Der Maler des Zabergäus
Landschaften und Ortsansichten: Ausstellung im Rathaus zeigt rund 100 Werke von Wilhelm Wöhr

Er gilt als der Maler des Zabergäus. Für den Eibensbacher Wilhelm Wöhr war seine Heimat, die Landschaft zwischen Heuchelberg und Stromberg, bis hinunter zum Neckar, das liebste Motiv. Knapp 20 Jahre nach seinem Tod sind jetzt noch einmal etwa 100 Werke Wöhrs − Ölgemälde, Aquarelle, Holz- und Linolschnitte − im Güglinger Rathaus ausgestellt. Organisiert wird die Schau von seinem Sohn Hans-Peter Wöhr.
"Da sind ein paar Bilder dabei, die noch nie ausgestellt wurden", sagt der 80-jährige Neckarwestheimer. Ihm ist es wichtig, die Arbeiten seines Vaters wieder einmal einem breiteren Publikum zugänglich zu machen. "Es kann nicht sein, dass die nur irgendwo verwahrt werden, ohne dass sie jemand zu Gesicht bekommt. Das wäre schade."
Gefühl Zumal Wöhrs Bilder von Dörfern, Städten und zahllosen idyllischen Winkeln nicht nur Kunstwerke, sondern zugleich Zeitdokumente sind. "Er wollte die Ortsansichten für die Nachwelt erhalten", weiß Hans-Peter Wöhr. Gleichwohl sind seine Darstellungen viel mehr als nur ein Abbild. Gemalt in warmen, zarten Tönen, drücken sich in ihnen Sensibilität und Gefühl aus. Die französischen Impressionisten dienten ihm zur Inspiration − kopiert hat er sie aber nicht. Der Künstler entwickelte, weitgehend autodidaktisch, seinen eigenen Stil.
Schon als kleiner Bub hatte der 1898 in Eibensbach geborene Wilhelm Hans Wöhr die Liebe zum Malen und Zeichnen entdeckt. Seine Eltern, die Landwirtschaft und Weinbau betrieben, zeigten freilich wenig Verständnis für die Liebe zu Pinsel, Wasserfarben und Stiften. Der Junge sollte ebenfalls Landwirt werden, zumindest etwas Rechtes lernen.
Ermutigung Die Begegnung mit Franz Siegele, dessen Werke damals in Güglingen gezeigt wurden, war für den zwölfjährigen Wilhelm wichtig. Der Münchner Maler erkannte sein Talent, ermutigte ihn, eine entsprechende Ausbildung zu machen. Der Traum vom Kunststudium blieb ihm dennoch verwehrt. Als Kompromiss durfte er ab 1912 immerhin eine vierjährige Lehre bei einem Güglinger Goldschmied absolvieren, ehe er zum Kriegsdienst eingezogen wurde. Später besuchte er berufsbegleitend die Kunstgewerbeschule in Stuttgart.
Als Goldschmied hat Wilhelm Wöhr nie gearbeitet. Etliche Jahre war er als Werkschreiber und Werkzeichner bei Amann in Bönnigheim und Depyfag-Dynamit Nobel in Cleebronn beschäftigt. Gleichwohl wollte er seine eigentliche Berufung leben. "Ich bin Kunstmaler, hat er immer gesagt", erinnert sich sein Sohn Hans-Peter. Und schwang sich auf sein Fahrrad, um nach neuen Motiven zu suchen. Dass viel Arbeit an der Mutter hängenblieb, kam bei ihm und seinen drei Geschwistern nicht gut an. "Mein Vater hat es schwer gehabt mit der Kunst", räumt er rückblickend ein. "Wir waren alle dagegen."
Heute ist er anderer Meinung. "Er hat sich gegen Widerstände durchgesetzt", sagt Hans-Peter Wöhr anerkennend. Irgendwie sei er immer "ein Exot" gewesen in Eibensbach. Auch mit dem ungewöhnlichen, für das Dorf gänzlich untypischen Baustil seines 1930 errichteten Hauses erregte er Aufsehen.
Techniken Die Vielfalt seiner Arbeiten drückt sich bei Wöhr weniger in den Motiven als in den verschiedenen Techniken aus. Aus frühen Jahren existieren etliche Federzeichnungen. Ende der 1920er Jahre beginnt er mit Holzschnitten. Im folgenden Jahrzehnt dominieren Ölbilder, später bevorzugt der Künstler die Aquarellmalerei. Ab 1950 entstehen dann zahlreiche Linolschnitte. Auch heimatgeschichtliche Literatur hat er illustriert, Titelblätter von Gemeindeblättern oder historischen Zeitschriften wie der des Zabergäuvereins gestaltet. Leben konnte er von der Kunst indes nicht. Kaum eines seiner Werke hat er verkauft. "Aber eigentlich wollte er das auch gar nicht", sagt sein Sohn. "Er hing an seinen Bildern."