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Vermeintlich teure Kreiselkunst sorgt für Diskussion

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Sind 30 000 Euro für eine Säule und ein Stahlblech viel oder wenig? Und wer hat das Geld eigentlich bekommen?

Von unserem Redakteur Christian Gleichauf
Neues Kunstwerk am Kreisel neben der Ballei: Die letzten Arbeiten laufen, am Freitag soll es fertig sein. Foto: Christian Gleichauf
Neues Kunstwerk am Kreisel neben der Ballei: Die letzten Arbeiten laufen, am Freitag soll es fertig sein. Foto: Christian Gleichauf

Inzwischen wird in Neckarsulm jede Investition kritisch beäugt. Erst recht, wenn sie an so prominenter Stelle wie das Kreiselkunstwerk neben der Zentralen Omnibushaltestelle Ballei (ZOB) für alle sichtbar wird. Noch bevor die letzten Schweißnähte durch die Neckarsulmer Metallbaufirma Perger gesetzt sind, fragen sich viele Neckarsulmer, ob die Herstellungskosten von rund 30 000 Euro für die Skulptur gerechtfertigt sind.

Honorarfragen Zusätzliche Fragen wirft die Tatsache auf, dass der Entwurf für das Ensemble aus einer Muschelkalksäule vor einer rostigen Stahlwand von Klaus Grabbe stammt. Ein Denkmal für den ehemaligen Neckarsulmer Baubürgermeister? Oder gar eine Vergoldung seiner Freizeitbeschäftigung als Bildhauer? Regelmäßig verbrachte Grabbe schließlich Urlaube in Italien, um sich in dieser Kunst weiterzuentwickeln. Vor 15 Jahren hat er das Neckarsulmer Bildhauersymposium "Kunstbewegt" ins Leben gerufen. Fragen an die Verwaltung.

"Nein, Herr Grabbe hat die Skulptur im Rahmen seiner üblichen Verwaltungstätigkeit entworfen und er hat dafür kein Geld erhalten", sagt Stadt-Sprecher Andreas Bracht. Die 30 000 Euro seien die reinen Herstellungskosten. Im Detail die Muschelkalksäule in Segmenten, Durchmesser 600 Millimeter: 12 000 Euro. Walzstahl, Materialstärke 20 Millimeter: 4500 Euro. Montage: 3500 Euro. Schweißarbeiten: 1500 Euro. Fundamentierung mit Erdarbeiten: 1000 Euro. Gärtnerarbeiten werden vom Bauhof ausgeführt: 2500 Euro. Macht zusammen 25 000 Euro netto plus 19 Prozent Mehrwertsteuer gleich 29 750 Euro.

Beschlossen wurde der Bau vom Gemeinderat übrigens im Juli 2015, also bevor das Ausmaß der Gewerbesteuereinbrüche durch Lidl Deutschland und VW/Audi bekannt wurde.

Vor drei Jahren waren Kreiselkunstwerke noch grundsätzlich in der Kritik, weil sie plötzlich als Gefahr im Straßenverkehr galten. Das Land machte Druck, viele Landratsämter wie auch das in Heilbronn verlangten den Rückbau zahlreicher Monumente. Dann der Salto rückwärts im Stuttgarter Verkehrsministerium. Seitdem gelten die runden Flächen wieder als ideale Standorte für die Aushängeschilder eines Orts. Auch in Neckarsulm.

Vergleich Zuletzt wurde dort 2015 das Großskulpturen-Ensemble auf dem Kreisverkehr an der Städtischen Musikschule eingeweiht, das bei Kunstbewegt entstand und ebenfalls 30 000 Euro gekostet hat. Die Solarplastiken des Bildhauers Gottfried Gruner, die an den Ortseingängen die Besucher begrüßen, waren noch etwas teurer. Die im Sommer 2004 zuletzt aufgestellte am Ortseingang Amorbach hatte 40 000 Euro gekostet. Andernorts im Landkreis waren in den vergangenen Jahren auch schon Kreisel mit Kunst für bis zu 100 000 Euro geschmückt worden. Dabei sind die Kosten nur die eine Seite, eine andere ist die Bewertung des künstlerischen Werts. Da werden die Meinungen wohl auch weiterhin auseinander gehen. Kostenloser Entwurf hin oder her.

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