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Ideen für das Schienennetz

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Ideen für den Ausbau des Schienennetzes in der Region hat der scheidende baden-württembergische Nahverkehrsplaner Gerhard Schnaitmann vorgelegt. Für eine Verlängerung der Stadtbahn Nord über den Heilbronner Hauptbahnhof hinaus bis ins Zabergäu sieht er gute Chancen.

Von unserem Redakteur Peter Boxheimer
Bislang fahren die Stadtbahnen auf der Heilbronner Allee nach Norden. In der Gegenrichtung könnten die aus Bad Rappenau und Mosbach kommenden Züge über den Hauptbahnhof hinaus bis ins Zabergäu verlängert werden. Foto: Archiv/Veigel
Bislang fahren die Stadtbahnen auf der Heilbronner Allee nach Norden. In der Gegenrichtung könnten die aus Bad Rappenau und Mosbach kommenden Züge über den Hauptbahnhof hinaus bis ins Zabergäu verlängert werden. Foto: Archiv/Veigel

Zum Abschied bringt der Nahverkehrsplaner beim Redaktionsbesuch Visionen mit. Und die siedelt Gerhard Schnaitmann, lange Jahre für das Schienennetz in Württemberg zuständig, "im Bereich des Ideenvorrats" an. Ende des Jahres geht der 65-jährige Experte der Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg (NVBW) in den Ruhestand. Seine Botschaft: Es gibt Schienenprojekte in der Region, die durchaus Chancen haben.

Zu ihnen zählt Schnaitmann eine Stadtbahnlinie von Heilbronn über Lauffen nach Zaberfeld. "Die Perspektiven haben sich in den letzten Monaten gehoben", sagt er. Der Tübinger verweist auf die Neuverteilung der Regionalisierungsmittel für den Öffentlichen Personennahverkehr, von der Baden-Württemberg profitiert. Nach dem von der Verkehrsministerkonferenz vereinbarten Kieler Schlüssel steht dem Südwesten ein jährlich steigender Prozentsatz zu; zudem gibt es eine Dynamisierung von 1,8 Prozent. Schnaitmann: "Erstmals seit langem wieder eine gesicherte Grundlage." Auch die Einigung beim Länderfinanzausgleich bringt mehr Luft.

Klares Plädoyer für die Schiene: Planer Gerhard Schnaitmann.
Foto: Simon Gajer
Klares Plädoyer für die Schiene: Planer Gerhard Schnaitmann. Foto: Simon Gajer  Foto: Gajer, Simon

Verlängerung "Das Zabergäu ist das Nächste, was kommt", erwartet der Verkehrsplaner. Drei Züge der Stadtbahn Nord fahren pro Stunde den Heilbronner Bahnhofsvorplatz an. Schnaitmann: "Sie enden im Nichts." Zwei dieser Züge könnten seines Erachtens bis nach Zaberfeld verlängert werden. Die aus dem Norden kommenden Wagen leeren sich in der Innenstadt, neue Passagiere steigen Richtung Süden zu: "Betriebswirtschaftlich ein optimaler Zustand", meint der gebürtige Stuttgarter. "Eine sensationelle Chance."

Schnaitmann erinnert daran, dass der Südast der Stadtbahn beim Ausbau für die S 4 Richtung Eppingen bereits berücksichtigt worden sei, als es um die ebene Querung der Gleise im Hauptbahnhof ging. "Ein Eingriff in dieses komplexe Gefüge ist nicht mehr erforderlich", nennt er als Vorteil. Ein, zwei zusätzliche Haltestellen in Klingenberg und Nordheim, der Einbau einer Abzweigung ins Zabergäu in Lauffen und eine Kreuzungsmöglichkeit im Raum Güglingen: So ließe sich ein Halbstundentakt herstellen.

Querspange Auch im Kraichgau sieht der Quereinsteiger, der als Lehrer zur NVBW kam, neue Möglichkeiten: Eine Spange zwischen Babstadt und Obergimpern könnte die Krebsbachtalbahn mit der Bäderlinie Jagstfeld - Sinsheim verbinden. Beide Strecken trennen gerade mal zwei bis drei Kilometer. Schnaitmanns Überlegung: Die in Bad Rappenau endenden Züge der S 42 könnten bis Obergimpern verkehren und dort getrennt werden. Ein Wagen würde talaufwärts bis Hüffenhardt fahren, der zweite hinunter nach Neckarbischofsheim-Nord. "Der Raum ist eindeutig nach Heilbronn und nicht nach Heidelberg orientiert", betont der Planer. Unter anderem gehe es um die Audi-Mitarbeiter und deren Schichtwechsel.

Abrundung der Visionen: Die Reaktivierung der alten badischen Hauptbahn durch den Kleinen Odenwald nach Mosbach. So ließe sich die schlechte Nachfrage der in Aglasterhausen endenden S-Bahn-Linie 51 steigern. 

 


Denkanstöße

Ein Kommentar von Peter Boxheimer

 Foto: Mario Berger

„Wer Visionen hat, soll zum Arzt gehen“, hat Helmut Schmidt als Bundeskanzler einst gelästert. Wenn es um den Öffentlichen Personennahverkehr geht, muss man sich dieser Meinung nicht unbedingt anschließen. Wo wäre eine boomende Region Heilbronn-Franken heute, wenn es keinen Ideengeber wie den Karlsruher Stadtbahnvater Dieter Ludwig gegeben hätte? Alle zwei Stunden mal ein alter Silberling, Wochenendruhe, kaum Frequenz, abgesehen vom Schülerverkehr: So sah es auf vielen Schienenstrecken im Kraichgau und in Hohenlohe aus.

Die Zeiten haben sich geändert, weil Kommunalpolitiker mit Vision mutige Entscheidungen getroffen und viel Geld in die Hand genommen haben. Das System Stadtbahn ist angekommen und mittlerweile etabliert. Dass es noch Schwächen hat und etlicher Verbesserungsbedarf besteht, wird kaum jemand bestreiten. Dennoch ist die Schiene mittlerweile wieder ein von Tausenden täglich genutzter Verkehrsweg.

Wenn der scheidende Nahverkehrsplaner Gerhard Schnaitmann Perspektiven für die Bahn aufzeigt, tut er gut daran. Die finanziellen Rahmenbedingungen sind besser geworden, endlich fließt mehr Geld in den Südwesten. Das Zabergäu aus dem Verkehrsschatten zu holen, ist überfällig. Auch im Kraichgau, der als Pilotregion das neue Verkehrszeitalter eingeläutet hat, kann sich noch etwas tun. Denkanstöße, die ein Planer zum Abschied hinterlässt, sind nie verkehrt.

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peter.boxheimer@stimme.de

 
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