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Haßmersheim
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Auf das Fährle folgt ein Bootstaxi

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Der neue Stahlsteg am Neckar in Haßmersheim macht die in die Jahre gekommene Fähre überflüssig. Doch die 700 Jahre alte Tradition findet eine Fortsetzung auf andere Art.

Von Rudolf Landauer
Bernd Raudenbusch (am Steuer) hat mit der für Passagierfahrten umgerüsteten Ersatzfähre Patriot in Haßmersheim den Fahrdienst aufgenommen. Foto: Landauer
Bernd Raudenbusch (am Steuer) hat mit der für Passagierfahrten umgerüsteten Ersatzfähre Patriot in Haßmersheim den Fahrdienst aufgenommen. Foto: Landauer

Den traditionellen Ruf: "Fährmann hol über", hört man am Neckar in Haßmersheim nicht mehr. Dafür kann man den Haßmersheimer Schiffskapitän Bernd Raudenbusch jetzt per Telefon anrufen und ihm die Fahrtwünsche mitteilen. Allerdings sollten es mindestens drei Personen sein: "Damit ich nicht mehr Treibstoff verfahre, als ich einnehme", sagte Raudenbusch und schmunzelt.

Die Fahrpreise sind familienfreundlich, eine Stunde Rundfahrt kostet lediglich fünf Euro pro Person, Kinder kosten die Hälfte. Eine Gruppenfahrt flussaufwärts nach Gundelsheim inklusive einem Schleusendurchgang kostet für eine Gruppe zwischen elf und 25 Personen insgesamt 66 Euro, die einstündige Rundfahrt 55 Euro. Raudenbusch schlägt die Brücke ins württembergische Gundelsheim gerne: "Das ist eine sehenswerte Stadt und es gibt dort gute Besenwirtschaften und Weine", schwärmt er. Wehmut entstand im September vorigen Jahrs in der badischen Neckargemeinde, als das "Fährle", wie die Neckarfähre liebevoll genannt wurde, das letzte Mal übersetzte und sich für immer verabschiedete.

Neuer Stahlsteg

Eine fast 700-jährige Fährtradition schien damit endgültig vorbei zu sein. Ein kühner fünf Millionen teurer Stahlsteg wurde über den Neckar gespannt und macht die in die Jahre gekommene Fähre überflüssig. Schiffskapitän Raudenbusch war der letzte Fährmann und lenkte die Fähre stets sicher über den Neckar. Sein vertrautes nasses Element lässt den Schiffsmann nicht los und so reifte bei ihm die Idee, die als Ersatzfähre dienende, neun Meter lange Patriot so herzurichten, dass damit Personen auch flussauf- und abwärts befördert werden können, anstatt lediglich einmal quer über den Neckar wie seither.

Im Haßmersheimer Gemeinderat und bei Bürgermeister Michael Salomo kam sein Plan gut an und man beschloss, die erforderlichen Umbaukosten von 3500 Euro für die Personenbeförderung und ein WC zu übernehmen. Gemeinderat Peter Klee: "Das ist uns unsere uralte Fährtradition wert und die Patriot lässt sich mit unserem versierten Kapitän Bernd Raudenbusch auch touristisch gut einsetzen", sagte Klee, der auch Mitglied im Haßmersheimer Schifferverein St. Nikolaus ist.

Die Kommune ist Eigentümerin von Patriot und hat es an die Eheleute Bernd und Dorothea Raudenbusch vermietet. Am vergangenen Samstag wurde die umgebaute Patriot offiziell mit einem kleinen Fest in Dienst gestellt. Als Ersatzfähre diente Patriot lange Zeit und sprang immer dann ein, wenn das historische Fährle mal wieder Altersschwäche zeigte und Leute den Zug auf der anderen Neckarseite erreichen mussten.

Landschaft

Innerhalb von wenigen Minuten kann Bernd Raudenbusch vom Steiger ablegen, denn er wohnt ganz in der Nähe des Wassers, das Element, das ihn seit seiner Geburt umgibt. Raudenbusch kam auf dem Schiff seiner Eltern in Bremen auf die Welt und beförderte mit seinem 105 Meter langen "Elan" viele Jahre Frachten zwischen Rotterdam und Budapest. Jetzt zeigt er als Rentner seinen Fahrgästen mit der Patriot die Landschaft des Neckartals auf besonders anschauliche Weise.

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