Ein gutes Auge und viel Gefühl in der Hand
Wolfgang Giehl misst sich ab heute bei der deutschen Meisterschaft der Staplerfahrer

Erlenbach - Nach zwei, drei Stunden, sagt Wolfgang Giehl aus Erlenbach, sieht er bei einem Anfänger, ob das jemals was wird mit dem Gabelstaplerfahren. Wer nicht das Zeug dazu hat, lässt die Finger vom Gerät. Schließlich bewegen die Fahrzeuge beim Transport- und Logistikdienstleister DSV in der Heilbronner Dieselstraße Gitterkisten mit Getriebeteilen im Wert von mehreren tausend Euro.
Finale Einer der"s kann, ist der Chef. Wolfgang Giehl, technischer Leiter bei DSV, misst sich ab Freitag bei der deutschen Meisterschaft der Staplerfahrer in Aschaffenburg mit den 60 besten Kollegen aus der ganzen Bundesrepublik. Rund 2000 Konkurrenten haben die Finalisten in den vergangenen Monaten bei Qualifikationswettkämpfen hinter sich gelassen. Von Giehls zweitem Platz in der Vorentscheidung zeugt ein schwerer Pokal mit Weltkugel im Büro. Dafür hat der Mann, der privat das Lagergefährt mit dem Alpha Romeo tauscht, Schaumstoffkisten in drei Metern Höhe aufeinander gesetzt. Mit einem Modellstapler, der auf den Gabelzinken befestigt war, eine Minipalette aufgenommen und auf der Ladefläche eines Modell-Lkws platziert. Und Gitterboxen mit Grafiken so umgesetzt und sortiert, dass sich ein zusammenhängendes Bild ergibt.
Zwei von den insgesamt 30 Staplerfahrern der Firma DSV in Heilbronn hatten sich für den Cup 2010 angemeldet, sind aber in der Vorrunde hängen geblieben. Denn das ist eigentlich der Grund, warum der 44-Jährige sich dem Wettkampf stellt: die Mitarbeitermotivation. "Die wollen schließlich den Chef besiegen", sagt der gelernte Kfz-Mechaniker, der seit 16 Jahren das Gefühl für Pedale und Hydraulikhebel trainiert. Sein Ziel ist, unter die ersten zehn zu kommen. "Ich versuche, mich nicht ablenken zu lassen. Was schwer ist, weil da so viele Leute sind." Für 2011 haben sich schon sieben Staplerfahrer der Firma für den Cup angemeldet. Ehrensache, dass der Chef wieder mit dabei ist. Auf was es ankommt? "Geschicklichkeit, Schnelligkeit, ein gutes Auge, eine gefühlvolle Hand." Das wird klar, als Giehl Leergut für Audi vom Lkw lädt. Kopf gesenkt, die Modulträger für Armaturenbretter im Blick, fährt er die Gabel präzise unter das Leergut, nimmt es auf, schon schwebt es in der Luft. Ein Kinderspiel für den Profi. "Das geht einem in Fleisch und Blut über."
Nervös Gitterkisten sind eine größere Herausforderung. "Man nimmt sie schnell schief auf, weil sie eine schwerere und eine leichtere Seite haben, sie können runterrutschen, verhaken sich", zählt der groß gewachsene Mann auf, der auch schon über eine Bewerbung bei Wetten dass? nachgedacht hat. Vor einigen Jahren hat der Erlenbacher bereits an einer deutschen Meisterschaft teilgenommen. Mit dem 14. Platz bei 146 Teilnehmern war er unzufrieden. "Ich war zu nervös", bemängelt er. Dieses Mal soll"s besser werden. Dafür sorgt sicher auch die 13-jährige Tochter, die dem Papa die Daumen drückt.