„Man glaubte, das Ende der Welt sei gekommen“
Ein schweres Hagelunwetter verwüstete 1897 viele Gebäude und Felder in Neckarsulm und Umgebung

Neckarsulm - Es entlud sich ein Luft-, Feuer- und Wasserwirbel über der Stadt (...), der sich mit wilden, rasenden Lohen, Brausen und Heulen ankündigte“, schrieb der katholische Pfarrer Maucher in seiner Chronik. Er beschreibt das schwere Hagelunwetter, das sich in der Nacht vom 30. Juni zum 1. Juli 1897 über dem damals 3000 Einwohner zählenden Ort entlud. Damals verwüsteten faustdicke Hagelkörner und starke Sturmböen sämtliche Felder, Häuserdächer und öffentliche Gebäude wie den Bahnhof oder die Kelter des Deutschordensschlosses.
Bild der Verwüstung Das Gewitter soll so laut gewesen sein, dass „man keinen Donner, kein Zusammenbrechen der stärksten Bäume, kein Einstürzen von Gebäuden mehr hören und unterscheiden konnte“, wie Maucher überliefert. Nach Tagesanbruch bot sich den Bürgern ein schreckliches Bild der Verwüstung: Ihre Häuser waren fast vollständig eingestürzt, in den NSU-Werken wurde das Kesselhaus zerstört und unzählige Vögel und Hasen lagen tot auf dem Boden.
Wie Arillerie-Feuer Im Oberamtsbezirk Neckarsulm entstand ein Schaden von rund 2,6 Millionen und in der Stadt selbst von rund 800 000 Mark. Im Ortsteil Obereisesheim sind sogar zwei Menschen ums Leben gekommen. „Man glaubte, dass Ende der Welt sei gekommen“, beschreibt der Weingärtner Karl Markhäuser.
Und beschreibt weiter: „Die Gebäulichkeiten sahen aus wie durch Artillerie-Feuer beschossen. Die Felder kahl wie im Winter (..), junge Bäume im Heilbronner Feld gänzlich von der Rinde entblöst.“
Dabei waren die Schäden so groß, dass Soldaten aus den Garnisonen Stuttgart und Heilbronn angefordert werden mussten, um die Wege wieder passierbar zu machen. Die Neckarsulmer, die in den meisten Fällen nicht gegen Hagelschlag versichert waren, wurden vom württembergische Staat finanziell unterstützt. So wurde eine Spendensammlung initiiert, die 2,25 Millionen Mark einbrachte. Noch im selben Jahr wurde der Bau einer Staatstraße auf den Gemarkungen Lautenbacher Hof, Dahenfeld und Neuenstadt angeordnet, um Arbeitsplätze zu schaffen. Denn viele Felder und Weinberge mussten erst wieder neu bepflanzt werden. Und das nahm Jahre in Anspruch.
Ernteausfälle Hinzu kamen die Ernteausfälle, die zur Nahrungsmittelknappheit führten. Daher dauerte es sehr lange, bis die Neckarsulmer wieder zur Realität übergehen konnten, obwohl „die Landesbehörden miteinander wetteiferten, Hilfe zubringen“, wie sich Karl Markhäuser ausdrückte. mat