Ausgezeichnete Architektur
Noch bis zum 5. November kann man abstimmen, welches Bauwerk das schönste ist in der Region Heilbronn-Franken. Noch bis Mittwoch läuft auch die dazugehörige Ausstellung in der Schalterhalle der Volksbank Heilbronn an der Allee.
Sieben Bauten von Brackenheim über Heilbronn bis Waldenburg wurden im regionalen Wettbewerbsverfahren des Bund Deutscher Architekten als herausragend ausgezeichnet. Sie gehen in die Endrunde um den landesweiten Hugo-Häring-Architekturpreis: In Heilbronn wurden ausgezeichnet das Kilianshaus, das Bankhaus der Volksbank und das Kleinkinderhaus des Vereins für Waldorfpädagogik. Zwei Rathäuser sind unter den sieben Preisträgern: das Brackenheimer und das Leingartener. Außerdem die Reblandhalle Neckarwestheim und eine Villa in Waldenburg.
Bei unseren Usern hatte zunächst die Villa die Nase vorn, dann wurde sie von der Reblandhalle verdrängt. Derzeit führt das Kilianshaus die Liste an. Die Abstimmung und das Zwischenergebnis finden Sie unten.
Hier die kurzgefasste Bewertung der Jury zu jedem der sieben ausgezeichneten Bauprojekte:
Heilbronner Bankhaus, Allee , Heilbronn
Bauherr: Volksbank Heilbronn
Architekt: Mattes Sekiguchi Partner, Wilhelmstraße 5a, 74072 Heilbronn
„Mit der Erweiterung des bestehenden Volksbank-Gebäudes entsteht östlich der Allee ein kräftiger urbaner Stadtbaustein, der den Ort stärkt. Das neue Gebäude-Ensemble integriert Bestand und Neubau überzeugend. Die Ausformung der einzelnen Geschosse überzeugt in ihrer Klarheit. Der Sitzungssaal als Gelenk, Bindeglied der beiden Neubauflügel schafft eine wohltuende Akzentuierung des Innenhofes und öffnet sich in seiner architektonischen Transparenz zur Stadt. Die dem Innenhof zugeordneten Nutzungen lassen an der Allee einen attraktiven, lebendigen Aufenthaltsort eigener Prägung entstehen.
Das Gebäude-Ensemble leistet somit einen wesentlichen Beitrag zur Gestaltung des öffentlichen Raumes. Die Integration von Kunst, Kunstobjekten in der gestalterischen Auseinandersetzung überzeugt und schafft Orte eigener Identität. Dem „Heilbronner Bankhaus“ gelingt überzeugend der Spagat zwischen repräsentativem Gebäude-Ensemble und einem attraktiven öffentlichen urbanen Stadtraum an der Allee.“
Rathaus Leingarten, Heilbronner Straße, Leingarten
Bauherr: Gemeinde Leingarten
Architekt: Pool 2 Architekten, Querallee 36, 34119 Kassel
„Mit der Platzierung des neuen Rathauses konnte in Leingarten ein wohlproportionierter zentraler Platz entstehen. Der Kubus des neuen Rathauses behauptet sich selbstbewusst am Platz und hält respektvollen Abstand vom Ensemble Kirche-Pfarrhaus. Der Neubau strahlt Ruhe und Sachlichkeit aus. Gekonnt werden die öffentlichkeitsrelevanten Funktionen mit einer über alle Ebenen geöffneten Glasfassade dem Platz zugeordnet, während die Büros der Verwaltung seitlich und rückwärtig hinter unaufgeregten Lochfassaden angeordnet sind. Diese Reduktion der Architektursprache auf den Kubus mit seinen einfachen Gliederungselementen wird unterstrichen durch eine konsequente Natursteinfassade, die einerseits den Materialkontext mir der Kirche sucht und andererseits die vornehme Haltung des Neubaus belegt.
