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Entwarnung: Kein Schrottbeton bei AKW-Zwischenlager

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Der Verdacht auf die Verwendung von Schrottbeton im großen Stil hat im Südwesten für Wirbel gesorgt. Nach einem Zeitungsbericht vom Freitag soll über Jahre hinweg teilweise minderwertiger Beton verbaut worden sein, darunter im Zwischenlager des Atomkraftwerks Neckarwestheim. Das Umweltministerium erklärte dagegen, im Zwischenlager seien keine Hinweise auf Pfusch gefunden worden


- Baustelle am AKW-Zwischenlager in Neckarwestheim im Jahr 2005. Foto: Archiv/Dirks -

Der Verdacht auf die Verwendung von Schrottbeton im großen Stil hat im Südwesten für Wirbel gesorgt. Nach einem Zeitungsbericht vom Freitag soll über Jahre hinweg teilweise minderwertiger Beton verbaut worden sein, darunter im Zwischenlager des Atomkraftwerks Neckarwestheim. Die Stuttgarter Staatsanwaltschaft prüft Anschuldigungen ehemaliger Mitarbeiter eines Betonunternehmers aus der Region. Sie hatten von Manipulationen des Betons bei zahlreichen Großprojekten - darunter auch beim Prestigebau der Landesregierung „Neue Messe“ - unweit des Flughafens - berichtet.

Keine Hinweise auf Pfusch

Das Umweltministerium erklärte dagegen, im Zwischenlager seien keine Hinweise auf Pfusch gefunden worden. Die Qualitätskontrollen seien mit dem Wirtschaftsministerium und beteiligten Bausachverständigen überprüft worden. Das betroffene Unternehmen, Godel-Beton mit Sitz in Stuttgart, sprach von unhaltbaren Vorwürfen, die man zurückweise. „Bei Godel wird und wurde kein minderwertiger Beton hergestellt, verarbeitet und verkauft“, sagte ein Unternehmenssprecher auf Anfrage. „Wir prüfen, ob wir rechtliche Schritte einleiten gegen die Verursacher der Verleumdung. Außerdem planen wir unabhängige Gutachten, die das an den Großbaustellen verwendete Material untersuchen.“ Die Firma beschäftigt rund 80 Mitarbeiter.

Da die Sicherheit und Gesundheit von Menschen möglicherweise gefährdet sein könnte, verlangten die Grünen und die SPD im Landtag weitere Prüfungen in Neckarwestheim. Nach Ansicht der umweltpolitischen Sprecherin der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Sylvia Kotting-Uhl, sollten auch andere deutsche Atomanlagen überprüft werden: „Jeder Pfusch am Bau kann zu einem GAU führen.“ Bei einer Hochrisikotechnologie, bei der kleinste Fehler zu größten Katastrophen führen könnten, würde das Fragen nach dem Funktionieren von Sicherheitskontrollen während des Baus aufwerfen. Der Beton in einer atomaren Anlage müsse jahrzehntelange enormen Belastungen und aggressiven Chemikalien standhalten.

Auch Daimler und Porsche geben Entwarnung

Nach dem Umweltministerium gaben am Freitag auch die Stuttgarter Autobauer Porsche und Daimler Entwarnung: Es gebe keinerlei Erkenntnisse, dass beim Bau der Museen der Autohersteller minderwertiger Beton verwendet wurde, erklärten die Sprecher beider Unternehmen. Die Betonarbeiten und speziell die Druckfestigkeit des Betons seien permanent streng kontrolliert worden. Es gebe keine Mängel. An den Vorwürfen sei nichts dran.

Auch der Betreiber des Atomkraftwerks Neckarwestheim, die Karlsruher Energie Baden-Württemberg (EnBW), teilte mit, entsprechende Erkenntnisse lägen ihm nicht vor. Bei den angeblich betroffenen Großbauten Landesbank, Neue Messe und Schwabengalerie war für eine Stellungnahme zunächst niemand erreichbar.

Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Unternehmer

Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen einen 40-jährigen mittelständischen Unternehmer aus dem Raum Stuttgart, der Beton herstellt. Es sei bereits im August 2007 ein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden wegen des Verdachts des Betrugs, sagte eine Behördensprecherin der dpa. Es stehe derzeit nicht fest, ob es einen hinreichenden Betrugsverdacht gebe. Der Firma werde vorgeworfen, „teilweise Beton geringerer Qualität als vereinbart und abgerechnet geliefert“ zu haben. Zudem werde überprüft, ob „Kunden auf der Grundlage fingierter Lieferscheine zu hohe Rechnungen bezahlt“ hätten. Im November habe es Durchsuchungen gegeben.

Der „Süddeutschen Zeitung“ liegen nach eigenen Angaben Eidesstattliche Versicherungen ehemaliger Beschäftigter der Firma vor. Beim Atomkraftwerk Neckarwestheim hatte das Unternehmen danach beim Bau des atomaren Zwischenlagers im Jahr 2004 etwa 35.000 Kubikmeter Beton geliefert. In dem unterirdischen Bau werden abgebrannte Kernelemente aufbewahrt, ehe sie zur Wiederaufbereitung gebracht werden. Ein ehemaliger Mischmeister des Betonherstellers behauptet, dass überall dort, wo der fragwürdige Beton eingesetzt worden sei, „deutlich vor Ablauf der erwarteten Lebenszeit teure Sanierungen oder sogar die Abrissbirne drohen“. (lsw)
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