Neckarsulm
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Neuer OB verdient weniger Geld

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Mit dem Wechsel an der Neckarsulmer Rathausspitze musste der Gemeinderat entscheiden, wie viel Geld der künftige Oberbürgermeister Steffen Hertwig verdient. Weniger als sein Vorgänger entschied die Mehrheit von CDU und FWV.

Von unserer Redakteurin Julia Neuert
Im Amtszimmer des Neckarsulmer Oberbürgermeisters sitzt künftig Steffen Hertwig, der erst einmal weniger Geld bekommt als sein Vorgänger. Foto: Archiv/Seidel
Im Amtszimmer des Neckarsulmer Oberbürgermeisters sitzt künftig Steffen Hertwig, der erst einmal weniger Geld bekommt als sein Vorgänger. Foto: Archiv/Seidel

Mit zwölf zu zehn Stimmen votierten beide Fraktionen am Donnerstag geschlossen gegen den Willen von SPD, Grünen und FDP. Noch-Amtsinhaber Joachim Scholz enthielt sich der Stimme. Neckarsulms Oberbürgermeister Steffen Hertwig verdient damit künftig 9170,43 Euro im Monat, was der Eingruppierung in B6 entspricht.

Spielraum

Das Landesbesoldunggesetz sieht Spielräume vor, die Haupt- und Personalamtsleiter Andreas Eschbach im Rat erläuterte. Bemessungsgrundlage ist die Einwohnerzahl von aktuell 26 000 in Neckarsulm, die sich in der Verwaltungsgemeinschaft mit Erlenbach und Untereisesheim auf über 30 000 summiert.

Ab dieser Größenordnung ist eine Einstufung in B6 oder B7 möglich. "Angesichts der Finanzsituation gehen wir in Neckarsulm eher in Richtung 50 000 Einwohner", sagte Eschbach. Ebenfalls zu berücksichtigen sei die Schwierigkeit des Amtes. Wegen der Themen − Eschbach nannte unter anderem das Aquatoll als Beispiel − sei es also durchaus gerechtfertigt, dem Verwaltungschef die höhere Gehaltsstufe zu gewähren.

Der Verwaltungsausschuss hatte bereits vorberaten: B6 − und damit weniger Geld − lautete die Empfehlung des Gremiums, in dem wie im Gemeinderat auch CDU und FWV die Mehrheit haben. Bei der Bezahlung von Baubürgermeisterin Dr. Suzanne Mösel vor rund einem Jahr war die Entscheidung − trotz Sparanstrengungen − zugunsten der höheren Klasse gefallen.

Diskussion

Roland Stammler, Fraktionsvorsitzender der SPD, sprach sich klar für B7 aus. Dem pflichtete auch Parteikollege Torsten Rönisch bei: "Ich bin auch der Meinung, dass er B7 bekommen sollte, schon wegen des Schwierigkeitsgrades." CDU-Stadtrat Hans Kriegs entgegnete: "Ich erinnere mich an den Tag, als Verwaltungsfachmann Volker Blust auf Antrag der SPD in B6 eingestuft wurde." Blust war wie Joachim Scholz parteilos, vertrat die Stadt aber ebenso für die CDU im Kreistag.

Horst Strümann (Grüne) kritisierte CDU und FWV, die zwar die Mehrheit hätten, aber die Entscheidung der Bürger für den von SPD und Grünen unterstützten Kandidaten akzeptieren müssten. "Fest steht, dass wir jetzt keinen Wahlkampf mehr führen dürfen", betonte Strümann. Das Gremium habe bisher immer argumentiert, dass sich Neckarsulm nicht mit einer Stadt von 25 000 Einwohnern vergleichen lasse. "Die Besoldung gilt für acht Jahre. Es wäre katastrophal, so ein Zeichen nach außen zu setzen."

Für die Freien Wähler sei es selbstverständlich, dass der neue OB ordentlich besoldet ist, argumentierte Joachim Eble. "Aber wir reden über zu hohe Personalkosten." Gegen den Vorwurf, noch Wahlkampf zu machen, wehrte sich auch CDU-Fraktionsvorsitzender Eberhard Jochim: "Wir haben ganz klar diskutiert, dass wir Personalkosten einsparen wollen. Es ist überhaupt keine Frage, dass wir den neuen OB unterstützen."

 

Kommentar: Kleine Spitze

Für die niedrigere Besoldung gibt es Argumente, ein G‘schmäckle bleibt trotzdem, meint unsere Redakteurin Julia Neuert.

Dass ein neuer Oberbürgermeister zunächst in die niedrigere von zwei Gehaltsgruppen eingestuft wird, ist nicht ungewöhnlich. Und tatsächlich waren die hohen Personalkosten in Neckarsulm immer wieder ein Thema. Zuletzt eben im Wahlkampf, in dem der künftige Oberbürgermeister Steffen Hertwig die Kostenexplosion scharf kritisierte. Warum also nicht an der Spitze sparen, wie CDU und Freie Wähler jetzt argumentieren?

Es gibt aber auch gute Gründe, die für eine höhere Besoldung sprechen. Bei Amtsantritt von Vorgänger Joachim Scholz votierten alle Fraktionen für die höhere Gehaltsstufe, obwohl die SPD einen eigenen Kandidaten unterstützt hatte. Und viel schwerer wiegt: Neckarsulm mag gemessen an der Einwohnerzahl eine Kleinstadt sein, gemessen an den zu bewältigenden Aufgaben ist sie es nicht.

Wie viel Enttäuschung über die Wahlniederlage ihres Kandidaten bei CDU und Freien Wählern in dieser Entscheidung mitschwingt, bleibt Spekulation. Ebenso, wie groß die Verärgerung darüber ist, dass gerade die SPD, aber auch die Grünen in den vergangenen acht Jahren viele Entscheidungen mitgetragen haben, die der von ihnen unterstützte Kandidat jetzt im Wahlkampf kritisierte. Es liegt also nahe, die Entscheidung für weniger Geld als zumindest kleine Spitze zu betrachten: Der neue OB will Personalkosten reduzieren, dann fangen wir doch bei ihm gleich mal an. Wie man im Schwäbischen sagt: Es bleibt halt ein G´schmäckle.

Dass die Fraktionen im Neckarsulmer Gemeinderat oft kontrovers diskutieren, aber eben immer auch konstruktiv zusammenarbeiten, das lobte gerade am Donnerstag der scheidende CDU-Fraktionsvorsitzende Herbert Emerich. „Kommunalpolitik steht über Parteipolitik“ mahnte er bei seinem Abschied nach 38 Jahren. Im Sinne der Stadt muss sein, dass der Wahlkampf damit endgültig abgeschlossen ist. Dass alle Fraktionen wieder zusammen an einem Tisch sitzen, um auch bei schwierigen Themen die beste Lösung zu finden. 

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julia.neuert@stimme.de

 

 

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