Im Inneren wird der Besucher in einem übersichtlichen Bürgerbüro empfangen und über einen offenen Erschließungskern in die Funktionsbereiche geleitet. Die sachliche Zurückhaltung ist auch im Sitzungssaal durchgehalten, der einen eindrucksvollen Blick auf den Platz, den Ort und die umgebende Landschaft eröffnet. Leingarten hat mit dem Ensemble Kirche-Rathaus-Marktplatz eine in städtebaulicher wie in architektonischer Hinsicht höchst qualitätvolle unverwechselbare Mitte gewonnen.“
Rathaus Brackenheim, Marktplatz, Brackenheim
Bauherr: Stadt Brackenheim
Architekt: Lederer Ragnarsdóttir Oei, Kornbergstraße 36, 70176 Stuttgart
„Ein Rathaus und eine Verwaltung, die für die Bürger da sind, eine Stadt, die sich auf den Weg gemacht hat, Bürgerkommune zu sein: Der Architekturentwurf von Lederer + Ragnarsdottir + Oei hat baulich umgesetzt, was Brackenheim als Stadtidee verfolgt.  An das barocke Rathaus schließen sich seit November 2011 zwei Erweiterungsbauten an. Der Zwischenbau mit Bürgerbüro und Bürgersaal und das Langhaus mit den bis dahin extern ausgelagerten Verwaltungsteilen bilden zusammen mit dem historischen Gebäude einen einladenden Platz zum verweilen, kommunizieren, feiern. In der Glasfront des Mittelbaus spiegelt sich das Fachwerk der Nachbargebäude, Gegenwart und Vergangenheit werden so zur Einheit.
Der quergestellte Zwischenbau steht mit Glas, hellem Holz und weißem Interieur für Offenheit und Transparenz von Bürgerbüro und Bürgersaal, sind eine gebaute Aufforderung an die Bürger zur Teilhabe und Mitwirkung. Die wenigen, unaufdringlichen Materialien und die individuelle Architekturhandschrift sind eine geradezu privat anmutende Einladung zum Wohlfühlen. Das anschließende Langhaus greift mit hohem Satteldach die Dachform der Umgebung auf, nimmt sich mit einfachen, gleichförmigen Fensterformaten selbst zurück. An der Ostseite wählten die Architekten die Zickzackform für die Fensteröffnungen, um den geringen Abstand zur benachbarten Kirche zu meistern: Im Inneren sind dadurch Büros entstanden, deren schlichte hölzerne Fensteröffnungen wie Bilderrahmen immer neue Blicke aus dem Neubau auf die historische Umgebung ermöglichen.“
Kleinkinderhaus Heilbronn, Max-Planck-Straße, Heilbronn
Bauherr: Verein für Waldorfpädagogik e.V.
Architekt: Mattes Sekiguchi Partner, Wilhelmstraße 5a, 74072 Heilbronn
„Das neue Kleinkindhaus liegt mitten in einer grünen Oase, quasi im Spannungsfeld von großmaßstäblichen Hochschul- und Schulkomplexen, aber auch heterogener Wohnbebauung. Sich mit einer eingeschossigen Baumaßnahme in diesem Feld qualifiziert aufzustellen, bedarf es eines starken Konzeptes. Auf der Basis der anthroposophischen Architekturauffassung Rudolf Steiners wurde eine bauliche Typologie entwickelt, welche vielfältige und qualitätvolle Raumsituationen mit unterschiedlichsten Außenraum- und Blickbeziehungen erzeugen kann. Die einzelnen Gruppen haben ihren jeweils privaten Grünbereich, während die Infrastrukturelemente sich wie selbstverständlich entlang des Hauptflurs bewegen und damit einen aufgelockerten Weg zu den einzelnen Gruppen erzeugen.
Sympathische Materialien schaffen dazu hin eine menschliche, kindgerechte Räumlichkeit, welche dort geöffnet ist, wo Sonnenlicht erwünscht ist und dort eher geschlossen ist, wo dienende Bereiche und Geborgenheit gefragt sind. Hier ist es gelungen, ein eigenständiges Haus für Kleinkinder zu bauen, das einen hohen Identifikationswert hat.“
Reblandhalle Neckarwestheim,  Reblandstraße , Neckarwestheim
Bauherr: Gemeinde Neckarwestheim
Architekt: BKT Architekten, Schubartstraße 20a, 74072 Heilbronn
„Inmitten der typischen Reblandschaft überrascht die plötzlich am Ortseingang von Neckarwestheim auftauchende Reblandhalle auf angenehmste Weise. Deutlich erkennbar ragt der zentrale Baukörper des Festsaals empor. Ein lang gestecktes, weit auskragendes Flugdach bietet das Rückgrat der Anlage und funktioniert als Erschließungsachse. Es strebt zur Landschaft hin und soll als Geste den schönen Ausblick auf die Sportflächen und die Landschaft ausdrücken. Zum tiefer liegenden Sportplatz aus bildet der fast 100 m lange Riegel des Foyers und der Gastronomie eine durchaus beeindruckende Kulisse, die man in einem Ort dieser Größe zunächst nicht vermuten würde. Der austragende Zuschauerbalkon, von dem aus eine hervorragende Sicht auf das gesamte Spielgeschehen der Sportplätze gegeben ist, ergänzt den selbstbewussten Auftritt.
