Region
Hinzugefügt. Zur Merkliste Lesezeichen setzen

Gemeinde verschafft sich Zutritt zu Messi-Wohnung

   | 
Lesezeit  2 Min
Erfolgreich kopiert!

Im südlichen Landkreis Heilbronn litten Bewohner eines Mehrfamilienhauses lange unter untragbaren Zuständen, jetzt kam der Kammerjäger.

Von Adrian Hoffmann

Leere Tetrapaks, überall Müllbeutel, miefende Polster und Kleider, etliche Technikgeräte – so sehen viele Messie-Wohnungen von Innen aus. Ihre Bewohner sind nicht in der Lage, die Räume von Müll sauberzuhalten. Sie horten, was andere wegwerfen. Am Montag war es in einer Gemeinde im südlichen Landkreis soweit: Ordnungsamt, Polizei, Gerichtsvollzieher und Kammerjäger verschafften sich Zutritt zu einer Wohnung, die völlig verwahrlost war.

Der Zustand war für die Nachbarn im Haus irgendwann nicht mehr erträglich. Es roch nach Katzenkot, Flöhe hatten sich im Treppenhaus ausgebreitet. Der Ort des Geschehens ist in diesem Bericht bewusst nicht genannt, um die betroffenen Personen zu schützen.

Zutrittsrecht für die Wohnung

Die Nachbarn sahen sich aufgrund der immer schlimmer werdenden Zustände irgendwann gezwungen, zu handeln. Sie forderten die Gemeinde auf, sich die Wohnung anzuschauen.

Schädlingsbekämpfer und Kammerjäger Andreas Kern aus Pfaffenhofen war bereits in der Vergangenheit einmal in dem Haus, um sich die Situation anzuschauen. Die Bewohnerin der Messie-Wohnung ließ ihn aber nicht hinein. Wenn sie es erlaubt hätte, hätte sich die Situation vielleicht schneller entspannt. Manche Menschen wüssten ja auch, dass sie im Müll lebten „und schämen sich dafür“, sagt Andreas Kern. 

Das Thema sei sehr komplex und es gebe wahrscheinlich viele psychologische Gründe, warum jemand „so etwas wie eine Sammelwut“ entwickle. Nach Angaben einer bundesweit agierenden Messie-Selbsthilfegruppe leiden Betroffene darunter, dass ihre Gedanken immer wieder um die Bewältigung der einfachsten täglich anfallenden Aufgaben kreisen.

Die Erfahrung von Kern zeigt, dass es Fälle wie diesen immer öfter gibt. „Es ist nicht so, dass ich jede Woche zu einer Messie-Wohnung gerufen werden“, sagt er. „Aber doch häufiger als früher.“ Er habe kurz geprüft, ob er ohne Schutzanzug und Maske die Wohnung betrete, sich allerdings dagegen entschieden. „Es war ein stechender Geruch. Ich möchte die Flöhe nicht bei mir daheim haben.“ Kot, Fliegen, Milben, monatelang angehäufter Müll. Mit biologischen Produkten zur Schädlingsbekämpfung habe er die Wohnung gereinigt. Bevor sie wieder bezogen werden kann, muss man sie komplett räumen. Containerweise sollen die Hinterlassenschaften entsorgt werden. Danach werde die Wohnung „ausgenebelt“ , erklärt Kern – erneut ist der Einsatz von Insektiziden erforderlich.

Veterinär vor Ort

Die Pressestelle des Heilbronner Landratsamts bestätigt, dass auch das Veterinäramt bei dem Einsatz vor Ort war. Es seien allerdings keine Katzen in der Wohnung gefunden worden, die Frau sei auch nicht zugegen gewesen. Der Vertreter des Amts sei dann unverrichteter Dinge gegangen. Der Verdacht auf tierschutzrechtliche Verstöße hat sich in diesem Fall nicht erhärtet.

Menschen, die ihre Wohnung nicht mehr von Müll befreien und sie extrem verwahrlosen lassen, leiden nach Erfahrung des Gesundheitsamts des Heilbronner Landratsamts oftmals unter einer psychischen Störung – dem sogenannten Messie-Syndrom (abgeleitet von „mess“, Englisch: Unordnung). Wie viele Fälle es in der Region gibt, dazu existiert keine Datengrundlage. Es gebe wahrscheinlich einige, die nie bekannt werden, sagt Landratsamt-Sprecher Manfred Körner. 

 

 

 

 

 

 

Nach oben  Nach oben