Ein Gesteck aufs Grab, „das gehört sich“
Auf dem Friedhof bereiten Angehörige alles für Allerseelen und Allerheiligen vor

Jeden Tag führt der Weg des 79-Jährigen zum Grab seiner Frau auf dem Nordheimer Friedhof. Jetzt im Herbst kehrt der alte Herr, ein „eingefleischter Nordheimer“, der nicht namentlich in der Zeitung stehen möchte, Blätter und Dreck vom Urnengrab und dem daneben liegenden Weg.
„Das hat sie verdient, wir waren 56 Jahre verheiratet.“ Dafür sei man schließlich noch da, um sich ums Grab zu kümmern. An Allerheiligen sei das noch wichtiger als sonst. „Da kommt ein frisches Gesteck aufs Grab statt dem kleinen Pflanztopf, so gehört sich das.“ Er sei christlich erzogen worden und dieser Feiertag schon etwas Besonderes für ihn. Deswegen ärgern ihn auch die vielen Blätter auf den Wegen und vor allem vor dem Gefallenendenkmal. „Das ist doch eine Sauerei, da müsste die Gemeinde wirklich was machen.“
Auch Christel Böhler machen die vielen Blätter zu schaffen. Mit Besen und Schaufel fegt sie die Boten des Herbstes von der weißen Steinumrandung vom Grab ihres Sohnes. „Nachher gehe ich noch runter zum Grab meiner Schwiegereltern, da sind noch viel mehr Bäume.“ Und damit auch Blätter.
Im Herbst kommt die 65-Jährige deswegen zwei bis drei Mal pro Woche auf den Friedhof. Zwar sind beide Grabstätten schon für den Winter vom Gärtner neu bepflanzt worden, aber um die Feinheiten müsse man sich eben selber kümmern. „Solange es mich gibt, soll es besonders schön sein“, findet sie.
Vor allem der weiße Grabstein sei leider sehr empfindlich und sie müsse zugeben: Den würde sie nicht mehr wählen. „Das ist zwar schön, gerade bei einem so jungen Menschen, aber der muss wirklich jede Woche gepflegt werden, sonst verwittert er völlig.“ Obwohl sie evangelisch ist, wird Christel Böhler zu Allerheiligen ein schönes Grabgesteck auf den Friedhof bringen. Das hat neben dem Feiertag noch einen weiteren, recht schwäbischen Grund. „Wenn die Leute hier am Sonntag spazieren gehen, soll es ordentlich aussehen.“ Deswegen ist Christel Böhler froh, dass auch die Gräber ringsum von den Angehörigen gepflegt werden.
Schon am Samstag vor Allerheiligen sind viele Gräber auf dem Nordheimer Friedhof mit Gestecken und einer brennenden Kerze geschmückt. Ein älteres Ehepaar kümmert sich um das Urnengrab eines Verwandten. „Wir kommen einmal die Woche her, um zu schauen, ob alles in Ordnung ist“, erzählt sie. „Da eine Steinplatte auf dem Grab liegt, müssen wir nicht häufiger zum Gießen kommen.“ Noch steht auf dieser ein Blumentopf mit Geranien, der von den beiden Protestanten erst am Totensonntag gegen ein Gesteck ausgetauscht wird. Das hält dann den ganzen Winter. Eigentlich brauche man keinen bestimmten Gedenktag. „An die Verstorbenen denkt man immer.“