebende Wirkung haben. Tatsächlich kann der Bau erst beginnen, wenn das Vergabeverfahren an einen Konzessionär im Rahmen der Öffentlich-Privaten Partnerschaft (ÖPP) erfolgreich beendet wurde.

Bereits vorab müssen beispielsweise Sondierungen durch das Landesamt für Denkmalpflege erfolgen. In dem Bereich gibt es Überreste von Siedlungen, die gegebenenfalls ausgegraben und dokumentiert werden müssen. Gleichzeitig mit dem Baubeginn an der Brücke werden auf Gemarkung Offenau Biotope und andere naturschutzrechtliche Maßnahmen gestartet. 

 

Kommentar "Restrisiko"

Die Perspektive verändert in der Regel vieles, auch und gerade im Straßenbau. Von einer Umgehungsstraße kann unter Umständen die Zukunft eines halben Ortes abhängen. Auf der Priorisierungsliste von Bund und Land erscheint sie trotzdem unter "ferner liefen". Das ist bei der A 6 anders. Die Region weiß natürlich, wie wichtig ihre Ost-West-Achse ist. Doch in diesem Fall wird mit wachsendem Abstand auch die Bedeutung der A6 für die ganze Republik, für Europa offenbar.

Trotz aller Scharmützel zwischen dem grünen Verkehrsminister Hermann in Stuttgart und seinem weiß-blauen Widersacher Dobrindt (CSU) in Berlin - dieses Projekt taugt nicht zum Spielball politischer Interessen. Hoch anzurechnen ist dennoch, dass alle Beteiligten bislang an einem Strang ziehen. Hermanns Anmerkung, es hätte auch schneller gehen können, ist deshalb schnell vergessen - wenn der Zeitplan bis zur Bundesgartenschau in Heilbronn 2019 eingehalten wird.

Doch wehe wenn nicht. Vertragsstrafen stellen für einen ÖPP-Konzessionär keine wirksame Drohkulisse dar, sollte es mit dem ersten Teilneubau bis 2019 nichts werden. In Stuttgart ist man zuversichtlich, dass das Konsortium, das im nächsten Jahr den Zuschlag erhalten wird, trotzdem keine Zeit verliert. Das "Eigeninteresse", mit der ausgebauten A 6 möglichst bald Geld zu verdienen, sei ein großer Anreiz für die planmäßige Fertigstellung. Man kann nur hoffen, dass diese Annahme richtig ist. Für einen Betreiber sind drei Monate Verzug mitten im Bauablauf eine kurze Zeit. Für Heilbronn ist es die halbe Buga.

Ihre Meinung? Mail an christian.gleichauf@stimme.de

 

 

 

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