Bürgermeister Christian Stuber über den Bundeswehrstandort Neckarzimmern
Neckarzimmern - Rund acht Milliarden Euro muss Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg in den kommenden Jahren bei der Bundeswehr einsparen. Dazu will er unter anderem die Truppe auf 165 000 Mann reduzieren. Standortschließungen drohen auf breiter Front. Wer betroffen sein wird, ist offen.

Neckarzimmern - Rund acht Milliarden Euro muss Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg in den kommenden Jahren bei der Bundeswehr einsparen. Dazu will er unter anderem die Truppe auf 165 000 Mann reduzieren. Standortschließungen drohen auf breiter Front. Wer betroffen sein wird, ist offen. Wolfgang Müller sprach mit Bürgermeister Christian Stuber über das Materialdepot der Bundeswehr in der Untertageanlage in Neckarzimmern.
Die Spardiskussion bei der Bundeswehr könnte wieder einmal Neckarzimmern treffen. Fürchten Sie um Ihren Standort?
Christian Stuber: Viele Gemeinden in Baden-Württemberg bangen um ihren Standort. Auch wir in Neckarzimmern müssen befürchten, dass eine weitere Schwächung die Folge der Strukturreform sein könnte. Dabei mussten wir bereits in den vergangenen Strukturreformen der Bundeswehr massive negative Auswirkungen verkraften.
In einem Materiallager der Bundeswehr in Karlsruhe sind jetzt zwei 14- und zehnjährige Jungen über Monate hinweg unbemerkt eingebrochen und haben einen Schaden von 200 000 Euro angerichtet. Stärken solche Nachrichten die Untertageanlage in Neckarzimmern?
Stuber: Ich bin überhaupt kein Freund davon, Standortkommunen gegeneinander auszuspielen. Aber natürlich ist die Untertageanlage in Neckarzimmern sehr sicher.
Könnte die besondere Lage des Materiallagers unter Tage im Hornberg also auch ein Vorteil sein? Obwohl der Verteidigungsminister kräftig einsparen muss und eine Untertageanlage immer kostenintensiv ist.
Stuber: Natürlich sehe ich durchaus auch die Möglichkeit, dass der Bundeswehrstandort Neckarzimmern durch die Reform gestärkt werden könnte. Die Verantwortlichen der Bundeswehr könnten aus meiner Sicht aufgrund der vorhandene Infrastruktur und der freien Lagerkapazität in der Untertageanlage durchaus auch zu dem Ergebnis kommen, die bisherigen dezentralen und kostenintensiven Strukturen zugunsten des Materiallagers in Neckarzimmern aufzugeben.

Welche Auswirkungen befürchten Sie bei einer weiteren Reduzierung des Personals in Neckarzimmern?
Stuber: Das hätte für die Gemeinde erhebliche negative Auswirkungen. Die gesamte Infrastruktur unserer Kommune ist auf die Präsenz der Bundeswehr ausgerichtet. Von der Grundschule über den Kindergarten bis hin zu den Straßen und der Abwasserentsorgung: Alle Planungen der Gemeinde sind zum damaligen Zeitpunkt auf die Belange der Bundeswehr abgestimmt worden. Die Bundeswehr war und ist in Neckarzimmern immer willkommen. Umso tragischer wäre es nun, wenn sich die Streitkräfte Schritt für Schritt verabschieden würden.
Was fordern Sie vom Verteidigungsminister für Ihre Gemeinde?
Stuber: Ich bin mir sehr wohl bewusst, dass der Bundesverteidigungsminister eine grundlegende Reform der Bundeswehr auf den Weg bringen muss. Ich fordere aber bei der Detailplanung der künftigen Bundeswehrstruktur einen frühen und offenen Dialog mit allen Standortkommunen.
Aber werden die nicht alle das gleiche wollen?
Stuber: Da bin ich nicht so sicher. Während manche Großstädte lieber heute als morgen ihre Standorte zugunsten attraktiver Flächen für die Stadtentwicklung aufgeben würden, sind die Kommunen im ländlichen Raum auf die Wirtschaftskraft der Bundeswehr dringend angewiesen und können darüber hinaus in vielen Fällen flexibel und zeitnah auf die Anforderungen der Bundeswehr reagieren. Hier sollten im Dialog mit den Standortgemeinden zumindest in Einzelfällen Lösungen gesucht und gefunden werden.
Der Sprecher der Standortgemeinden und Ellwanger Bürgermeister Karl Hilsenbeck kann sich finanzielle Hilfsprogramme des Bundes für zivile Projekte vorstellen, sollte die Reform baden-württembergische Standorte rasieren. Ist das für Sie vorstellbar?
Stuber: Für die Untertageanlage in Neckarzimmern wäre eine zivile Folgenutzung im Vergleich zu Flächen unter freiem Himmel kaum realisierbar. Daher gibt es aus meiner Sicht zur militärische Nutzung der Anlage in Neckarzimmern keine Alternative.
Materiallager im Hornberg
Im Materiallager der Bundeswehr am Standort Neckarzimmern sind rund 350 Personen beschäftigt. Die meisten davon sind Zivilisten, nur rund 15 Mitarbeiter sind Soldaten. Bei dem Materiallager handelt es sich um ein 40-Kilometer-Stollenlabyrinth, dass sich im Hornberg befindet. Rund 150 Meter unterhalb von Burg Hornberg lagern und verwalten die Mitarbeiter von hier aus ein breit gefächertes Spektrum an Material mit mehr als 150 000 verschiedenen Artikeln für die deutschen Streitkräfte im In- und Ausland. Bereits mit der Bundeswehrreform 2004 wurde die Zahl der Dienstposten in Neckarzimmern mehr als halbiert. Hier war auch die Luftwaffenwerft der Bundeswehr untergebracht.