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Alte Brücke wird nicht gerettet

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Heilbronn - Die Tage der historischen Brücke sind gezählt. Das Landesamt für Denkmalpflege hat die Grabung auf der Hotelbaustelle am Bollwerksturm abgeschlossen. An einen Wiederaufbau der Bogenbrücke aus dem 17. Jahrhundert ist nicht gedacht.

Von unserer Redakteurin Gertrud Schubert

 

Heilbronn - Die Tage der historischen Brücke sind gezählt. Das Landesamt für Denkmalpflege (LAD) hat die Grabung auf der Hotelbaustelle am Bollwerksturm Heilbronn abgeschlossen. An einen Wiederaufbau der Bogenbrücke aus dem 17. Jahrhundert ist nicht gedacht. Mitte nächster Woche wird der Bagger die mächtigen Sandsteine aus ihren Fundamenten reißen.

Alles dokumentiert

Die Überraschung war groß in der Stadt, als die Bauarbeiten nicht nur ein paar Mauerreste und Scherben zutage förderten, sondern eine sehr gut erhaltene Sandsteinbrücke und sauber gearbeitete Kanalmauern (wir berichteten). Vier Wochen war Benjamin Nix vom LAD vor Ort, legte mit Grabungshelfern und einem sehr geschickten Baggerfahrer − bei laufendem Baustellenbetrieb − die Fundstelle frei, bis er auf Grundwasser stieß. Zuletzt entdeckte Nix einen bearbeiteten Eichenstamm, der sich als Wasserleitung, vermutlich aus dem 19. Jahrhundert, entpuppte. In dem alten Kanal liegen Sandsteinfundamente späterer Bauten und eine hölzerne Plattform, deren Funktion der Grabungsleiter noch nicht zuordnen konnte. Alles ist dokumentiert und fotografiert, kleinere Fundstücke wie Scherben werden im Landesamt untersucht.

Weniger überrascht von den Entdeckungen ist Dr. Susanne Arnold, die zuständige Gebietsreferentin für die Archäologie des Mittelalters und der frühen Neuzeit. Das LAD hatte auf dem Gelände des ehemaligen Bollwerks, der früheren Mühlen und Fabriken mit wichtigen Funden gerechnet. Deshalb hatte das Amt schon 2004 in einer Stellungnahme zum Bebauungsplan von einer Bebauung nördlich des Turms dringend abgeraten. Zudem verlangten die Denkmalpfleger, dass der Bollwerksturm von den Neubauten ringsum nicht in den Schatten gestellt wird und seine stadtbildprägende Rolle behält.

Kein Disneyland

Auch Baubürgermeister Winfried Hajek betont, mit historischen Funden gerechnet zu haben: "Wir kennen die alten Grundrisse der Stadt." Doch er hatte nicht erwartet, dort den "Schatz des Priamos" zu finden. Er verstehe zwar die freudige Aufregung, wenn im kriegszerstörten Heilbronn "ein Zipfel der Geschichte erwischt wird". Die Brücke Stein für Stein auszugraben und an anderer Stelle wieder aufzubauen, kam für ihn aber nie in Frage.

Eichenholz diente als Material für die Wasserleitungen, die man bei den Bauarbeiten in Heilbronn jetzt fand.Foto: Stadtarchiv Heilbronn
Eichenholz diente als Material für die Wasserleitungen, die man bei den Bauarbeiten in Heilbronn jetzt fand.Foto: Stadtarchiv Heilbronn
"Disneyland", sagt dazu auch Susanne Arnold lapidar. Beharrlich vertritt sie den Standpunkt: "Ein Denkmal ist immer nur ein Denkmal an dem Ort, an dem es entstanden ist." Die Brücke an Ort und Stelle zu sichern, ist indes nicht möglich. Architekt Reimund Landerer kann die Baupläne unmöglich umwerfen. Exakt an der Fundstelle befinden sich künftig Keller und Technikraum des Hotels.

Selbst wenn sich ein Sichtfenster über die Fundstelle legen ließe, Susanne Arnold wäre nicht dafür. Der Fundort ist feucht, das Glas wäre häufig beschlagen und schnell von Algen überzogen. Auch die dritte Möglichkeit, die Grabung an Ort und Stelle zugänglich zu machen, verwirft die Spezialistin. Mal ganz abgesehen davon, dass das bei dem Heilbronner Hotelbau nicht möglich ist: Frost würde die Steine beschädigen. Und oft verkämen solche Anlagen zu Müllkippen.

Kleine Schätze

Stadthistoriker Walter Hirschmann hat wenigstens ein paar Schätze aus der Grabung am Bollwerksturm gerettet. Bruchstücke alter Mühlsteine, die in Fundamenten anderer Häuser wiederverwendet waren, ließ er ins Lapidarium bringen. Ebenso einen schönen Sandsteinquader vom Kanal. Schon aus der Stadtbahnbaustelle in der Allee sicherte Hirschmann einige Fundstücke − die liegen jetzt als Häufchen in der Vitrine "17. Jahrhundert" im Otto-Rettenmaier-Haus. Zwei 40 Zentimeter lange Stücke der Wasserleitung sollen in die Städtischen Museen. Doch sei es schwierig, das feuchte Holz ohne Schaden zu trocknen.

Keine Besichtigung

Etwa Mitte nächster Woche, bis zu einer letzten Besprechung über die Grabung vor Ort, ist Gelegenheit, über den Bauzaun einen Blick auf die Brücke zu werfen. Benjamin Nix hat schon vielen Neugierigen – so weit es sein strenger Zeitplan zuließ – die Funde kurz erklärt. Eine offizielle Führung wird es indes nicht geben. Die Stadt Heilbronn lehnt aus Haftungsgründen eine Führung ab. ger



 
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