Erlebnisraum Zaber umstritten
Fischer und Naturschützer beklagen mangelnde Sachkenntnis bei Umbau des Flusslaufs

Ein Spielplatz soll das Ufer der Zaber zwar nicht sein. Aber als naturnahen Erlebnisraum hat der Lauffener Ulrich Kammerer den Verlauf der Zaber in drei Abschnitten verändert, modelliert, "renaturiert", wie er formuliert. Kinder haben dem Ehrenamtlichen dabei geholfen. viele Hunderte seit 2001. Mal beim Kinderferienprogramm, auch bei etlichen Schulaktionen. "Sie haben Dämmchen gebaut, Füße ins Wasser gehängt, Landschaft genossen."
Dieses Engagement bringt ihm Ärger ein. Die Fischer beklagen sich, weil die kleinen Kinderfüße den Eintrag von Schlamm ins Wasser fördern. Barben, Rotaugen, Gründlinge − die Weißfische würden bei ihrer Nahrungssuche beeinträchtigt, sagt Wolfgang Sitter, Fischer und Mitarbeiter des Landesnaturschutzverbandes. Er kritisiert Barrieren, die durch Aufschütten großer Steinen entstanden. "Da passieren Dinge, die unzulässig sind."
Beratungsresistent Früher seien die Fische aus dem Neckar zum Laichen zaberaufwärts geschwommen. Nun aber sei ihnen der Weg verbaut. Sitter: "Die Aufwuchsgebiete fallen weg." Kammerer sei "beratungsresitent", habe keine Kenntnisse von dem, was im Wasser abläuft. "Der glaubt, er ist König der Welt."
Dieser hingegen ärgert sich über die "unnachgiebige Haltung" der Fischer: "Die wollen möglichst nur die strenge Ordnung nach ihren Köpfen und gar keine Kinder am Fluss." Eine Holzbrücke, die Jugendliche bei einer Aktion über den Bach gelegt hatten, sei per Kettensäge beseitigt worden. "Eine Kriegserklärung", sagt der Ruheständler, der früher als Ingenieur in der Motorenentwicklung gearbeitet hat. Sitter schüttelt den Kopf: "Bei Hochwasser hat sich hier allerhand gestaut − wir hatten die nächste Barriere."
Jürgen Hellgardt, Chef des BUND Lauffen, versteht sich als Vermittler, kennt beide Seiten sehr gut. Die Umgestaltung der Zaber, stellt er fest, sei nicht in allen Punkten optimal gelaufen. Zum ersten Mal wurde 2005 an der Zaber gearbeitet und zwar in der Nähe des Kreisverkehrs. 2007, 2008 und 2009 folgten − immer in Abstimmung mit der Stadtverwaltung − weitere zusammenhängende Abschnitte flussaufwärts Richtung Brackenheim.
Die Stadt kaufte Gelände, beauftragte den Bagger. Und gerade der habe, so Hellgardt, an manchen Stellen zu tief gegraben, zudem mit der Schaufel an der Bachsohle auf hartem Lehm eine glatte Fläche hinterlassen. Darauf könne sich kein Leben entwickeln. Zudem werde die Fließgeschwindigkeit zu langsam. Grober Klärschlamm, der nach starkem Regen über Regenüberlaufbecken eingetragen werde, lagere sich an solchen Stellen ab. Das entziehe dem Wasser Sauerstoff. Folge: "Die Zaber kippt."
Kammerer weiß, dass es diese Stellen und Probleme gibt. Einen mäandrierenden, also sich schlängelnden Wasserlauf, hält der 63-Jähriger aber grundsätzlich für weit besser als die bisherige kanalartige Führung der Zaber. Und ist damit nicht einmal so weit weg von der Gegenseite. "Es ist ein Gewinn für Flora, Fauna, Wasserlebewesen." Der engagierte Lauffener räumt aber den wachsenden "Freizeitdruck auf die Zaber" ein. Dieser allerdings soll sich auf wenige attraktive Abschnitte beschränken. "Ich will doch nur 20 Prozent für die Kinder."
Fingerspitzengefühl Hellgardt hält Kammerers Ansatz für richtig. "Es ist absolut löblich, dass er hier auch mit Kindern von der Jule und mit der Hauptschule rausgeht." Allerdings fehle die Anleitung der Kinder. "Ich vermisse Fingerspitzengefühl."
"Ein Miteinander ist nicht gewollt", stellt Bürgermeister Klaus-Peter Waldenberger nach vielen Gesprächen nüchtern fest. Ziel der Kommune sei es, die Zaber ins Bewusstsein der Bevölkerung zu bringen. Dabei hilft ihm Kammerer. Kinderaktionen am Fluss passen Klaus-Peter Waldenberger gut ins Konzept: "Schlecht ist an der Zaber gar nichts, schlecht ist nur die schlechte Stimmung."


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