Die Funktionsbereiche sind gut zueinander angeordnet. Auch sie nehmen intensiven Bezug zur Landschaft auf und bieten Sichtachsen zum Schloss Liebenstein und zum vorgelagerten Sportfeld. Schöne, wertige, zeitgemäße Materialien vermeiden jeglichen Eindruck von üblichen Vereinsheimbauten. Es ist erfreulich, dass es gelungen ist, hier eine – zugleich angemessene, aber auch außergewöhnlich attraktive und elegante Architektur entstehen zu lassen, mit hohem Anziehungs- und Nutzwert für alle Teile der Bevölkerung.“
Kilianshaus Heilbronn, Kirchbrunnenstraße, Heilbronn
Bauherr: Evangelische Gesamtkirchengemeinde Heilbronn
Architekt: Müller Architekten, Wilhelmstr. 5a, 74072 Heilbronn 
„Das zeittypische Wohn- und Geschäftshaus aus den 1950er Jahren wurde 2012 unter Beibehaltung der äußeren Kubatur -nach einem Architektenwettbewerb- generalsaniert. Hierbei ist es gelungen, einerseits die Umgebungsbebauung in ihren unterschiedlichen Qualitäten einzubeziehen, andererseits mit einer eigenen Identität eine Verbesserung der städtebaulichen Situation zu schaffen. So wird die Typologie Lochfassade derart eingesetzt, dass sie weder historisierend noch modernistisch, die Umgebungsbebauung ignorierend wirkt. Die Traufhöhen der angrenzenden Baukörper werden sensibel übernommen, gleichzeitig wird der neue Baukörper durch leichte Formatänderungen der Lochfassade in seiner Körnung der Umgebung angepasst.
Der Bezug zur gegenüberliegenden Kilianskirche wird wie selbstverständlich durch den Einsatz der großflächigen Natursteinfassade hergestellt. Das neue Kilianshaus schafft so eine klare städtebauliche Verbesserung, gleichzeitig eine spezifische Identität an der Kilianskirche. Das Projekt zeigt beispielhaft die Chancen einer behutsamen Gebäude- und Stadtreparatur, und die Herstellung neuer Qualitäten und Bezüge zur Umgebung.“
Villa in Hohenlohe
Bauherr: Eva und Christopher Philipp, Waldenburg
Architekt: Philipp Architekten, Wittighäuser Steige 2, 74547 Untermünkheim
 
„Imposant erstreckt sich die weiße Villa entlang einer Hügelkante auf der Höhe von Waldenburg. Der klar gegliederte zweistöckige Baukörper öffnet sich nach Norden mit einem atemberaubenden Fernblick über die Hohenloher Ebene. Verstärkt wird dieser Eindruck durch die komplette Verglasung des Haupthauses, so dass der Riegel des Dachgeschosses zu schweben scheint. Durch eine sich nach Süden geöffnete Dachschräge wird dieser Riegel mit Licht durchflutet. Fast nüchtern in der Ausgestaltung benötigt die Villa keine weiteren Verzierungen und beschränkt sich auf wenige Materialien. Die umgebende Rasenfläche unterstreicht diesen puristischen Ansatz. Die Architektur des Hauses beeindruckt durch die klare Gliederung und Formsprache und nutzt konsequent die außergewöhnliche Topologie des Ortes.“
Info: Mehr Fotos sowie Bau- und Lagepläne sind in der Ausstellung zum Auszeichnungsverfahren zu sehen. Von 23. Oktober bis 5. November in der Schalterhalle der Volksbank Heilbronn an der Allee.
      
Hintergrund: Hugo-Häring-Landespreis
Der Bund Deutscher Architekten Baden-Württemberg verleiht seit 1969 im Abstand von drei Jahren den „Hugo-Häring-Landespreis“ für vorbildliche Bauwerke in Baden-Württemberg an Bauherren und Architekten für ihr gemeinsames Werk. Am 22. Oktober fand als Vorstufe die Preisverleihung zur „Hugo-Häring-Auszeichnung“ auf Kreisgruppenebene im Abraham-Gumbel-Saal im Heilbronner Bankhaus statt.
Jury

Aus 39 Projekten aus der Region Heilbronn-Franken wurden von der Jury (von rechts: Dieter Ben Kauffmann, Mathias Hähnig, Alexander Vohl, Harald Unkelbach und Wolfgang Schreiber) sieben Preisträger ausgewählt, deren Projekte im Rahmen der Preisverleihung vorgestellt und gewürdigt werden. Anschließend wurde die Ausstellung aller eingereichten Projekte eröffnet, die in der Schalterhalle der Volksbank bis zum 5. November zu sehen sein wird. iba







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