Die Schauspieler-WG von Jagsthausen
Bei den Burgfestspielen in Jagsthausen stehen Philip Spreen, Marwin Funck, Nadja Wünsche und Lillemor Spitzer zusammen auf der Bühne. Doch auch in ihrer Freizeit unternehmen die vier Schauspieler viel zusammen - immerhin leben sie unter einem Dach. Wir haben die Schauspieler-WG besucht.

Wie läuft das, wenn vier Schauspieler aus Hamburg in eine WG aufs platte Land ziehen? Dahin, wo das Telefon nur mit Glück Empfang hat. Und man zur Jagsthausener Dorfmitte zwei Kilometer durch Felder und Wiesen wandern muss. Zitieren die im Kulturrausch den "Götz", wenn sie mit Abwaschen dran sind? Oder fliehen so oft sie können in die Großstadt?
Immer dieser Abwasch
"Du hast mein Müsli aufgegessen", ruft Philip Spreen und knufft Marwin Funck grinsend in die Seite. Der zuckt schuldbewusst mit den Schultern. Eigentlich ist das Leben in der Ferienwohnung auf dem früheren Bauernhof im Leuterstal die reine Idylle, sind sich die Männer einig. Nadja Wünsche und Lillemor Spitzer nicken. Wie zur Bekräftigung summt eine Biene über der Frühstücksecke im Freien. Nebenan blökt eine Ziege. Nur manchmal, da ist das Leben in einer Wohngemeinschaft eben - typisch Wohngemeinschaft.

In der Küche steht auf der Arbeitsplatte schon eine Kiste mit Salat fürs Mittagessen bereit. Lillemor Spitzer zupft an den Blättern. "In der WG, in der ich vor Jahren gewohnt habe, hat mein Mitbewohner nie abgewaschen", erinnert sie sich. "Das war so ekelig, da habe ich die Küche nie betreten."
Kommt"s von der Erfahrung? In der Jagsthausener WG hat sie jedenfalls den Spitznamen Putzmutti weg. Und der Schmuddel ist... "Das verraten wir nicht", sagt sie schmunzelnd. Eigentlich verstehen sich die Burgfestspiel-Schauspieler nämlich blendend.
Alle haben gemütliche Zimmer
"Wir unternehmen total viel gemeinsam", erzählt Nadja Wünsche bei einem Rundgang durch die Wohnung. Philip Spreen und Lillemor Spitzer haben jeder ein eigenes Zimmer. Spitzer hat es sich im Etagenbett im Raum neben der Eingangstür bequem gemacht. In den Schrankfächern zwischen den urigen Fachwerkbalken sind Kleidungsstücke und Textbücher gestapelt. Immerhin leben die Schauspieler vom Probenbeginn im April bis zur letzten Vorstellung Ende August hier.

Nadja Wünsche und Marwin Funck, die seit eineinhalb Jahren ein Paar sind, teilen sich ein Zimmer mit bunten Wänden. Lässig hüpfen die vier Schauspieler aufs Sofa. Funck schmeißt den Laptop an. Hier gibts öfter Filmabende für alle. Auch kochen, sporteln oder aufs Dorffest gehen stehen auf dem Programm. Und zu ihren Jam-Sessions kommen auch die Kollegen, die direkt im Dorf leben, vorbei. Im Limes Café, das ihre Vermieterin Martina Mijailovic betreibt, steht ein Klavier. Dazu kommen noch Gitarre und Cajón - oder Schlagzeug. Funck spielt seit über zehn Jahren. In "Backbeat" gibt er Ringo Starr, den Drummer der Beatles.
Eine Kostprobe? "Meine Name ist Caruso, was machst du so?", jammen sie kichernd einen Song für den Hahn des Hauses, dem sie den Namen des berühmten Opernsängers verpasst haben. Tiere gibt es auf dem Hof jede Menge. Hühner, Hasen und Ziegen zum Beispiel. "Die Lauf-Enten hat der Fuchs geholt", ruft Lillemor Spitzer. "Hier spielen sich echte Krimis ab."
Solche Krimis gibt es nur auf dem Land

Ein Bauernhof ist das Anwesen schon fast 20 Jahre nicht mehr. Seit sechs Jahren vermietet Martina Mijalovic ihre Ferienwohnung an Schauspieler. Sonst sind Monteure oder Urlaubsgäste da. Außerdem bietet sie Räume für Workshops an. Im Mai hat sie das Café eröffnet. Nervt es nicht, wenn fremde Leute in Haus und Hof herumspringen? "Ich habe fünf Kinder, umgebe mich gerne mit Menschen", sagt sie.
Und die Gäste schwärmen draußen im Stall mit Ziegenbaby Schnu im Arm um die Wette. "Du bist einfach der Süßeste", säuselt Nadja Wünsche dem Zicklein ins Ohr. "Hier draußen kommt man runter", ist Funck überzeugt.
Nach Paris abgehauen
So leicht kommen sie aber auch nicht weg. Ein Auto hat keiner von ihnen. Spreen ist der einzige, der einen Führerschein besitzt. Zur Götzenburg geht es zu Fuß oder per Rad. Aber als sie kürzlich doch der Landkoller überrollt hat, da haben sie sich ein Auto geliehen und sind nach Paris abgehauen. "Das ist genauso weit wie Hamburg."

Info: Marwin Funck (22) lebt normalerweise zusammen mit Freundin Nadja Wünsche in Hamburg-Bahrenfeld. Er ist zu sehen als Sickingen in "Götz von Berlichingen", unter anderem als Agent Dollar in "Catch me if you can", Ringo Starr in "Backbeat - Die Beatles in Hamburg" und als Erzähler in "In 80 Tagen um die Welt".
Nadja Wünsche (23) spielt unter anderem Cheryl Ann in "Catch me" und eine Tempeltänzerin in "In 80 Tagen".
Lillemor Spitzer (42) lebt eigentlich in Hamburg-Winterhude. Sie ist zu sehen als Marie im "Götz", unter anderem als Paula Abagnale in "Catch me", als Astrid Kirchherr in "Backbeat" und als Fakir in "In 80 Tagen".
Philip Spreen (26) lebt in Hamburg-Veddel. Er steht in Jagsthausen als Georg im "Götz" auf der Bühne, unter anderem als Agent Branton in "Catch me", als Paul McCartney in "Backbeat" und als Findus in "Pettersson, Findus und der Hahn". Die Wohnung im Leuterstal bei Martina Mijailovic haben sie in Eigenregie gemietet.