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Ein Mosaiksteinchen der Stadtgeschichte

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Gundelsheimer Heimatforscher leistet detektivische Arbeit - „Ich hab’ das Gaswerk gefunden“

Von Rudolf Landauer
Das alte Foto liefert den Beweis: Leo Achtziger konnte damit das Gundelsheimer Gaswerk (Pfeil) nachweisen. Der Abbruch der Konservenfabrik stellte das Gebäude an der Heilbronner Straße frei. (Foto/Repro: Rudolf Landauer)
Das alte Foto liefert den Beweis: Leo Achtziger konnte damit das Gundelsheimer Gaswerk (Pfeil) nachweisen. Der Abbruch der Konservenfabrik stellte das Gebäude an der Heilbronner Straße frei. (Foto/Repro: Rudolf Landauer)

Von Rudolf Landauer

Im Süden Gundelsheims beseitigen große Bagger derzeit die Spuren einer Zeit, die wohl als Konserven-Epoche in die Stadtgeschichte Eingang finden wird. Doch die Bagger beseitigten nicht nur, sie stellten auch etwas frei. Etwas, wonach der Gundelsheimer Heimatforscher Leo Achtziger lange gesucht hat. „Ich hab’ das Gaswerk gefunden.“ Kürzlich wanderte er um das Gelände, um sich ein Bild vom Abbruch der ehemals Schwäbischen Conservenfabrik zu machen. Dabei fiel ihm das hohe Backsteingebäude auf, das vorne an der Straße noch stand. „Irgendwie kam mir das Gebäude bekannt vor, obwohl es eigentlich immer Bestandteil der Fabrik war“, meinte der rührige Forscher. Jetzt, wo das Ziegelgebäude solitär stand und ringsum alle anderen Hallen abgerissen waren, kam es wie ein Blitz über ihn: „Das muss das Gaswerk sein.“ Leo Achtziger: „Niemand konnte mir bis zu diesem Zeitpunkt sagen, wo es denn genau stand.“ Eine detektivische Arbeit begann.

Leo Achtziger besitzt eine der umfangreichsten Sammlungen an Fotos und Postkarten des Neckartals und angrenzender Gebiete. Über Jahrzehnte sammelte er Postkarten, Stadtansichten und Luftbilder, die sich zu Tausenden in seinem Archiv befinden. Genau dorthin begab er sich und suchte nach Bildern, die er mit seiner Entdeckung in Verbindung brachte. Er wurde fündig. Einen Freudensprung machte er, als ihm die richtigen Fotos in die Händen fielen. Auf den alten Bildern war das Gaswerk genau an der Stelle abgebildet, wo es jetzt die Bagger beseitigen: Genau 100 Jahre nachdem das „Acethylengaswerk der Stadtgemeinde Gundelsheim“ 1906 gebaut worden war.

Der Hobbyforscher ist sich sicher, dass es sich um das Gaswerk handelt. Die Aussagekraft der Bilder ist sehr gut. „Das ist ein Freudentag für mich. Jetzt können wir der Stadtgeschichte wieder ein Mosaiksteinchen zufügen“, meinte er glücklich.

Wie Leo Achtziger recherchierte, stand Gundelsheim am Anfang des 20. Jahrhunderts größtenteils im Dunkeln. Um die Straßen wenigstens mit spärlichem Gaslicht zu beleuchten, war Gas erforderlich. Dr. Ludwig Roemheld, von 1899 bis 1938 ärztlicher Leiter der Kuranstalt in Schloss Horneck, hatte bereits 1905 zwei Dampfkraftturbinen bauen lassen und versorgte das Schloss mit Strom. Für die Menschen war es damals eine Sensation, als 2500 Birnen das Schloss hell beleuchteten, die weit im Neckartal zu sehen waren. Das Gaswerk bestand von 1905 bis 1917 und man gewann aus Kohle Gas. Direkt neben dem Gaswerk siedelte daher „Kohlen-Englert“ an. Wegen der 1912 beginnenden Elektrifizierung und dem Bau der Gurkenfabrik wurde das Gaswerk überflüssig. Es wurde von der Firma Kühne in die Gurkenfabrik integriert.

Dort, wo einst die Gastanks waren, standen bis jetzt hölzerne Essigsilos. Mit ihnen verschwinden Zeugen dieser sauren Epoche.

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