Das Schwein pfeift, die Ziege jodelt
Munteres Figurenspiel: Theater Artisjok unterhält mit dem Stück "Lieselotte macht Urlaub"

Lieselotte lebt auf einem Bauernhof. Sie ist keine gewöhnliche Milchkuh − nein, sie ist eine Postkuh und hilft dem Briefträger bei der Arbeit. Doch der Postbote macht Urlaub und schreibt der Bäuerin eine Ansichtskarte: "Ich erhole mich prächtig in der Sonne und genieße die Natur. Ich habe schon einige exotische Tiere gesehen. Außerdem mache ich viele Fotos und esse ungewohnte Sachen. Wunderbar!" Es ist eine lustige Geschichte, die das Theater Artisjok in der Brackenheimer Stadtbücherei in Szene setzt. Die Schwarz-weiß-Gefleckte liest die Ansichtskarte und denkt: "Ferien machen, das will ich auch. So eine Woche Mallorca, all inclusive and all you can eat!"
Aufmerksamkeit Mit dem Lockangebot in Englisch bekommt Anke Scholz auf einen Schlag die Aufmerksamkeit der ziemlich unruhigen Rasselbande. "Wisst ihr, was das heißt?", fragt die Puppenspielerin in die Runde. "Nein!", kommt die Antwort lauthals ohne Zögern. "Wollt ihr das wissen?" Na klar, die Vierjährigen, die sich auf Sitzkissen niedergelassen haben, sind gespannt: "So viel man essen will, alles ist im Preis enthalten", hört sich gut an, denken die Kinder (samt ihren Müttern), die sich zum Kindertheaterstück "Lieselotte macht Urlaub" eingefunden haben.
Vorlage der Geschichte ist das gleichnamige Kinderbuch aus der Lieselotte-Serie des Illustrators und Autors Alexander Steffensmeier. Die Theaterfrau hat nicht nur die Tier-Puppen selbst genäht, auch das Bühnenbild ist selbst gebastelt: links eine Standleiter (Bushaltestelle, Flughafen), rechts Holzkisten (Hühnerstall, Bauernhof) und dazwischen ein Klapptisch als Bühne. Dahinter ein blauer Vorhang und ein echter Baum voller Kuhglocken, er dient zum Befestigen einer Lichterkette fürs Gartenfest. Alles steht auf einer grünen selbstgefilzten Fläche mit Gänseblümchen. Die Zuschauer sind konzentriert, wenn die Spielerin aus Taschen, Köfferchen und einer alten Zink-Milchkanne die Tiere zaubert und in Erinnerungen an eine Gartenparty schwelgt. In der Rückblende erzählt, pfeift und tanzt das Schwein Trude. Die Hühner paradieren nacheinander gackernd zum Eierlegen. Die Ziege jodelt konzertreif und erntet Szenenapplaus. "Wie im Zirkus", flüstert ein Kind.
Aber wo bleibt Lieselotte? "Guck doch hinterm Vorhang!", schlägt ein Dreikäsehoch vor. Die Puppenspielerin kennt einen Trick; sie lockt die Kuh mit ihrer Lieblingsmelodie "Wochenend und Sonnenschein".
Grundlagen Scholz, die ursprünglich Gärtnerin war, sattelt mit 23 Jahren um. Sie eignet sich die Grundlagen des Figurenspiels an, gehört von 1994 bis 2007 zum mehrfach ausgezeichneten Duo Chaussée-Theater und gründet 2008 ihre eigene Bühne, das Theater Artisjok. Der Name Artischocke, ein Distelgewächs, ist eine Reminiszenz an de Erstberuf. Er lässt sich schön verballhornen. Kunst ist Spaß. Besser kann man das Programm der Theatermacherin aus der Pfalz nicht auf einen Nenner bringen.