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Damit der Termin vor Gericht kein Horrortrip wird

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Neues Angebot: Die Jugendhilfe Unterland begleitet besonders belastete Zeugen im Prozess.

Von Helmut Buchholz
Großer Strafkammersaal im Landgericht Heilbronn: Für traumatisierte Zeugen, zum Beispiel Opfer von Sexualdelikten, ist dieser Raum furchteinflößend.
Foto: Mario Berger
Großer Strafkammersaal im Landgericht Heilbronn: Für traumatisierte Zeugen, zum Beispiel Opfer von Sexualdelikten, ist dieser Raum furchteinflößend. Foto: Mario Berger

Das Mädchen war erst 13 Jahre alt. Ein Bekannter hat sie sexuell genötigt, darum hat die Mutter des Opfers Anzeige erstattet. Für die 13-Jährige ist nicht nur die Tat ein traumatisches Erlebnis. Sie muss auch als Zeugin vor Gericht aussagen, womöglich die Tat bis ins letzte beschämende Detail beschreiben. Der Prozess kann für die Opfer fast genauso schlimm sein, wie der sexuelle Übergriff selbst.

Seit Jahresbeginn gibt es Fachleute, die verhindern wollen, dass der Auftritt im Prozess für stark belastete Zeugen − vor allem Kinder und Jugendliche etwa bei Sexual- und Gewaltdelikten − zur Höllenqual wird. Nach einer Änderung der Strafprozessordnung gibt es nun eine psychosoziale Prozessbegleitung und zwar von Profis. Die Staatskasse übernimmt auf Antrag die Kosten für den Beistand.

Speziell geschulte Sozialpädagogen begleiten die Zeugen

Im Heilbronner Raum bietet der gemeinnützige Verein Jugendhilfe Unterland diese spezielle Hilfe an. Die Sozialpädagogin Lena Schwarz ist eine der Profis, die Zeugen wie die 13-Jährige begleiten. Die 27-Jährige hat eine Zusatzausbildung für diesen Job gemacht. Für sie war dieses Angebot längst "überfällig". Zeugenbegleitung habe die Jugendhilfe zwar schon seit 2008 im Repertoire. 14 Fälle waren es im vergangenen Jahr. 2017 sind es schon 16 Zeugenbegleitungen. "Doch jetzt ist mit der Gesetzesänderung eine noch engmascherige Betreuung möglich", sagt Lena Schwarz.

Die speziell geschulten Sozialpädagogen begleiten die Zeugen, die ja oft die Opfer sind, schon zur Anzeigenerstattung bei der Polizei. Sie schauen sich gemeinsam vor dem Prozesstermin den leeren Gerichtssaal an, erklären, wo Richter, Staatsanwalt und Angeklagter sitzen. Auch bei der Zeugenaussage selbst dürfen die sozialpädagogischen Begleiter direkt neben den Zeugen Platz nehmen. Nach dem Urteil erklären die Experten die Gründe für den Richterspruch. Das ist wichtig, denn nicht selten werden Angeklagte zum Beispiel in Vergewaltigungsprozessen mangels Beweisen freigesprochen. Das Unverständnis bei den Opfern ist groß.

Allerdings sind die Prozessbegleiter keine Rechtsbeistände, müssen neutral sein. "Wir dürfen inhaltlich nicht über den Fall sprechen", erklärt Lena Schwarz. Sonst könnte sogar der Prozess platzen. "Allerdings sind die Betroffenen froh, wenn da einer bei ihnen ist, der sie moralisch unterstützt und auch mal die Hand bei der Vernehmung hebt, damit eine Pause eingelegt wird", berichtet die 27-Jährige. Sonst würden etwa Vergewaltigungsopfer ganz allein im Gerichtssaal stehen. Für Lena Schwarz füllt dieser Service eine Lücke: "Unser Rechtssystem ist super. Aber der Opferschutz kam lange zu kurz."

Kontakt: Jugendhilfe Unterland, 07131?2791111, schwarz@jugendhilfe-unterland.de

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