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Zuckerhase: Biss zurück in die Kindheit

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Die Gundelsheimerin Magdalena Muth und ihr Team gießen jedes Jahr Osterfiguren aus Zucker nach alter Tradition

Von Martina Braden
Zuckerhase: Biss zurück in die Kindheit
Zuckerhase: Biss zurück in die Kindheit

Von Martina Braden

Einmal im Jahr, immer vor Ostern, sind die Brezeln in der Bäckerei Muth in Gundelsheim früher fertig als sonst. Es ist der Tag, an dem Zuckerhasen in Handarbeit hergestellt werden. Und der Tag, an dem die 81-jährige Seniorchefin Magdalena Muth selbst das Kommando in der Backstube übernimmt. Vier junge Männer, Juniorchef, Meister, Geselle und Azubi assistieren ihr. Mit Handschuhen und Küchenmesser stehen sie um eine Arbeitsplatte herum und warten auf Anweisungen. Ihr Blick richtet sich in eine Ecke der hell gekachelten Backstube auf einen kleinen Kupfertopf, in dem große, zähe Blasen blubbern.

„Gutes Wetter für die Zuckerhasen“, sagt Magdalena Muth und zeigt durch die sperrangelweit geöffneten Fenster auf kalten Regen.

Seit 55 Jahren schon gießt Magdalena Muth Zuckerhasen: „Früher hat man drei bis vier Zentner Zucker zur Osterzeit verarbeitet, heute sind es so um die 40 Kilogramm“, sagt sie. Sie hat weißes Haar und kräftige Hände, die in dicken Handschuhen stecken. Ihr Kopf ist schon ein wenig rot von der Anstrengung.

Sie greift den langen Topfstil und füllt eine leuchtend rote Masse aus Zucker, Butter, Sirup, Wasser und Lebensmittelfarbe in eine der 200 verschiedenen Gussformen. Sie lässt die Masse am Rand entlanggleiten, gießt sie zurück in den Topf, der auf einem Gasbrenner steht. „Der Rand muss hauchdünn werden. Die Masse muss beim Einfüllen heiß und beim Herausnehmen kalt genug sein “, gibt sie ein Stück Zuckerhasen-Geheimnis preis.

Inzwischen hat sich in den typischen Geruch einer Backstube aus rohem Teig und frischen Ofendüften ein Karamell-Geruch gemischt. Offensichtlich dringt er bis auf die Straße: Ein Freund der Familie kommt in die Backstube. Er beobachtet die Helfer, nimmt sich ein kleines Bruchstück Zuckerhase vom Blech und sagt: „Wenn man da hineinbeißt, fühlt man sich zurückversetzt in die Kindheit. Damals gab es nichts anderes. Als Kinder haben wir uns vor allem wegen dieser Zuckerhasen so auf Ostern gefreut.“

Nach fünf Stunden Fingerspitzengefühl und vielen Kilos Zucker steht eine ganze Armee von roten, gelben und braunen Hasen auf dem Backblech. Hasen, die einen Korb auf dem Rücken tragen, Hasen, die auf einem Motorrad fahren und vor allem Hasen, die irgendwie selbst ein wenig nostalgisch dreinblicken.

Der Härtetest? Der Biss in einen Zuckerhasen klingt hell und klirrend, nicht dumpf und hohl wie bei seinem Artgenossen aus Kakao. Theoretisch beißt man nur in Zucker. Praktisch ein ganzer Mund voll Glück.

Zuckerhase: Biss zurück in die Kindheit
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