Namen mit bewegter Vergangenheit
Landkreis Bunte Geschichten ranken sich um Gasthaus-Bezeichnungen

Nördlicher - Gaststätten der Region heißen „Traube“, „Linde“, „Rose“. „Im Ochsen“ kehrt man hier ein und „Im Lamm“. Auch „Der Adler“ gehört zu den Klassikern; bereits in der Antike hat es Gasthäuser dieses Namens gegeben, nebst entsprechendem Wirtshausschild. Gasthausnamen spiegeln Tradition und Besonderheit der Gegend, unterscheidet sie von Gefilden, wo ein „Brauner Hirsch“ üblich ist oder ein „Störtebecker“.
Alteingeführte Namen, die noch heutigen Empfehlungen von Betriebsberatern entsprechen: Sie sind einfach zu merken und einfach auszusprechen.
Befragung Bei „Schnitzel Charly“ in Bad Friedrichshall gibt es, was die Aussprache betrifft, zwei Varianten: Schnitzel Scharly oder Tschnitzel Tscharly. Ein bildhafter Name, er hält, was er verspricht: riesige Schnitzel.
Aber was kann man sich unter „Nel Bosco“ vorstellen? Eine kurze Befragung im engeren Familienkreis führt zu folgendem Ergebnis: „Großer, brauner Hund“, sagt der Jüngste, „Knallerbse“ kichert die pubertierende Schwester, und der Abiturient mit Leistungsfach Geschichte mutmaßt: „Eine Mätresse der Dogenzeit“.
Ein Ausflug nach Oedheim beantwortet die Frage. Angesichts der malerischen Lage der Pizzeria wird klar: „Nel Bosco“ kann nur „Am Walde“ heißen.
„Feyerabend“ in Bad Wimpfen: Ein Restaurant, nach dem benannt, was man hier macht? Feierabend? „Aber wir heißen doch so!“, sagt Ilse Schachtsiek, die Wirtin. „Ich bin eine geborene Feyerabend.“ Ein weiteres Lokal wird von der Familie Schachtsiek bewirtschaftet. „Friedrich“. „Weil bei uns die Männer alle Friedrich heißen.“
Manchmal stehen auch literarische Figuren Pate bei der Benennung eines Restaurants. So „Don Camillo“ in Untereisesheim. Und „Anna Blume“ in Bad Wimpfen.
„Oh Du, Geliebte meiner 27 Sinne, ich liebe Dir!“, schwärmt Kurt Schwitters in seinem Gedicht. Auch das Blumencafé muss man lieben. Der Vorname der Besitzerin Maria Anna Stabiszewski taucht im Firmennamen auf. „'Anna Blume ist rot', heißt es im Gedicht“, sagt die Mitarbeiterin Katharina Thot. „Rot ist auch unser Salon.“
„Himmelreich“: So heißt ein Café in Gundelsheim, mit großen Panoramafenstern, im vierten Stock eines Textilkaufhauses. „Himmelreich“ heißt auch das Gewann, auf das die Besucher blicken. Wie im Himmelreich fühlt sich wohl auch die Frau, die vor dem Cafébesuch im dritten Stock ihr Brautkleid ausgesucht hat.
Und woher kommt der Name „Zum Rössle“? Nein, mit dem „Weißen Rössel“ hat das nichts zu tun, wehrt Irmgard Zimmermann, die Wirtin „Zum Rössle“ in Oedheim, einen nahe liegenden Gedanken ab. Die Erklärung ist eine andere: „Mein Schwiegervater war Viehhändler. Hier gab es Pferde.“
Apropos Stall: „Hitzfelder“ in Neckarsulm, seit 1878 im Besitz der Familie, führt, nachdem 1947 der ehemalige Stall in einen Saal umgebaut wurde, den so eigenartigen wie anspruchsvollen Beinamen „Saalbau“.
Marienfigur Und was hat es mit dem „Gnadenstäffele“ in Neckarsulm auf sich? Es ist eine alte Geschichte, die ins Mittelalter führt, zum Vorgängerhaus mit einer Marienfigur im Erker. Das Haus der Familie Merkle, im Krieg zerstört, wurde wieder aufgebaut und wieder mit einer Marienfigur geschmückt, die dem vermissten Hausherrn den Weg zurück nach Hause weisen möge. Dieser aber starb in Russland. Heute gedeiht im „Gnadenstäffele“ - unter Marias Segen - eine wahrhaft schmackhafte Küche.


