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Streichwurst am Karfreitag

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Kabarettistin Martina Schwarzmann über Bayern, Politik und Weihnachtsbeleuchtung

Von Birgit Riecker
Ausverkauft war der Abend mit Martina Schwarzmann.Foto: Birgit Riecker
Ausverkauft war der Abend mit Martina Schwarzmann.Foto: Birgit Riecker

Kirchheim - „Deaf‘s a bissal mehra sei?“ fragte Bayerns erfolgreichste Nachwuchs-Kabarettistin Martina Schwarzmann am Samstagabend in der ausverkauften Alten Kelter. Ein begeistertes, lautstarkes „Ja“ war die klare Antwort. Schwarzer Humor à la Schwarzmann riss beim Kulturbesen des Kirchheimer Kukuk die Zuschauer mit, ließ sie lachen und klatschen.

„I schpür des fei, wenn i nedd verschdanden werd‘“, erklärt die 28-Jährige aus dem bayrischen Überacker, „zwischen Fürstenfeldbruck, wo des Olympia-Attentat war, und Dachau“, und spielt die Verletzliche. Ihr Sarkasmus ist kaum zu überbieten. Sie sagt, sie versuche es auf Deutsch. Aber dann komme immer der Punkt, wo sie scheitere. Das hat sie beim Interview erlebt: Ein Journalist wollte wissen, wer sie sei. Bei ihrem Antwortschwall gab er auf und ließ sich die Antwort mailen. Dass sie sich selbst kleiner macht als sie ist, zieht sich durch alle Beiträge.

Imageverlust Und Bayern und seine Einwohner auch. „Der Ruf von Bayern hat gelitten“, meint sie. Gut, dass sie international unterwegs sei. „Denn dahoim, da merkst des nedd.“ Fürs Image von Bayern sei „der Stoiber“ verheerend gewesen, so Schwarzmann. „Aber politisch hat er bestimmt viel Gutes getan.“ Kunstpause. „Sagt mein Papa.“

Die Politik steht jedoch nicht im Mittelpunkt ihres Programms aus Liedern, Gedichten und freien Texten. Martina Schwarzmann zieht vor allem über gesellschaftliche Trends und mit Hilfe von „Tante Helga“ über ihre Heimat und die Vorurteile gegen die Bayern her. „Was wir so essen in Bayern? Jo mei, morgens Schweinswürstel, mittags Schweinsbraten und abends Schweinskopfsülz‘“, veralbert sie ihre Landsleute.

Über Ü 30-Partys und künstliche Fingernägel, über Konsumzwang und das Streichwurstbrot am Karfreitag lästert sie ab. Weil ein kleiner Junge dasselbe verspeist hat, trägt er sein Leben lang im katholischen Bayern einen Makel mit sich rum. Selbst im hohen Alter fürchtet der „Streichwurstbrotesser“ seinen Tod und die Hölle: Er kann einfach nicht sterben. Als es dann doch soweit ist, lacht Gott: „Komm rein, wir ham noch Weißwürst.“ Apropos Weißwürste: Was wissen die Norddeutschen über die Bayern und ihre Traditionen? „Die Weißwurst darf das Mittagsgeläut nicht hören“, ruft eine selbstbewusste Niedersachsenerin. „So ein Schmarr‘n“, meint die Kabarettistin. „Seit wir schallgedämmte Kühlschränke in Bayern haben, hört keine Weißwurst mehr irgendwas.“

Fleischkäs’ Deftig, aber nicht niveaulos kolportiert sie in Kirchheim die Emanzipation, den Schlaf in fremden Betten und den Zusammenhang zwischen übertriebener Weihnachtsbeleuchtung und Deppen. Hintersinnig, aber nicht zu anspruchsvoll sind ihre Scherze. Und das Publikum, das sich - natürlich - an bayrischem Fleischkäse mit Kartoffelsalat von den Kirchheimer Landfrauen stärkt, kommt voll auf seine Kosten.

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