Einsatzkräfte stampfen Zeltstadt aus dem Boden
Auf dem Gelände der alten Autobahnmeisterei entsteht eine Notunterkunft für 200 Flüchtlinge. Die ersten Asylbewerber werden Anfang der Woche erwartet

Bürgermeister Norbert Heuser hat am Donnerstag davon erfahren - zwei Tage später rücken Feuerwehren, Technisches Hilfswerk und das Deutsche Rote Kreuz mit 25 Fahrzeugen an. Gut 120 Einsatzkräfte aus dem Landkreis Heilbronn und darüber hinaus stampfen auf dem Gelände der ehemaligen Autobahnmeisterei in Neuenstadt eine Zeltstadt aus dem Boden. Bis zu 200 Flüchtlinge werden hier in 40 Zelten untergebracht.
Die ersten kommen Anfang der Wochen. "Es ist eine reine Pufferlösung", betont Christian Schneider, Vizepräsident des Regierungspräsidiums Stuttgart immer wieder. "Gedacht für vielleicht drei Monate. Es geht einzig und allein darum, Obdachlosigkeit zu verhindern", sagt Schneider. Denn die Landeserstaufnahmestelle in Ellwangen platze aus allen Nähten.
Sandsäcke
Sturmböen erschweren die Arbeiten. Sandsäcke auf den Planen verhindern, dass der Wind in die Zelte pfeift. Die Feldbetten müssen warten, bis die Zelte stehen. Deren Verankerungen werden zunächst in die Pflastersteine gebohrt. Lärm. Emsiges Treiben. Einsatzbesprechungen. Immer wieder wirbelt der Starkwind Staub in die Augen. Der Zeitplan verzögert sich. Aber Kreisbrandmeister Uwe Vogel lässt nicht den Hauch eines Zweifels aufkommen. "Wir sind seit acht Uhr morgens im Einsatz. Und wir werden den Auftrag erfüllen. Bis heute Abend sind wir fertig."
Baden-Württembergs Innenminister Reinhold Gall verschafft sich einen Eindruck von der Situation. "Wir haben keinen Katastrophenfall", sagt der SPD-Politiker und lobt das Engagement der ehrenamtlichen Helfer. Trotzdem betont der Regierungsvizepräsident: "Wir arbeiten im Katastrophenmodus." Entscheidungen werden stabsmäßig umgesetzt. Zeit für Informationen bleibt nicht. Weder für den Bürgermeister der Stadt noch für deren mehr als 9000 Einwohner.
Norbert Heuser hat inzwischen seinen Urlaub für diese Woche gestrichen. Stattdessen versucht er, an Informationen zu kommen, um sie weiterzugeben. Für kommenden Freitag, 18 Uhr, kündigt der Verwaltungschef einen Bürgerinformationsabend in der Stadthalle an. Der CDU-Landtagsabgeordnete Bernhard Lasotta spricht in einer Pressemitteilung von einem "Offenbarungseid der Landesregierung".
Derweil machen sich die überrumpelten Anlieger Sorgen. Ewald Thiele etwa beschäftigt in seinem Unternehmen rund 55 Mitarbeiter. Muss er jetzt auch während der Arbeitszeit die Halle schließen? Wer haftet, wenn ein Asylbewerber unerlaubt das Firmengelände betritt und sich dabei verletzt? Der Regierungsvizepräsident verweist auf Ansprechpartner, die das Regierungspräsidium vor Ort stellen werde.
Beschaulich
Für die Anwohnerinnen Michaela von Lipinski und Beate Grube steht fest: "Unser ruhiges und beschauliches Leben ist vorbei." Keine von beiden befürchtet, dass von den 200 Asylbewerbern eine Gefahr ausgehe. Aber der Lärmpegel werde auf jeden Fall steigen. Und viel schlimmer: "Ich habe Angst davor, dass so ein Lager Idioten anzieht, die demonstrieren oder schlimmere Sachen machen", sagt Michaela von Lipinski.