Lesezeichen setzen Merken

Ein 235 Millionen Jahre alter Brocken, wuchtig und schön

   | 
Lesezeit  2 Min
Erfolgreich kopiert!

Naturdenkmale im Zabergäu und Leintal (2): Der Krappenfelsen am Neckar zwischen Lauffen und Neckarwestheim ist auch ein wichtiges Biotop

Von Ulrike Maushake

Wuchtig und steil, mit Terrassen, Überhängen und Felsnasen. Auf einer Größe von mehr als zwei Hektar bildet der Fels zusammen mit unmittelbar angrenzenden Weinbergen und Trockenmauern eine Gemeinschaft, die bereits im Jahre 1938 als schutzwürdig anerkannt wurde. Seither ist der Krappenfelsen als so genanntes flächenhaftes Naturdenkmal ausgewiesen. Ein typisches, in seiner speziellen Gestalt dennoch einzigartiges Landschaftselement - vom Neckar geformt, als er sich in die harte Platte des Muschelkalks eingetieft hat.

Dabei hat er ein geologisches Fenster geöffnet, das Einblick in Fundament und Geschichte der Erde gewährt. In diesem Fall einen Blick auf das Erdmittelalter, das mit der Trias begann: der "Dreiheit" aus Buntsandstein, Muschelkalk und Keuper. Der obere Muschelkalk, aus dem der Krappenfelsen besteht, hat sich vor etwa 235 Millionen Jahren gebildet, und seine Schichtung aus tonigen und kristallinen Kalkbänken, durchsetzt mit Mergellagen, lassen sich hier trefflich studieren.

"Mit schimmernd weißem Festgewande, die Schultern decken dir die Schlehen", so bedichtete Otto Gittinger das Frühlingskleid des Felsens. Nicht nur weil er geologisch von Bedeutung und zudem landschaftsprägend ist, wird der Krappenfelsen geschützt. Er ist auch ein Biotop. Auf dem trockenen, heißen Standort behaupten sich tapfer die Steppenheidepflanzen: eine in dieser Region seltene, ungemein artenreiche Pflanzengesellschaft, zu der zum Beispiel der weiße Mauerpfeffer zählt. Ebenso Sichel-Hasenohr, Dost, Bibernell-Rose, Oregano und Färberwaid.

Der Forstmann und Naturschützer Otto Linck, der 1985 starb, rühmt in seinen Schriften die Steppenheideinseln, die zwischen den Weinbergen ein Heer von Insekten, zahlreiche Arten von Schmetterlingen und ihre Raupen beherbergen. Oft, so schreibt er, fehlten den Schmetterlingen an beiden Hinterflügeln zwei gleich große Stücke, die ihnen die Eidechsen ausgebissen hätten. Denn natürlich ist diese Steinlandschaft auch ein idealer Lebensraum für die Mauer- und die Zauneidechse. Und für die Glatten Nattern, die ihnen nachstellen.

Seinen Namen aber gaben ihm die Krappen. Krappen - das ist der süddeutsche Name für Rabenvögel und Greife. Besonders den Dohlen ist die heiße Bergwand ein beliebter Aufenthaltsort. Ihnen zuzuschauen, wenn sie sich in die Wand hinabstürzen, dem Fluss zu, und wie sie sich dann wieder fangen, das ist eines der besonderen Vergnügen, wenn man oben auf der Plattform den Blick auf den Neckar und auf Lauffen genießt. "Freiheit ist hier", sagt Gittinger. Recht hat er.

235 Millionen Jahre hat er auf dem Buckel, der Krappenfelsen. Eine Zeitspanne, die jenseits dessen liegt, was ein Mensch sich vorstellen kann.

Wenn man ihn besucht, diesen alten Mann, und in sein wüstes, zerfurchtes Gesicht schaut, meint man, er sei schon immer da gewesen und immer werde er da sein. Aber beides stimmt nicht.


 
  Nach oben