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Brackenheim
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Kein Papi zum Knuddeln

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Marita Malicke erinnert sich gern an ihren Vater Heinz Erhardt.

Von unserem Redakteur Thomas Dorn

Die Schwaben hat sie schnell ins Herz geschlossen. "Man kommt mit den Leuten leicht ins Gespräch", hat Marita Malicke festgestellt, als sie vor zwei Jahren nach Brackenheim gezogen ist, in die Nähe ihrer jüngsten Tochter Nina und der drei Enkelkinder, die in Dürrenzimmern leben. Dass sie am Ort schon viele Bekannte hat, liegt einerseits an ihrem offenen Wesen, aber vor allem an Vicky und Ilvy. "Viele kennen mich als die Frau mit den beiden Mopshunden", sagt die 70-Jährige schmunzelnd. Was die meisten ihrer Mitbürger aber nicht wissen: Marita Malicke hat einen berühmten Vater. Sie ist die Tochter von Heinz Erhardt.

Hamburg

Der in Deutschland sehr beliebte Schauspieler und Komiker ist 1979, mit 70 Jahren, gestorben. Marita Malicke, jüngstes seiner vier Kinder, erinnert sich gerne an den "Papi", an das gemeinsame Leben im Haus in Hamburg-Wellingsbüttel. "Wir waren immer stolz auf unseren Vater", sagt sie. Auch wenn Heinz Erhardt zu Hause anders war als in manchen seiner Filme. "Er hat uns geliebt, aber er war nie der Vater zum Knuddeln", sagt die Tochter.

"Ziemlich großen Respekt" hatten die Kinder vor ihm, waren eher leise, wenn sich der Vater, wie so oft, im Arbeitszimmer verkroch. "Sein Humor kam nicht von ungefähr, das war Schwerstarbeit", weiß Marita Malicke. Umso schöner, wenn er zu Tischtennis und Federball in den Garten kam. Oder wenn er sich ans Klavier setzte. "Das war für uns Kinder toll. Da saßen wir wie die Hühner auf der Leiter, haben zugehört."

Tourneen

Heinz Erhardt hat viel gearbeitet. "Er hatte immer Angst, dass er vergessen wird. Er ist auch mit 40 Fieber auf die Bühne", sagt seine Tochter. Und er war viel unterwegs. Bunte Abende mit Künstlerkollegen wie Bully Buhlan oder Lale Andersen, Theatertourneen, Dreharbeiten für Filme. Ehefrau Gilda - Managerin, Zahlmeisterin und Garderobiere in einem - hat ihn stets begleitet. Sie war sein Halt. "Ohne unsere Mutter wäre es nicht gegangen, mein Vater brauchte sie", weiß Marita Malicke. Sie spricht von einer "Bilderbuchehe". Indes: Um die Kinder kümmerte sich Großmutter Olga, die alle "Babu" nannten und die "eigentlich immer" fest zur Familie gehörte. Dass sie es "nicht so mit der Ordnung hatte wie unsere Mutter", war den Kindern nur recht.

Beziehung

In den Sommerferien hat Heinz Erhardt die Kinder oft zu Bädertourneen mitgenommen. So hat Marita Malicke die junge Cornelia Froboess kennengelernt, ist "mit ihr groß geworden". Die Verbindung hält bis heute. Auch zu ihren Geschwistern Grit (78), Verena (75) und Gero (72), die alle in Hamburg leben, hat sie eine enge Beziehung. "Wir sind alle familienbezogen", sagt die Brackenheimerin, die selbst vier Kinder und acht Enkel hat.

"Ich war immer der Clown in der Familie", erzählt Marita Malicke lachend. Kurze Zeit dachte sie daran, selbst Schauspielerin zu werden, doch das redete ihr der Vater aus: "Er wollte mich schützen." Und so wurde die junge Marita, die immer Tiere liebte, erst mal Hundefriseuse. "Ich hab" Pudel geschoren, Terrier getrimmt." Später unterstützte sie ihren inzwischen verstorbenen Mann Heinz Malicke, einen Frauenarzt. 32 Jahre arbeitete sie in der gynäkologischen Praxis in Siegen mit. Und mit ihm teilte die passionierte Autofahrerin auch ein, neben den Hunden, eher ungewöhnliches Hobby: Off-Road-Geschicklichkeitsfahren - Touren über Stock und Stein.

Nichtschwimmer

Marita Malicke erinnert sich an 1972, als ihr Vater einen Schlaganfall erlitt, nicht mehr sprechen und arbeiten konnte. Für ihn, den Mann des Wortes, der so viele lustige und geistreiche Verse geschmiedet hatte, war das "ganz schlimm". Seine Filme kennt sie alle. "Drillinge an Bord" ist für sie einer der schönsten. "Bei den Dreharbeiten ist mein Vater allerdings fast ertrunken", weiß sie. Erhardt war Nichtschwimmer. Umso skurriler, dass er im Zweiten Weltkrieg zur Marine kam - als Klavierspieler unterhielt er die Soldaten.

In den Kriegstagen hat Heinz Erhardt "jedem Kind einen ganz entzückenden Brief geschrieben", auch an Marita, die damals noch ein Baby war. Für sie ist dieser Brief bis heute ein besonderer Schatz. "Ein Liebesbeweis", sagt sie.

Vielseitiger Künstler

Heinz Erhardt stammt aus dem Baltikum, wird 1909 in Riga geboren. Mit Gilda Zanetti, die er 1935 heiratet, hat er vier Kinder. Nach einer Ausbildung am Leipziger Konservatorium tritt er früh mit eigenen Liedern auf. Nach dem Zweiten Weltkrieg arbeitet er als Theaterschauspieler, ab Mitte der 1950er Jahre dreht er erfolgreich Filme wie "Witwer mit fünf Töchtern", "Der Haustyrann", "Drei Mann in einem Boot". Daneben begeistert der Komiker das Publikum mit Kalauern und Gedichten, Wortspielen und Wortschöpfungen. Erhardt stirbt 1979 in Hamburg.

Ein Bild aus den Kindheitstagen in Hamburg: Die junge Marita albert mit ihrem Vater Heinz Erhardt herum.
Foto: privat
Ein Bild aus den Kindheitstagen in Hamburg: Die junge Marita albert mit ihrem Vater Heinz Erhardt herum. Foto: privat  Foto: Veigel
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