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Kein Durchkommen zum Rhein

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Region Heilbronn - Auf dem Neckar ist die Schifffahrt wegen starkem Eis erheblich eingeschränkt. Zahlreiche Schiffe liegen an gesperrten Schleusen fest. Betroffen sind vor allem die letzten Schleusen vor dem Rhein: hier ist das Eis bis zu 10 Zentimeter dick. Besser sieht es flussabwärts aus. Von Gundelsheim ist der Neckar bis Plochingen befahrbar.

Von Andreas Tschürtz



Region Heilbronn -  Der Blick aus seinem Büro treibt Jörg Huber Falten auf die Stirn. Wo er sonst einen plätschernden Neckar sieht, schaut der Leiter des Wasser- und Schifffahrtsamts Heidelberg (WSA) jetzt auf eine geschlossene Eisdecke. Bis zu zehn Zentimeter dick blockiert es gleich vier Schleusen in Richtung Rhein. „Und hier ist der Neckar gute hundert Meter breit!“, sagt Huber.

Letzten Donnerstag habe man noch gehofft, es bleibe bei einer Treibeisbildung. „Aber dann ging es bei Wassertemperaturen um null Grad schlagartig los mit dicken Eisdecken. Jetzt ist alles im Bereich des unteren Neckars zu.“

Besser sieht es flussabwärts aus. Von Gundelsheim ist der Neckar bis Plochingen befahrbar. Doch an Entwarnung denkt auch hier niemand. „Der Hauptverkehr läuft ja neckarabwärts“, sagt der Heilbronner Hafendirektor Wolfgang Feger. Sechs Schiffe liegen am Montagmorgen im Hafen, werden beladen oder gelöscht. „Nach Stuttgart ist keines dabei. Und neue kommen nicht.“ Einer dünnen Eisschicht im Kanalhafen und am Wehr in Neckarsulm rücken Hafenamt und WSA Heidelberg mit einem Schwimmkran und einem Boot des Hafenamtes zu Leibe.
 
Stillstand herrscht bei der Heilbronner Reederei Schwaben. „Unsere Schiffe sind allesamt im Neckar gefangen“, beschreibt Prokurist Kai Mandelstaedt eine im wahrsten Sinne festgefahrene Lage. Dass bei der Reederei nichts mehr geht, merken wiederum die Salzwerke, die zwar gestern zwei Schiffe aus der laufenden Produktion beladen konnten, aber nun auf die Freilegung der Wasserstraße flussabwärts hoffen müssen. „Im schlimmsten Fall müssen wir auf Lkw umsteigen“, skizziert Harald Müller, Geschäftsführer der Salzwerke-Tochter SWS Winterdienst GmbH, einen Plan B, auf den er aber lieber nicht zurückgreifen würde. „Wenn ein Schiff mit 2000 Tonnen nicht geladen wird, brauchen Sie 80 Lkw. Das kostet mehr.“

Dass es soweit nicht kommt, soll der Mannheimer Eisbrecher „Wiebeking“ verhindern, der seit gestern dabei ist, zehn festsitzende Schiffe in der letzten Neckarschleuse vor dem Rhein, Feudenheim, aus dem Eis zu befreien. Zwei weitere Eisbrecher aus Karlsruhe und Freiburg sind zur Verstärkung angefordert. Schnelle Abhilfe für die gesperrten Schleusen erwartet Schiffamtsleiter Huber aber nicht. „Wir merken eben, dass Obrigheim abgeschaltet ist – das Kraftwerk hat Wärme in den Neckar gebracht.“

Kraftwerkswärme hält bislang den Heilbronner Hafen und die folgenden Flussabschnitte weitgehend eisfrei. Hafendirektor Wolfgang Feger: „Bei uns gefriert das Wasser nicht so schnell wegen dem warmen Abwasser von Neckarwestheim und dem EnBW-Werk hier am Hafen.“

Wirkliche Entspannung könne aber nur wärmeres Wetter bringen, sagt der Bad Friedrichshaller Dienststellenleiter des WSA Heidelberg, Norbert Peter. „Es hieß ja, dass es ab Wochenmitte tagsüber wärmer wird. Ob das bei den kalten Nächten langt, ist aber fragwürdig.“


Kapitän Käfer liegt mit der"Heilbronn" im Eis fest

Das Schiff „Heilbronn“ der Reederei Schwaben sitzt seit Samstag auf dem Neckar fest. Kapitän Karlheinz Käfer, 57, hat mit Andreas Tschürtz von Bord aus telefoniert.

Wo sind Sie denn hängen geblieben?

Karlheinz Käfer: Seit Samstag sitzen wir in Schwabenheim. Wenn wir durch die Schleuse durchgekommen wäre, hätten wir nur noch die Schleuse Feudenheim passieren müssen, dann wären wir raus aus dem Neckar gewesen.

Wo sollte die Fahrt denn hingehen?

Käfer: Wir haben 1335 Tonnen Salz geladen. Das ist weniger als sonst - wegen dem niedrigen Wasserstand. Der Abgabetermin bei Köln wäre gestern Morgen gewesen. Aber das ist eben höhere Gewalt. Wie ein gefangener Tiger hin- und her zu rennen, hilft nichts.

Womit verbringen Sie jetzt die Zeit?

Käfer: Meine Lebenspartnerin, ich und die Matrosen machen immer wieder mit einem Fliegerhaken das Eis um das Schiff herum frei. Aber vor allem erledigen wir Arbeiten im Warmen, machen den Maschinenraum sauber und ähnliches.

Wann glauben Sie, geht es weiter?

Käfer: Ich hoffe, dass wir heute wegkommen. Aber da gibt es keine klare Auskunft, weil das nicht möglich ist. Wir sind immer in Bereitschaft. Ich bin erster in Schwabenheim. Hinter mir liegen noch drei Schiffe. Aber vor mir an der Schleuse Feudenheim liegen zehn. Die müssen alle erst raus. Und nachdem die Eisbrecher durchgefahren sind, muss erst leer geschleust werden, damit die Eisschollen raustreiben.

Haben Sie sowas schon mal erlebt?

Käfer: Ich fahre schon mein ganzes Leben auf Schiffen. Sowas habe ich noch nicht erlebt.





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