Vorfahrt am viereckigen Spiegelei
Lauffener Kaywaldschüler trainieren auf dem Übungsplatz auf dem Wolfszipfel sicheres Rad fahren

Lauffen/heilbronn - Claudius strahlt übers ganze Gesicht. „Ich fahr ganz, ganz arg gerne Fahrrad“, erzählt der Elfjährige. Zu Hause in Beilstein fährt er praktisch nur um den Block, weitere Touren darf er nicht alleine machen. Damit er aber auch dann genau weiß, wie der Straßenverkehr funktioniert, nahm er am Samstag mit seiner Klasse M2b am Fahrradtraining auf dem Verkehrsübungsplatz in Heilbronn teil. Klingt wie Alltag, ist es jedoch nicht, denn die Schüler kommen von der Kaywaldschule für körperlich und geistig Behinderte in Lauffen.
„Frischlinge“ Zum zweiten Mal bereits trafen sich die Zehn- bis Vierzehnjährigen und ihre Eltern auf dem Wolfszipfel. Da sich die Klassen aber immer wieder neu zusammensetzen, waren auch einige „Frischlinge“ unter den acht Teilnehmern. „Das merkt man. Diejenigen, die schon mal dabei waren, agieren viel sicherer, weil sie sich schon auf dem Platz auskennen“, sagt Klassenlehrerin Hella Buckenhofer. Trotzdem: Polizeiobermeister Bernhard Engelhardt von der Abteilung Verkehrsprävention fängt noch einmal ganz von vorne an. Erstmal die wichtigsten Verkehrsschilder. Das viereckige Spiegelei steht für eine Vorfahrtsstraße, das Raketenschild gibt nur Vorfahrt an der nächsten Kreuzung. „Und wenn keine Schilder da sind, gilt rechts vor links, wisst ihr, wo rechts ist?“ Alle rechten Hände schießen in die Höhe.
Das Fahrradtraining für die Kaywaldschüler ist eine „völlig abgespeckte Form“ der Jugendverkehrsschule. Schon der Name soll deutlich machen, dass die Kinder danach keine perfekten Radfahrer sind. Während die Grundschüler etwa auch das Linksabbiegen und die umfangreiche Theorie dahinter lernen, gilt für diese Schüler der sichere Weg, also absteigen und schieben. Nur bei den Grundregeln wie Rechtsfahrgebot und Vorfahrtsregeln sind keine Einschnitte mehr möglich. Das muss jeder Straßenverkehrsteilnehmer wissen. Unabdingbar ist bei diesem Training auch, dass die Eltern dabei sind. Sie sollen durch Beobachten einschätzen lernen, wie viel sie ihrem Kind mit dem Fahrrad zutrauen können. „Ich denke, es ist noch mal etwas ganz anderes, wenn ein Polizist die Regeln vermittelt“, meint Sandra Schick. Sie nimmt mit ihrer Tochter Lorena (10) teil. „Mir gibt das auch Sicherheit, denn es ist wichtig, dass sie weiß, wo sie fahren darf und wo nicht.“
Gerne nochmal Nach der Theorie kommt die Praxis. Doch zunächst steigt nur Engelhardt auf sein Rad und die Kinder laufen hinterher. Sie sollen erstmal die Strecke kennen lernen, wissen, worauf sie wo achten müssen. Die Eltern werden an den Kreuzungen verteilt, um noch mal auf mögliche Gefahren hinzuweisen. Schon nach zwei Runden läuft alles wie geschmiert, es ist kaum ein Unterschied zu nicht behinderten Kindern zu erkennen. Doch Engelhardt weiß: „Wenn wir nach der Pause eine andere Strecke mit ähnlichen Gegebenheiten fahren, ist alles wieder weg.“ Doch wenn die Jungs und Mädchen dabei so strahlen wie Claudius, erklärt der Verkehrsprofi gerne alles noch mal.