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FIA Berg-Cup: Gipfelsturm mit 200 PS

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Der Cleversulzbacher Roland Christall und sein Teamkollege Johann Hatezic haben beim FIA Berg-Cup eine Trophy gewonnen. Ungefährlich war der Streckenverlauf nicht.

Von Vanessa Müller
 Foto: privat

Kurz bevor es losgeht, schießt Adrenalin durch den Körper. Wenn die Startampel langsam herunter zählt. Die Hände das Lenkrad fester packen und der Fuß über dem Gaspedal schwebt. Aber sobald der Motor röhrt und das Auto über die steile Strecke Richtung Gipfel rast, verschwindet das Zittern in den Fingern. Jetzt geht es nur noch um eins: Schnelligkeit. „Ich habe eben Benzin im Blut“, sagt Roland Christall mit einem Augenzwinkern.

Zusammen mit Team-Partner Johann Hatezic hat der Cleversulzbacher in diesem Jahr die KW-8V-Trophy gewonnen, eine Sonderwertung des FIA Berg-Cups. Geschaffen wurde sie vor elf Jahren für Piloten, die auf konventionelle Zwei-Ventil-Motoren vertrauen, erklärt der 40-Jährige, der mit seinem Bruder in Untereisesheim einen Karosserie- und Lackierfachbetrieb führt.

Ältere Modelle

„Die Autos, die bei der Trophy starten, sind meist älter als 20 Jahre“, sagt Christall. Dabei verzichten die Fahrer auf ultramoderne Getriebetechnik, mehr als fünf Gänge sind nicht erlaubt. Der Opel Ascona, Baujahr 1981, mit dem das Duo auf die Strecke geht, hat 225 PS unter der Haube. Neben dem Motor hat Kfz-Meister Hatezic aus Wiernsheim bei Pforzheim auch Fahrwerk, Reifen oder Bremse an die Anforderungen des schnellen Gipfelsturms angepasst. Und der hat es in sich. Zwölf Rennen in Deutschland, Luxemburg und der Schweiz müssen die Piloten hinter sich bringen. Das Team mit der besten Gesamtleistung heimst die Meisterschaft ein. 2013 sind das mit drei Siegen Christall und Hatezic.

Das Besondere: Die Strecken sind normale Bergstraßen, die extra für die Rennen gesperrt werden. Gespickt mit engen Kurven und steilen Anstiegen, verlangen sie den Fahrern einiges ab. „Das ist schon ein wahnsinniges Gefühl“, sagt Christall. „Auf der einen Seite ist ein steiler Hang. Auf der anderen geht es metertief bergab.“ Überholt wird nicht. Die Piloten starten nacheinander, alleine die Zeit zählt. Bei vier Trainingsläufen am Vortag können sie den Kurs mit voller Geschwindigkeit unter die Lupe nehmen. Den Rest des Jahres gilt auch für sie die Straßenverkehrsordnung. Nicht nur für Lackierermeister Christall, der sich auch um die Optik des Opels kümmert, bleibt die Nacht vor dem Rennen eine relativ schlaflose. Zwar ist er seit 1991 im Motorsport unterwegs, zunächst beim Slalom, dann beim Rennkart. Aber Kurven wie die „Klinge“ beim Bergrennen Unterfranken in Eichenbühl sind auch für ihn nicht ohne. „Das ist ein Mutecke“, weiß Christall. Man könne sie spät einsehen. Und beim Kurvenausgang lande man schnell in der Leitplanke.

„In solchen Momenten sagt der Fuß: Drück aufs Gas. Aber der Kopf weiß es besser“, erklärt der 40-Jährige. An den schwierigsten Stellen sind die Strecken gesichert. Auch die Fahrer tragen die übliche Schutzmontur vom Helm bis zur feuerfesten Wäsche.

Zwischenfall

Ungefährlich ist der Berg-Cup trotzdem nicht. 2009 kommen beim St.-Agatha-Rennen in Luxemburg zwei Zuschauer ums Leben. Ein Auto wird bei einem Unfall auf eine Wiese geschleudert. Der Pilot kann nicht bremsen und überfährt Mutter und Tochter, die an einem Süßigkeitenstand stehen. Beide sterben. Vater und Sohn werden schwer verletzt. „So etwas nimmt einen extrem mit“, sagt Christall. Aus Rücksicht sei das Rennen 2010 ausgefallen. Heute achte man noch mehr darauf, dass Zuschauer an den Hangseiten stehen und schwierige Kurven gesichert sind.

Aber aufhören? „Noch lange nicht“, sagt Christall. Auch wenn er sich gut daran erinnern kann, was er zu Teampartner Hatezic beim Training vor seinem ersten Bergrennen gesagt hat: „Ich mach mir jetzt schon in die Hose.“

Beim Berg-Cup Gruppe H starten verbesserte Tourenwagen. Die Teilnehmer der KW-8V-Trophy, die rote Startnummern tragen, messen sich im Rahmen der normalen Klassenwertung auch mit High-Tech-Fahrzeugen. Seit 2013 läuft die Meisterschaft als internationale Rennserie der FIA. Längste Strecke ist mit 5,5 Kilometern das Glasbachrennen. Kürzeste: Mit 1,6 der Wolsfelder Berg. Meisterfeier war im November in Bad Mergentheim.

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