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Fandorf Heilbronn steht auf der Kippe

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Das Heilbronner Fandorf zur Fußball-Weltmeisterschaft 2018 steht auf der Kippe. Die Heilbronn-Marketing-Gesellschaft steigt aus der Organisation der größten Public-Viewing-Veranstaltung in Baden-Württemberg aus.

Von unserem Redakteur Helmut Buchholz
Ob die DFB-Elf in Zukunft noch auf der Theresienwiese, wie hier beim EM-Spiel Deutschland - Italien, bejubelt werden kann, ist fraglich. Foto: Sawatzki
Ob die DFB-Elf in Zukunft noch auf der Theresienwiese, wie hier beim EM-Spiel Deutschland - Italien, bejubelt werden kann, ist fraglich. Foto: Sawatzki

Dem Heilbronner Fandorf auf der Theresienwiese droht das Aus. Die Heilbronn-Marketing-Gesellschaft (HMG) will sich nicht mehr an der Organisation der größten Public-Viewing-Veranstaltung in Baden-Württemberg beteiligen, die seit 2006 bei den Fußball-Welt- und Europameisterschaften Zehntausende anzog.

Der Grund für den Schnitt sind Streitigkeiten über die Finanzierung des beliebten Großereignisses. Die HMG hat einen Kooperationsvertrag mit den beiden Veranstaltern, der Agentur Hamann and Friends und dem Eventausrüster Triacs. Darin ist unter anderem geregelt, dass die Agentur und Triacs das wirtschaftliche Risiko und ein etwaiges Minus tragen.

"Die wollten das aber nicht mehr", sagt HMG-Prokurist Friedrich Wagner, der zurzeit Geschäftsführer Steffen Schoch vertritt, der im Urlaub ist. Doch es gebe eine klare Beschlusslage des HMG-Aufsichtsrates, "dass wir keine Steuergelder für das Fandorf setzen". Die Marketing-Gesellschaft - eine hundertprozentige Tochter der Stadtverwaltung Heilbronn - habe keine Chance gesehen, die Veranstaltung künftig ohne Verlust durchzuführen.

Zum Beispiel seien die Kosten für den Sicherheitsdienst gestiegen. Die HMG habe Hamann and Friends angeboten, die Theresienwiese für das Fandorf bei der WM 2018 zu vermieten, berichtet Wagner. Mehr aber nicht, an der Organisation wolle sich die Marketing-Gesellschaft nicht mehr beteiligen.

Verlust

Agenturchef Stefan Hamann stellt die Situation aber ganz anders dar. In dem Kooperationsvertrag seien die Pflichten der HMG geregelt. Sie müsse eine bestimmte Summe an Sponsorengeldern stellen. Das habe die HMG beim jüngsten Fandorf bei der EM 2016 "bei Weitem nicht geschafft", erklärt Hamann. Auf dieser Größenordnung hätten auch die Kosten für die Straßenabsperrungen abgerechnet werden sollen. Diese seien 2016 von ehemals 500 auf 10.300 Euro gestiegen.

 

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Durch diese Ursachen sei ein Minus bei der Abrechnung des Fandorfs entstanden, berichtet Hamann. "Darum haben wir die HMG an die Erfüllung ihrer vertraglichen Pflichten erinnert." Wenn sie diese nicht erfüllen könne, sei die Zahlung einer Summe erwartet worden. Hamann konkretisiert: "Es gibt an die HMG nur die Forderung, den Vertrag einzuhalten."

Imagewerbung

Keine zwei Meinungen gibt es dagegen über den Stellenwert der bisherigen Fandörfer für Heilbronn. HMG-Prokurist Wagner: "Es war ein Alleinstellungsmerkmal für die Stadt." Und brachte Heilbronn überregional positive Berichterstattung ein. Für Stefan Hamann ist das Fandorf bestes Marketing für die Käthchenstadt, "das ist doch die klassische Aufgabe der HMG". Ob er mit seiner Agentur das populäre Großevent in Eigenregie auf die Beine stellen will, "muss ich noch mit meinen Geschäftspartnern besprechen". Die Chancen stünden 51 zu 49, sagt Hamann, "dass es wieder ein Fandorf gibt".

Kommentar: Einigt euch

Gehört ein Fußball-Public-Viewing zur ureigenen Aufgabe einer Stadtmarketing-Gesellschaft (HMG)? Natürlich kann man der Meinung sein, dass Fans ruhig im Rudel vor einer großen Leinwand jubeln dürfen, aber bitte ohne Finanzierung durch Steuergelder. Allerdings hat dieser Standpunkt in Heilbronn kaum eine Grundlage. Denn auf der Theresienwiese hat sich seit 2006 mit dem Fandorf ein Großereignis etabliert, das dem weltoffenen und fröhlichen Heilbronn gut zu Gesicht steht. Mehr noch: Die Käthchenstadt hat mit dem größten Public Viewing im Land ihr Image mächtig aufpoliert. Das Fandorf war eine prima Werbebotschaft – und das bei vergleichsweise bescheidenen Kosten für die Stadtkasse. Schließlich trugen das wirtschaftliche Risiko stets die Veranstalter – die Agentur Hamann and Friends und der Veranstaltungsausrüster Triacs.
Außerdem sind die Subventionen, die die Kommune für jeden Theater- und Badbesuch aufbringt, deutlich höher als sie es im Fandorf werden. Darum sollte das zum Beispiel durch erhöhten Sicherheitsbedarf teurer gewordene Fandorf nicht an Meinungsverschiedenheiten über die Finanzierung scheitern. Wenn sich HMG und die Veranstalter ein bisschen bewegen, müsste eine Einigung möglich sein. Das wäre gut für Heilbronn. mut

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