Szenen vom Hofe des Sonnenkönigs
„Ich träume Marly entgegen“: Gelungene Lesung im Schloss

Bönnigheim - Eine interessante und lesenswerte Abhandlung über ein historisches Gebäude zu verfassen, ist keine leichte Aufgabe. Schon gar nicht dann, wenn das Gebäude längst nicht mehr existiert, kein einziger Stein mehr auf dem anderen steht. Vor dieser Herausforderung stand der Ingersheimer Autor Jörg Palitzsch, als er von seinem Ludwigsburger Verleger Peter Valentin gefragt wurde, ob er etwas zu dessen Buchreihe „Marly“ beitragen könne. Palitzsch hat die Aufgabe hervorragend gelöst, wie am Samstag in Bönnigheim deutlich wurde.
Marly war ein Prachtschloss, das neben Versailles, der Hauptresidenz des französischen Königs Ludwig XIV, ein Sammelpunkt königlicher Macht und Treffpunkt auserwählter Personen war. Jörg Palitzsch: „Geplant war ursprünglich ein historischer Beitrag, doch je näher ich mich mit dem Thema befasste, desto mehr reifte mein Entschluss, keine trockene Abhandlung zu verfassen, sondern historische Fakten mit einer frei erfundenen Geschichte anschaulich darzustellen.“
So entstand die Geschichte „Ich träume Marly entgegen“, die vom Kulturfenster Bönnigheim am Samstagabend in der historischen Kulisse des Bönnigheimer Schlosses etwa 50 Gästen in einer szenischen Lesung präsentiert wurde. „Ich träume Marly entgegen“ ist ein Briefwechsel zwischen der jungen Hofdame Charlotte und ihrer in Paris lebenden Mutter. In ihren Briefen berichtet Charlotte von der Lage und Architektur des Schlosses, von Gärten, Pavillons, künstlichen Seen und vor allem auch vom Leben am Hofe des Sonnenkönigs.
Trotz der Warnungen ihrer Mutter wird Charlotte schließlich eine der zahlreichen Mätressen des Königs. Palitzsch: „Das Schwierigste war, die Sprache dieser Zeit zu treffen. Ich habe sehr viel zeitgenössische Literatur gelesen, bevor ich die Briefe in dem damals üblichen verschlungenen, verschnörkelten Stil geschrieben habe.“
Vorgetragen wurde der Briefwechsel von Christin Rampitsch (Charlotte) und Miriam Staudacher (Mutter). Akzentuiert und gut verständlich ließen die beiden Schauspielerinnen der Besigheimer Studiobühne mit ihrem Vortrag die Besucher in die Lebenswelt der Akteure eintauchen. Begleitet wurde die Lesung vom Trio „Bluesette“, das zwischen einzelnen Textbeiträgen für musikalische Unterhaltung sorgte. Eine Kombination, die bei den Gästen hervorragend ankam, wie der Applaus am Ende der Lesung eindrucksvoll verdeutlichte.
Doris Hein aus Bönnigheim: „Durch den wunderbar vorgetragenen Briefwechsel wird Geschichte richtig lebendig, und die Verbindung Musik und Lesung ist wirklich hervorragend gelungen.“ Auch der Bönnigheimer Markus Feck war von der Veranstaltung begeistert: „Die musikalischen Unterbrechungen waren sehr wohltuend. Dadurch kann man die Texte viel besser auf sich wirken lassen und man verliert nicht die Konzentration.“ Abgeschlossen wurde der Abend dann mit einem Konzert des Trios „Bluesette“, bei dem die Musiker Katharina Wibmer (Geige), Frank Eisele (Akkordeon) und Christian Brinkschmidt (Bass) noch einmal alle Register ihres Könnens zogen.
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